Rz. 16

Die §§ 43 ff. VVG zur Versicherung für fremde Rechnung (vgl. § 1 Rdn 320 ff.) gelten auch in der Haftpflichtversicherung. A 1 Ziff. 2 AVB erstreckt den Versicherungsschutz auch auf Haftpflichtansprüche, die sich gegen andere Personen als den Versicherungsnehmer richten. Die Mitversicherung unterscheidet sich naturgemäß in der Privathaftpflichtversicherung von der in der Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung (vgl. Rdn 143 bzw. Rdn 166). Die Mitversicherten sind begünstigte Dritte i.S.d. §§ 328 ff. BGB.

 

Rz. 17

Die für den Versicherungsnehmer maßgeblichen Regelungen gelten gem. A 1 Ziff. 2.2 S. 1 AVB/Ziff. 27.1 S. 1 AHB mit Ausnahme der Vorsorgeversicherung (A 1 Ziff. 2.2 S. 2 AVB/Ziff. 27.1 S. 2 AHB – vgl. Rdn 40 ff.) auch für die Mitversicherten. Nach A 1 Ziff. 2.4 S. 1 AVB/Ziff. 27.2 S. 1 AHB verbleibt die Verfügungsbefugnis über die Deckungsansprüche aber beim Versicherungsnehmer.

 

Rz. 18

A 1 Ziff. 2.3 AVB stellt klar, dass der Versicherungsschutz für den Versicherungsnehmer und den Mitversicherten gleichermaßen entfällt, wenn die Voraussetzungen für Risikobegrenzungen oder Deckungsausschlüsse nur in einer der beiden Personen begründet sind. Bei Altverträgen gab es eine solche Regelung nicht – es kam darauf an, ob die Tatbestände personenbezogen waren oder nicht.[15] Die AVB bedingen allerdings in einigen (personenbezogenen) Klauseln ausdrücklich A 1 Ziff. 2.3 AVB wieder ab (z.B. in A 1 Ziff. 6.16.5 (3) oder 7.1 S. 2 AVB).

 

Rz. 19

Sowohl der Versicherungsnehmer als auch der Mitversicherte sind gem. A 1 Ziff. 2.4 S. 2 AVB/Ziff. 27.2 S. 2 AHB für die Erfüllung der Obliegenheiten verantwortlich.

Bei Obliegenheiten (vgl. § 1 Rdn 170 ff.) ist streitig, ob der Versicherer eine nur vom Versicherungsnehmer verletzte Pflichtverletzung auch gegenüber dem Versicherten einwenden kann.[16] Der BGH hat dies ausdrücklich nur für die Kfz-Haftpflichtversicherung verneint.[17] Da er seine Auffassung jedoch mit der dort bestehenden Versicherungspflicht und mit Sonderregelungen aus den AKB begründet hat, ist das so nicht auf die Allgemeine Haftpflichtversicherung übertragbar. Nach dem Wortlaut der Ziff. 27.2. S. 2 AHB sollte der Versicherungsnehmer "neben den Mitversicherten" für Obliegenheiten verantwortlich bleiben. Auch die Änderung der Formulierung in A 1 Ziff. 2.4. S. 2 AVB ("sowohl … als auch") hat den Streit nicht beseitigt.

Obliegenheiten knüpfen als Verhaltensnormen an ein Handeln oder Unterlassen an. Kann lediglich der Mitversicherte den Verstoß begehen, ist der Versicherer diesem gegenüber leistungsfrei. Auch der Versicherungsnehmer verliert seinen Versicherungsschutz, wenn der Mitversicherte sein Repräsentant (vgl. § 1 Rdn 243) war. Ist die Obliegenheit aber nur für den Versicherungsnehmer erfüllbar, kann der Versicherer dies auch gegenüber dem Versicherten einwenden. Muss der Versicherer ihm als seinem eigentlichen Vertragspartner keine Deckung gewähren, trifft die Leistungsfreiheit ebenso den bloßen Mitversicherten. Auch die Sonderregelung in § 123 Abs. 1 VVG für den Fall der Pflichtversicherung spricht für dieses Ergebnis (vgl. § 1 Rdn 322).

 

Rz. 20

Besonderheiten bestehen beim Regulierungsermessen und beim Prozessführungsrecht des Versicherers (vgl. Rdn 60 ff.), wobei der Mitversicherte meist ein wirtschaftliches Interesse ­daran haben dürfte, dem Versicherer die Regulierung einschließlich Prozessführung zu über­lassen.

[15] Zu den AHB gilt Folgendes: Auf nicht personenbezogene Ausschlüsse kann sich der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer und dem Mitversicherten berufen. Bei Personenbezogenheit kommt es darauf an, ob die jeweils betroffene Person den Ausschlusstatbestand verwirklicht hat. Der Versicherer bleibt dann gegenüber demjenigen leistungspflichtig, der den Ausschlusstatbestand nicht verwirklicht hat (vgl. BGH II ZR 247/63).
[16] Vgl. OLG Düsseldorf r+s 2001, 16 = VersR 2001, 888 = NVersZ 2001, 93 (Anzeigepflichtverletzung durch Mitversicherten); dafür: Littbarski, § 7 Rn 21; dagegen: Prölss/Martin/Lücke, Ziff. 27 AHB Rn 5.
[17] Vgl. BGH NJW 1968, 447 = BGHZ 130.

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