Rz. 170

In der Betriebshaftpflichtversicherung ist jeweils genau zu prüfen, welchen Versicherungsschutz der Versicherungsnehmer genießt. Sinnvollerweise ist bei Vertragsabschluss auf die richtige Beschreibung des Risikos des zu versichernden Unternehmens zu achten. Betriebstypisch sind nicht nur Risiken, die man üblicherweise mit einem bestimmten Betriebsbild verbindet, sondern auch solche, die sich durch damit zusammenhängende Hilfs- oder Nebenleistungen verwirklichen können. Dabei werden neben üblichen auch untypische Risiken erfasst, mit denen bei Abschluss des Versicherungsvertrags nicht gerechnet wurde.[147] Die Einordnung in noch gedeckte oder schon außerhalb des Versicherungsumfangs liegende Gefahren kann daher unter Umständen Schwierigkeiten bereiten. Im Zweifel ist auch zu prüfen, ob über die Vorsorgeversicherung Deckung bestehen kann (vgl. Rdn 40 ff.).

 

Beispiel

Im Versicherungsschein ist die versicherte Betriebstätigkeit als Garten- und Landschaftsbau benannt. Der Versicherungsnehmer hebt eine Grube aus, um einen Teich anzulegen. Durch die Grube kommt es zu Statikproblemen einer auf dem Grundstück befindlichen Immobilie.

Der Schaden fällt unter den Versicherungsschutz, da sich ein für einen Garten-und-Landschaftsbau-Betrieb typisches Risiko verwirklicht hat.

Anders kann man es beurteilen, wenn der Versicherungsnehmer die Grube nicht zu landschaftsgestaltenden Zwecken, sondern etwa als Baugrube ausgehoben hat.

 

Rz. 171

Nimmt der Geschädigte aber den Versicherungsnehmer als Betriebsinhaber in Anspruch bzw. behauptet er ein aus dem Geschäftsbetrieb resultierendes Schadensereignis, greift die Betriebshaftpflichtversicherung jedenfalls in der Form, dass Abwehr geschuldet ist.[148]

 

Rz. 172

Zu den sowohl in der Privat- als auch in der Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung gleichermaßen versicherbaren Risiken vgl. Rdn 77. In der Betriebshaftpflichtversicherung gibt es außerdem folgende mögliche Einschlüsse:

Haftpflicht aus Sozial- und Sicherheitseinrichtungen (BetriebsKiTa, Werksfeuerwehr etc.) – A 1 Ziff. 6.1 AVB-BHV;
vertraglich übernommene gesetzliche Haftpflicht für Verkehrssicherheitspflichten ausschließlich als Mieter und in den enumerativ genannten Eigenschaften – A 1 Ziff. 6.3 AVB-BHV;
Abhandenkommen von Sachen der Betriebsangehörigen und Besucher – A 1 Ziff. 6.4 AVB-BHV;[149]
Gebrauch nicht versicherungspflichtiger Kraftfahrzeuge und ihrer Anhänger – A 1 Ziff. 6.5 AVB-BHV (vgl. aber den Ausschluss durch die Große Benzinklausel Rdn 183);
bestimmte Tätigkeitsschäden durch Bearbeitung fremder Sachen und zwar durch Be- und Entladen – A 1 Ziff. 6.7.1 AVB-BHV oder an Leitungen und sonstigen Sachen – A 1 Ziff. 6.7.2 und 6.7.3 Abs. 1 AVB-BHV[150] – vgl. zur Abgrenzung zu A 1 Ziff. 3.2 AVB (siehe Rdn 34) und zum Ausschluss nach Ziff. 7.7 AHB und den insoweit auch für den Einschluss maßgeblichen Definitionen (siehe Rdn 174 ff.);
im Ausland geltend gemachte Schäden aus dem Inland – A 1 Ziff. 6.9 AVB-BHV;
Teilnahme an Arbeits-und Liefergemeinschaften – A 1 Ziff. 6.10 AVB-BHV;[151]
Umwelt- und Produkthaftpflichtrisiko – A 2 und A 3 AVB-BHV.
[147] Vgl. LG Dortmund NJW-RR 2009, 1544 = r+s 2009, 410 (Lokalanästhesie bei Elektroepilation durch Kosmetikerin).
[148] Vgl. BGH VersR 1983, 945 = MDR 84, 129.
[149] Dieser Passus ist je nach Ausgestaltung (z.B. bei haftungsunabhängig vereinbarter Eintrittspflicht) dogmatisch nicht der Haftpflichtversicherung, sondern eigentlich der Sachversicherung zuzuordnen – vgl. Veith/Gräfe/Gebert/Schanz, § 15 Rn 97.
[150] Die gegenwärtigen AHB enthalten noch einen Ausschluss für Tätigkeitsschäden, dem aber in den Betriebshaftpflichtversicherungen regelmäßig Einschlüsse gegenüberstanden. Nunmehr sind die versicherten Tätigkeitsschäden in den AVB-BHV ausdrücklich genannt. Im Umkehrschluss sind alle anderen aber nicht versichert. Der Versicherungsschutz ist im Zusammenhang mit dem Erfüllungsschadenausschluss aus A 1 Ziff. 3.2 AVB zu bewerten.
[151] Gerade im Baugewerbe schließen sich die beteiligten Firmen oft zusammen. Die Höhe der Ersatzpflicht des Versicherers ist nach A 1 Ziff. 6.10.1 AVB-BHV ungeachtet der tatsächlichen Verantwortlichkeit auf die Beteiligungsquote des Versicherungsnehmers beschränkt. Die nur quotale Eintrittspflicht des Versicherers ist bereits den Nachweisschwierigkeiten geschuldet, die sich daraus ergeben, dass die erbrachten Arbeiten und gelieferten Waren (z.B. Betonlieferungen) kaum auseinander zu halten sind. Es kommt lediglich darauf an, dass die Partner ihrem Auftraggeber gegenüber gemeinsam als Baufirmen/Lieferanten auftreten. Wie die Aufteilung der einzelnen Leistungen erfolgt, ist unerheblich, denn die Klausel soll gerade einen Streit hierüber und ggf. über die Kausalität der Leistung des Versicherungsnehmers vermeiden.

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