A. Begriff der Nebentätigkeit

 

Rz. 1

Die Begrifflichkeit der Nebentätigkeit lässt sich nicht anhand der absoluten Arbeitszeit bestimmen. Denn auch neben Teilzeitarbeitsverhältnissen können Nebentätigkeiten ausgeübt werden. Gemeint ist im Folgenden mit dem Begriff der Nebentätigkeit jede Tätigkeit, die außerhalb des in Rede stehenden Arbeitsverhältnisses beim gleichen Arbeitgeber, bei einem anderen Arbeitgeber oder auf jede andere Weise ausgeübt wird. Durch die Erstreckung auf eine "andere Weise" ist auch eine selbstständige Tätigkeit erfasst. Grundsätzlich ist jedoch unter Nebentätigkeit nur die auf Erzielung von Gewinn gerichtete Tätigkeit zu verstehen, nicht also etwa jedes Hobby.

B. Gesetzliche Zustimmungserfordernisse

 

Rz. 2

Grundsätzlich ist in einem Arbeitsverhältnis die Aufnahme einer Nebentätigkeit nicht per se zustimmungspflichtig. Grund hierfür ist, dass die Aufnahme einer Nebentätigkeit ­aktiver Ausübung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ist. Möglich ist indes, im ­Arbeitsvertrag einzelvertraglich zu vereinbaren, dass die Aufnahme einer weiteren Beschäftigung einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf. Eine andere Frage ist in diesem Zusammenhang, inwieweit dann ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung besteht (vgl. Rdn 7 ff.).

 

Rz. 3

Im Bereich des öffentlichen Dienstes bedarf grundsätzlich jede Aufnahme einer Nebenbeschäftigung der vorherigen Genehmigung (also Zustimmung, § 183, 184 BGB) des Dienstherrn. Dies ist für Bundesbeamte gesetzlich in §§ 97 ff. BBG geregelt. Für die Landesbeamten finden sich korrespondierende Vorschriften in den Landesbeamtengesetzen. Beamtenrechtlich ist die Genehmigung zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden (§ 99 Abs. 2 BBG). Für die Angestellten im öffentlichen Dienst enthält § 3 Abs. 3 TVöD eine Sonderregelung. Hiernach haben Arbeitnehmer eine Nebentätigkeit gegen Entgelt rechtzeitig vorher anzuzeigen. Der Arbeitgeber kann die Nebentätigkeit untersagen oder mit Auflagen versehen, wenn diese geeignet ist, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten der Beschäftigten oder berechtigte Interessen des Arbeitgebers zu beeinträchtigen.

C. Vertragliche Nebentätigkeitsverbote

 

Rz. 4

Ein durch den Arbeitgeber einseitig erklärtes absolutes Nebentätigkeitsverbot ist im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG unzulässig.

 

Rz. 5

Vertragliche Vereinbarungen wie:

Zitat

"Die Aufnahme einer Nebentätigkeit ist dem Arbeitnehmer nicht gestattet."

Unterliegen der vertraglichen Inhaltskontrolle.[1] Ein absolutes Nebentätigkeitsverbot ist unwirksam.[2] Ungeachtet der Frage der Inhaltskontrolle sind pauschal formulierte Nebentätigkeitsverbote ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Sie sind nämlich geeignet, bei dem Arbeitnehmer die Vorstellung hervorzurufen, die Ausübung einer Nebentätigkeit sei vollständig verboten und nicht etwa – nach der bereits zitierten Rechtsprechung – lediglich unter ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt[3] gestellt. Dies führt zur Nichtigkeit der Klausel.[4] Auch bei Nichtigkeit der Klausel verbleibt es aber bei der allgemeinen arbeitsvertraglichen Anzeigepflicht (vgl. Rdn 16 ff.) und der Möglichkeit des Arbeitgebers, beim Bestehen betrieblicher Interessen die Ausübung der Nebentätigkeit zu untersagen. Dieses Recht ergibt sich unmittelbar aus den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten und bedarf keiner ausdrücklichen vertraglichen Grundlage.

 

Rz. 6

In einem Arbeitsvertrag für geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer ist ein Nebentätigkeitsverbot regelmäßig wertlos, selbst wenn es konform dem Transparenzgebot formuliert ist. Berechtigte Interessen des Arbeitgebers an einem Verbot sind kaum denkbar. War nämlich die Ausübung nur einer einzigen geringfügigen Beschäftigung Geschäftsgrundlage des Arbeitsverhältnisses, so kommt dies einem vertraglichen Nebentätigkeitsverbot gleich, das gegen Art. 12 GG verstößt und daher unwirksam ist. Solange der ­Arbeitnehmer keine Tätigkeit ausübt, die mit der geschuldeten Arbeitsleistung zeitlich oder aus anderen Gründen unvereinbar ist, hat der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse an einem Nebentätigkeitsverbot. Aus der sozialrechtlichen Regelung des § 8 Abs. 2 SGB IV über die Zusammenrechnung mehrerer geringfügiger Beschäftigungen folgt kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer an ausschließlich einer geringfügigen Beschäftigung festzuhalten. Im Gegenteil: Sie geht gerade davon aus, dass mehrere Beschäftigungen nebeneinander möglich und zulässig sind.[5]

D. Anspruch auf Zustimmung oder Genehmigung

 

Rz. 7

Insoweit ein Zustimmungs- oder Genehmigungserfordernis besteht, sei es, dass dies vertraglich vereinbart ist, oder, dass ein Tarifvertrag eine entsprechende Regelung enthält, hat der (Teilzeit-)Beschäftigte einen Anspr...

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