Rz. 144

Im Gesetzgebungsverfahren war insbesondere beim Recht des Betriebsübergangs darüber diskutiert worden, ob die Unterrichtung der Arbeitnehmer über die Modalitäten des Betriebsübergangs[136] (Zeitpunkt, Grund, rechtliche,[137] wirtschaftliche und soziale Folgen des Übergangs, in Aussicht genommene Maßnahmen i.S.d. § 613a Abs. 5 BGB) in Textform nach § 126b BGB genügt. Die Gesetzesbegründung hat sich schlussendlich ausdrücklich für die Textform entschieden, da die Funktion der Vorschrift in der Information und Dokumentation liegt; Beweis- oder Warnfunktion dagegen stehen nicht im Vordergrund (siehe oben Rdn 31 ff.).[138] Das bedeutet, dass die Unterrichtung der Arbeitnehmer i.S.d. § 613a Abs. 5 BGB insbesondere auch durch E-Mail erfolgen kann, wenn hierbei die Anforderungen des § 126b BGB erfüllt werden. Voraussetzung ist natürlich, dass die betreffenden Arbeitnehmer durch E-Mail erreichbar sind. Die mündliche Mitteilung etwa auf einer Betriebsversammlung wahrt die Form nicht (vgl. oben Rdn 24 ff.).[139] Zugang ist nach § 130 BGB dann gegeben, wenn die E-Mail solchermaßen und zu derjenigen Zeit in den Herrschaftsbereich des E-Mail-Empfängers gerät, dass dieser nach den gewöhnlichen Umständen von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann (siehe oben Rdn 30 f.).

Dagegen erfordert der Widerspruch gegen den Betriebsübergang nach § 613a Abs. 6 S. 1 BGB, welcher seitens des Arbeitnehmers gegenüber dem Betriebsveräußerer und gegenüber dem Betriebserwerber erhoben werden kann, die Schriftform i.S.d. § 126 BGB (vgl. oben Rdn 9 ff.).[140]

 

Rz. 145

 

Beispiel

Der bisherige Arbeitgeber oder der Betriebserwerber unterrichten die Arbeitnehmer per E-Mail über die Modalitäten des bevorstehenden Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 5 BGB. Wenn dabei die inhaltlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB und die formellen Voraussetzungen des § 126b BGB erfüllt sind, insbesondere die Person des Erklärenden und der Abschluss der Erklärung erkennbar gemacht werden, ist die Textform gewahrt und die Unterrichtung ordnungsgemäß erfolgt. Soweit nun aber ein Arbeitnehmer diesem Betriebsübergang seinerseits per Antwort-E-Mail widerspricht, ist das Schriftlichkeitserfordernis des § 126 BGB nicht eingehalten (siehe oben Rdn 9 ff.). Wenn der Arbeitnehmer diesen Fehler nicht erkennt und eine fristwahrende schriftliche Widerspruchserklärung nicht abgibt, geht das Arbeitsverhältnis mangels wirksamen Widerspruchs auf den Betriebserwerber über. Auch eine Treupflichtverletzung des Arbeitgebers liegt regelmäßig nicht vor, da dieser den Arbeitnehmer nicht über den Formverstoß beim Widerspruch unterrichten muss; eine auf der Fürsorgepflicht beruhende Beratungspflicht kann nur dann in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer tatsächlich im Vorfeld über die betreffende Frage beraten hat.

[136] Vgl. BAG 13.7.2006 – 8 AZR 305/05, AP Nr. 312 zu § 613a BGB zu den umfassenden Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers.
[137] Darunter der Hinweis auf die Gesamtschuldnerschaft des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613a Abs. 2 BGB und der Hinweis auf den Eintritt in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis, so BAG 24.7.2008 – 8 AZR 175/07, AP Nr. 347 zu § 613a BGB.
[138] Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks 14/7760, 19; dagegen hatte sich – ohne Erfolg – der Bundesrat gewandt, welcher der Regelung auch Beweisfunktion zusprechen wollte, siehe BT-Drucks 14/7760, 22; s. die widersprechende Stellungnahme BT-Drucks 14/7797, 1.
[139] MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 613a BGB Rn 112; KR/Treber, § 613a BGB Rn 65; ErfK/Preis, § 613a BGB Rn 91.
[140] Für elektronische Form ErfK/Preis, § 613a BGB Rn 98; MüKoBGB/Müller-Glöge, § 613a BGB Rn 117; dagegen APS/Stefan, § 613a BGB Rn 219.

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