Rz. 82

Zum Gebot des Geschädigten, den Schaden gering zu halten, gehört, dass der Geschädigte im Falle der Reparaturwürdigkeit für eine möglichst rasche und zügige Reparaturdurchführung Sorge zu tragen hat. Der Geschädigte darf also auch nicht etwa den Eingang einer Reparaturkostenübernahmebestätigung durch den gegnerischen Versicherer abwarten (OLG Hamm VersR 1986, 43), es sei denn, der Versicherer hat dies ausdrücklich angeordnet. Im Einzelfall kann es allerdings nicht zu beanstanden sein, wenn der Geschädigte mit dem Beginn der Instandsetzungsarbeiten in Eigenregie wartet, bis das Unfallfahrzeug durch einen Sachverständigen des gegnerischen Versicherers nachbesichtigt wurde (OLG Düsseldorf DAR 2006, 269).

 

Rz. 83

Der Geschädigte darf auch nicht unbedingt bei erkennbarer Reparaturwürdigkeit den Eingang des schriftlichen Sachverständigengutachtens (BGH zfs 1986, 327) abwarten, bis er sich entscheidet. Er bzw. sein Anwalt muss sich vielmehr ggf. telefonisch bei dem Sachverständigen nach dem Ergebnis der Begutachtung (Reparaturwürdigkeit) erkundigen, sobald er weiß, dass dieser die Besichtigung vorgenommen hat.

 

Rz. 84

Der Geschädigte hat bei der Auftragserteilung an seine Werkstatt darauf zu achten, dass er ein noch fahrfähiges und verkehrssicheres Fahrzeug nicht etwa vor einem Wochenende oder vor Feiertagen zur Reparatur bringt, sondern im Interesse der Schadensminderung solange benutzt, bis die Reparatur am schnellsten durchgeführt werden kann.

 

Rz. 85

Ist das Fahrzeug durch eine Behelfs- oder Notreparatur notdürftig und vorübergehend instandsetzbar, muss er eine solche Reparatur zunächst einmal durchführen lassen, wenn z.B. die Kapazitäten bei seiner Stammwerkstatt ausgelastet, eine baldige Reparatur dort also nicht ausführbar ist und er sein Fahrzeug nicht in eine andere Werkstatt zur Reparatur geben will.

 

Rz. 86

Dabei ist aber – wie stets – besonders auf die Zumutbarkeit für den Geschädigten und dessen Interessen zu achten. Schließlich war es ja der Schädiger, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht hat walten lassen und den Unfall verursacht hat. Im Rahmen der Nutzungsausfallentschädigung ist es dem im Urlaub befindlichen Geschädigten daher auch nicht etwa zuzumuten, seine Urlaubsplanung zu ändern oder sich während der Urlaubszeit um die Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs zu bemühen (OLG Stuttgart DAR 2000, 36).

 

Rz. 87

Der Geschädigte soll also nicht überobligationsmäßig Rücksicht auf die Interessen des Schädigers und unzumutbare Unannehmlichkeiten hinnehmen müssen, die er ohne den Unfall nicht gehabt hätte. Die Frage, was zumutbar ist, ist also eng und im Zweifel für den Geschädigten auszulegen.

 

Rz. 88

Wenn der Geschädigte ein Zweitfahrzeug zur Verfügung hatte, es jedoch bewusst nicht genutzt hat, obwohl er es problemlos hätte nutzen können, liegt ebenfalls in der Regel ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor. In diesen Fällen entfällt somit ein Mietwagen- bzw. Nutzungsausfallanspruch, es sei denn, der Zweitwagen wird ausschließlich von dem Lebenspartner oder anderen Familienangehörigen genutzt und/oder ist nur aus versicherungstechnischen Gründen auf den Namen des Geschädigten angemeldet.

 

Rz. 89

Eine solche Nutzung ist aber nicht möglich bei dem sog. Lady-Tarif in der Kfz-Haftpflichtversicherung (oder bei entsprechenden anderen Tarifen, bei denen der Kreis der Nutzer eingeschränkt ist). Dieser bestimmt eine ausschließliche Nutzung des Fahrzeugs durch Frauen. Die Benutzung durch Männer führt im Schadensfall zu einer Vertragsstrafe der Versicherungsnehmerin. Damit entfällt bereits jedenfalls die zulässige Nutzungsmöglichkeit durch den (männlichen) Partner.

 

Rz. 90

 

Tipp

Als Nachweis für eine ausschließliche Nutzung des Zweitfahrzeugs durch einen Dritten genügt meist eine entsprechende (schriftliche) Erklärung des Nutzers. Oft ist das Fahrzeug auch nur versicherungstechnisch auf den Geschädigten angemeldet, ausweislich der in Fotokopie beizufügenden Fahrzeugpapiere jedoch auf den Dritten unmittelbar zugelassen.

 

Rz. 91

Kann der Geschädigte wegen der Höhe der Reparaturkosten sein Fahrzeug bei der Werkstatt nicht bezahlen, erhält er es also wegen des Werkunternehmerpfandrechtes nicht heraus, muss er nach einem Teil der Rechtsprechung einen Kredit in Anspruch nehmen (OLG Frankfurt VersR 1980, 235), so lange die Zinsbelastung geringer ist als der tägliche Nutzungsausfall. Nach anderer Ansicht gibt es jedoch generell keine Pflicht zur Vorfinanzierung über einen Kredit oder die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung (OLG Düsseldorf VersR 2012, 120; OLG Düsseldorf v. 15.10.2007 – 1 U 52/07 – SP 2008, 298; OLG Naumburg v. 15.6.2017 – 9 U 3/17; OLG Dresden v. 4.5.2012 – 1 U 1797/11) bzw. nicht in jedem Fall, z.B. nicht bei einem Geschädigten mit geringem Einkommen (OLG Celle r+s 2018, 616). Das OLG Celle verweist hierzu auf eine ältere Entscheidung des III. Zivilsenats des BGH wonach ein Geschädigter grundsätzlich nicht verpflichtet ist, "den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar Kred...

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