Rz. 680

 

§ 58 RVG Anrechnung von Vorschüssen und Zahlungen (verkürzte Darstellung)

(1) …

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, sind Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der Beiordnung erhalten hat, zunächst auf die Vergütungen anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur unter den Voraussetzungen des § 50 besteht.

(3) …

 

Rz. 681

§ 58 RVG gibt vor, wie Vorschüsse und Zahlungen, die der RA von seinem Auftraggeber erhalten hat, zu verrechnen sind. Hierbei muss nicht der Auftraggeber die Zahlungen geleistet haben, auch Zahlungen von Dritten (sogar der Gegner in Erfüllung eines Kostenerstattungsanspruchs) werden entsprechend berücksichtigt.

a) Anwendungsbereich

 

Rz. 682

Die Verrechnungsregelung in § 58 Abs. 2 RVG betrifft nur die Vergütungsansprüche, die sich nach Teil 3 VV RVG richten. Eine etwa vor- bzw. außergerichtlich entstandene Geschäftsgebühr ist in Teil 2 geregelt, diese ist nicht von der Anrechnungserleichterung des § 58 Abs. 2 RVG betroffen.

 

Rz. 683

Hat der RA von seinem Auftraggeber vor oder nach der Beiordnung Zahlungen er­halten, so werden die Vorschüsse zunächst auf die gesamte Vergütung (somit auch auf eine entstandene Geschäftsgebühr – Ausnahme: bewilligte Beratungshilfe) entsprechend der Tabelle zu § 13 RVG berechnet. Immer, wenn es eine Differenz ­zwischen den beiden unterschiedlichen Tabellen gibt, wird der Vorschuss erst auf den Differenzwahlanwaltsvergütungsanspruch (= die Differenz zwischen dem Betrag der Wahlanwaltsvergütung nach der Tabelle zu § 13 RVG und dem Betrag der PKH-Vergütung nach der Tabelle zu § 49 RVG) verrechnet. Erst wenn diese Differenz voll ausgeschöpft ist, erfolgt eine Anrechnung auf die Vergütung nach der Tabelle zu § 49 RVG.

 

Beispiel

 
Der Vergütungsanspruch nach der Tabelle zu § 13 RVG beträgt 2.500,00 EUR.
Der Vergütungsanspruch nach der Tabelle zu § 49 RVG beträgt 1.500,00 EUR.
Die Differenz beträgt: 1.000,00 EUR.

Der Auftraggeber leistet

a) einen Vorschuss i.H.v. 850,00 EUR oder
b) einen Vorschuss i.H.v. 1.100,00 EUR.

zu a)Der Vorschuss i.H.v. 850,00 EUR wird in voller Höhe auf die Differenz verrechnet. Dies gilt immer dann, wenn die Differenz höher oder gleich hoch ist.

zu b)Der Vorschuss i.H.v. 1.100,00 EUR wird i.H.v. 1.000,00 EUR auf die Differenz verrechnet. I.H.v. 100,00 EUR verringert sich die zu zahlende Vergütung aus der Justizkasse. Der Vorschuss muss i.H.v. 100,00 EUR bei dem Erstattungsantrag an die Justizkasse angegeben werden. Einen Antrag gem. § 50 RVG muss, kann und sollte der RA nicht mehr stellen. Fraglich ist sogar, ob er einen Antrag nach § 50 RVG noch stellen darf, dazu folgen gesonderte Ausführungen unterRdn 738.

b) Geschäftsgebühr und bewilligte PKH

 

Rz. 684

Regelmäßig wird der RA den Auftraggeber, für den er PKH beantragt, bereits vor- bzw. außergerichtlich vertreten haben. Lagen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe für die vor- bzw. außergerichtliche Vertretung nicht vor, hat der RA einen von der noch zu bewilligenden PKH unabhängigen Vergütungsanspruch. Er wird im Allgemeinen die Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG von seinem Auftraggeber fordern können. Der Gesetzgeber hat mit dem "Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und kostenrechtlicher Vorschriften" (BT-Drucks 16/12717 vom 22.4.2009) mit der Einführung des § 55 Abs. 5 Satz 2 RVG deutlich gemacht, dass der RA in seinem Erstattungsantrag zu erklären hat, ob, und wenn ja, in welcher Höhe er Zahlungen auf Gebühren erhalten hat, die anzurechnen sind.

 

Rz. 685

Der RA, der vor dem Antrag auf Bewilligung von PKH vor- bzw. außergerichtlich tätig war, wird daher dem Auftraggeber die Geschäftsgebühr in Rechnung stellen. Die Geschäftsgebühr wird entsprechend Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr des sich anschließenden gerichtlichen Verfahrens angerechnet (s. die Ausführungen unter Rdn 200). Im Hinblick auf die Vergütungsabrechnungen gegenüber der Justizkasse enthalten alle üblichen Formulare den Zusatz für eine Erklärung dahin gehend, ob vorgerichtlich eine Geschäftsgebühr anzurechnen ist und ggf. den Anspruch des RA mindert.

 

Rz. 686

Da der RA ein Wahlrecht hat, wie die Anrechnung durchzuführen ist, darf die Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren nicht um den Anrechnungsteil gekürzt werden, wenn der RA die ganze Verfahrensgebühr zur Erstattung beantragt. In diesem Fall muss die Verfahrensgebühr dem RA in voller Höhe aus der Justizkasse erstattet werden.

 

Rz. 687

 

§ 55 Abs. 5 Satz 2 RVG n.F.

Der Antrag hat die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten hat. Bei Zahlungen auf eine anzurechnenden Gebühr sind dies Zahlungen, der Satz oder der Betrag der Gebühr und bei Wertgebühren auch der zugrunde gelegte Wert anzugeben. Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach der Antragstel...

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