Rz. 35

Die Gebühren für Zwangsvollstreckungstätigkeiten sind Verfahrenspauschgebühren, d. h., sie entgelten nach § 18 Abs. 1 Ziff. 1 RVG nicht Einzeltätigkeiten, sondern jeweils die Gesamtheit aller zu einer Vollstreckungsmaßnahme (= Angelegenheit; siehe Rdn 6 ff.) gehörenden Vollstreckungshandlungen.

Diese Gebühren erhält sowohl der RA des Gläubigers als auch ein eventuell für den Schuldner tätiger RA.

Die Gebühren für die Zwangsvollstreckung werden immer mit einem Gebührensatz von 0,3 berechnet und auch bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags nie in geringerer Höhe, da es im RVG keinen niedrigeren Gebührensatz als 0,3 gibt.

 

Rz. 36

Wird auftragsgemäß nur wegen eines Teilbetrags der Forderung vollstreckt, so ist der Teilbetrag Gegenstandswert. Wird mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen, so entsteht eine Einigungsgebühr (siehe Rdn 41 ff.).

 

Rz. 37

Bei mehreren Auftraggebern findet eine Erhöhung der 0,3 Vollstreckungsgebühr gemäß Nr. 1008 VV RVG statt (siehe Rdn 77). Bei mehreren Schuldnern (Gesamtschuldner) liegen mehrere Vollstreckungsangelegenheiten vor (siehe Rdn 78).

 

Rz. 38

Die Kosten der Zwangsvollstreckung, soweit sie notwendig sind, werden von dem Vollstreckungsorgan nach § 788 Abs. 1 ZPO zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beigetrieben (siehe Rdn 79 f.).

Ein Beispiel für eine Vergütungsrechnung in Vollstreckungssachen finden Sie unter Rdn 81.

a) Verfahrensgebühr und Terminsgebühr

 

Rz. 39

Für seine Tätigkeit im Zwangsvollstreckungsverfahren erhält der RA eine 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG. Eine "Vollstreckungsgebühr" anstelle der Verfahrensgebühr gibt es übrigens begrifflich im RVG nicht, jedoch wird diese Bezeichnung in der Praxis häufig verwendet. Welche Tätigkeiten im Einzelnen zum Umfang der Verfahrensgebühr gehören, ergibt sich aus Rdn 6–17.

 

Rz. 40

Eine 0,3 Terminsgebühr gemäß Nr. 3310 VV RVG kann dem RA z. B. bei Wahrnehmung eines Termins zur Erteilung der Vermögensauskunft mit eidesstattlicher Versicherung des Schuldners (§ 802c ZPO) erwachsen. Die Terminsgebühr entsteht nach der Anmerkung zu Nr. 3310 VV RVG nur für die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin oder einem Termin zur Erteilung der Vermögensauskunft; sie entsteht folglich nicht für Besprechungen außerhalb des Gerichts, die auf eine Erledigung des Verfahrens zielen! (Die Vorbemerkung 3 Abs. 3 zum VV RVG gilt hier insoweit nicht, da die Anmerkung zu Nr. 3310 VV RVG eine spezielle Regelung enthält). Gerichtliche Termine mit Ausnahme des Termins zur Erteilung der Vermögensauskunft sind in Zwangsvollstreckungssachen eher selten. Die Terminsgebühr entsteht auch nicht für Besprechungen mit dem Gerichtsvollzieher außerhalb bzw. vor einem Termin zur Erteilung der Vermögensauskunft.

 

Merke:

Im Regelfall erwächst dem RA in jeder Zwangsvollstreckungsangelegenheit eine 0,3 Verfahrensgebühr (Vollstreckungsgebühr) gemäß Nr. 3309 VV RVG.

Eine 0,3 Terminsgebühr kann nur für die Wahrnehmung gerichtlicher Termine entstehen.

b) Einigungsgebühr bei Vollstreckungsauftrag

 

Rz. 41

Selbst wenn der Gläubiger über einen titulierten Anspruch verfügt, weiß er genau genommen nicht, ob er diesen Anspruch gegen den Schuldner letztlich durchsetzen kann. Es besteht also Ungewissheit über die Erfolgsaussichten der Zwangsvollstreckung. Durch eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Schuldner könnte für den Gläubiger diese Ungewissheit zumindest gemildert werden. Auf jeden Fall wird dadurch eine geplante oder bereits laufende Vollstreckungsmaßnahme vorläufig abgewendet.

 

Rz. 42

Deshalb kann bei Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Schuldner während der Zwangsvollstreckung unter den Voraussetzungen der Nr. 1000 VV RVG (siehe § 2 Rdn 166 ff.) neben der Gebühr der Nr. 3309 VV RVG eine 0,7 Einigungsgebühr (Nr. 1000 Ziff. 2 VV RVG) entstehen, wenn gleichzeitig eine Vollstreckungsmaßnahme durch das Vollstreckungsgericht oder durch den Gerichtsvollzieher betrieben wird. Übrigens ist die Nr. 1003 VV RVG nicht zutreffend, wenn eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Ziff. 2 RVG zur Anwendung kommt.

Allerdings gilt dies nicht, wenn der Gerichtsvollzieher kraft des ihm verliehenen öffentlichen Amtes in Ausübung der staatlichen Vollstreckungsgewalt dem Schuldner Ratenzahlungen gewährt. Die Entscheidung darüber liegt nämlich beim Gerichtsvollzieher. Deshalb liegt kein Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner vor. Nach § 802b Abs. 2 ZPO kann der Gerichtsvollzieher die Vollstreckung für bis zu 12 Monate aufschieben und vom Schuldner Ratenzahlungen einziehen. Der Verzicht des Gläubigers auf den Widerspruch gegen den vom Gerichtsvollzieher festgesetzten Zahlungsplan (§ 802 Abs. 3 S. 2 ZPO) stellt keine Mitwirkung des RA des Gläubigers an der Ratenvereinbarung dar, wie es Nr. 1000 Anm. Abs. 2 VV RVG fordert. Deshalb löst die Entscheidung des Gerichtsvollziehers über die Gestattung von Ratenzahlungen keine Einigungsgebühr für den RA aus. Auch mehrere Entscheidungen verneinen das Entstehen einer Einigungsgebühr in diesen Fällen (LG Duisburg, Beschluss vom 12.08.2013 – 7 T 131/13; AG Augsburg, Beschluss vom 11.11.2013 – 1 M 9500...

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