Rz. 6

Der Grundsatz ist in § 18 Abs. 1 Ziff. 1 RVG bestimmt:

 

Merke:

In der Zwangsvollstreckung gilt jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch sie vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers als eine besondere Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG.

Da diese Unterscheidung in "Maßnahmen" und "Angelegenheiten" nicht selten Schwierigkeiten bereitet, soll sie anhand einiger Beispiele weiter unten (siehe Rdn 8 ff.) erläutert werden.

1. Abgrenzung zum Prozess- bzw. zum Mahnverfahren

 

Rz. 7

Zunächst ist eine Abgrenzung zwischen dem Prozess- bzw. Mahnverfahren (Erkenntnisverfahren) einerseits und dem Zwangsvollstreckungsverfahren andererseits vorzunehmen. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG ist unter bestimmten Voraussetzungen für gewisse Tätigkeiten des RA, die er zur Vorbereitung des Zwangsvollstreckungsverfahrens ausübt, nicht anwendbar. Dies ist dann der Fall, wenn er bereits im Erkenntnisverfahren Prozessbevollmächtigter war, denn dann gehören gemäß § 19 Abs. 1 Ziff. 9, 13, 16 RVG folgende die Zwangsvollstreckung vorbereitende Tätigkeiten noch zum Rechtszug des Erkenntnisverfahrens:

Einholung des Notfristzeugnisses oder des Rechtskraftzeugnisses,
Antrag auf erstmalige Erteilung der Vollstreckungsklausel und
die Zustellung des Titels.

Nach § 15 Abs. 1 RVG sind in diesem Fall diese Tätigkeiten bereits mit der Verfahrensgebühr des Prozesses abgegolten und können daher nicht mehr gesondert berechnet werden.

War dagegen der mit der Zwangsvollstreckung beauftragte RA nicht im Erkenntnisverfahren Prozessbevollmächtigter, können diese Tätigkeiten unter bestimmten Umständen die Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG auslösen (siehe Rdn 13).

2. Besondere Angelegenheit oder nicht?

 

Rz. 8

In § 18 Abs. 1 Ziff. 1 RVG ist in Abweichung von § 15 Abs. 2 S. 1 RVG bestimmt, dass die Tätigkeit des RA in der Zwangsvollstreckung bis zur Befriedigung des Gläubigers für jede einzelne Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch sie vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen grundsätzlich eine Angelegenheit darstellt, sodass ihm hierfür Gebühren insgesamt nur einmal erwachsen. Die Absicht des Gesetzgebers ist dabei, dass dem RA unter Umständen während eines Zwangsvollstreckungsverfahrens Gebühren für verschiedene Vollstreckungsmaßnahmen mehrfach erwachsen können, da seine Tätigkeit je nach Lage des Falles sehr umfangreich werden kann, und dies auch normalerweise im Voraus nicht absehbar ist.

Andererseits gilt auch in der Zwangsvollstreckung keineswegs jede einzelne Handlung des RA als besondere Angelegenheit. Dies soll im Folgenden erläutert werden.

Zum besseren Verständnis müssen zuvor die Begriffe "Vollstreckungsmaßnahme" und "Vollstreckungshandlung" des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 RVG unterschieden werden:

Vollstreckungsmaßnahme ist von den verschiedenen Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung eine ganz bestimmte Möglichkeit, die der Gläubiger im konkreten Fall ergreift.

 

Beispiele:

Antrag auf Forderungspfändung an das Vollstreckungsgericht oder Auftrag zur Sachpfändung an den GVZ.

Vollstreckungshandlungen sind notwendig, um die gewählte Vollstreckungsmaßnahme in einzelnen aufeinander folgenden Schritten durchzuführen, d. h. es sind Einzeltätigkeiten (Einzelmaßnahmen), die zusammen eine Vollstreckungsmaßnahme und damit eine besondere Angelegenheit bilden.

 

Beispiel:

Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher, Antrag auf Erlass der richterlichen Durchsuchungsanordnung und anschließend Fortsetzung des Vollstreckungsauftrages und dann Versteigerung der gepfändeten Sachen.

 

Merke:

Vollstreckungshandlungen sind Einzeltätigkeiten, die in einem inneren Zusammenhang stehen und zusammen eine Vollstreckungsmaßnahme bilden.

Jede zur Verwirklichung des Gläubigeranspruchs ergriffene Vollstreckungsmaßnahme bildet einschließlich aller notwendigen Handlungen gebührenrechtlich eine besondere Angelegenheit.

a) Grundsatz (§ 18 Abs. 1 Ziff. 1 RVG)

 

Rz. 9

Um dieselbe Angelegenheit handelt es sich grundsätzlich bei den gesamten zu einer ganz bestimmten Vollstreckungsmaßnahme gehörenden Einzelhandlungen von der Vorbereitung der Vollstreckung bis entweder zur Befriedigung des Gläubigers durch diese Maßnahme oder bis zum sonstigen Abschluss der Zwangsvollstreckung. Die Einzelhandlungen gehören dann zu einer bestimmten Vollstreckungsmaßnahme, wenn sie diese bestimmte Maßnahme vorbereiten oder fortsetzen.

Tun sie dies nicht, dann liegen verschiedene Angelegenheiten vor.

aa) Dieselbe Angelegenheit der Zwangsvollstreckung

 

Rz. 10

In § 18 Abs. 1 Ziff. 1 Hs. 1 RVG ist übrigens mit "… bis zur Befriedigung des Gläubigers …" nicht gemeint, dass die Zwangsvollstreckung eine einzige Angelegenheit bis zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers darstellt. Die Zwangsvollstreckungsangelegenheit endet auch dann, wenn eine Vollstreckungsmaßnahme ganz oder teilweise fehlschlägt, der Gläubiger also nicht das gewünschte Ergebnis erzielt. Dies wäre der oben genannte "sonstige Abschluss der Zwangsvollstreckung". Sonst wären auch die weiter unten folgenden Erläuterungen überflüssig.

 

Beispiele für dieselbe Angelegenheit:

1. Androhung der Zwangsvollstreckung, Vollstreckungsauftrag an GVZ, Anfrage beim Einwohnermel...

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