Rz. 4

Wie alle Verwaltungsangelegenheiten obliegt gem. § 18 Abs. 1 WEG auch die Einberufung (synonym: Einladung) der Gemeinschaft. Auszuführen hat diese Aufgabe (wiederum gilt: wie alle Verwaltungsangelegenheiten) der Verwalter. Die gesetzliche Regelung in § 24 Abs. 1 WEG, wonach die Versammlung vom Verwalter einberufen wird, entspricht insofern nicht der neuen rechtlichen Zuständigkeitsverteilung und drückt lediglich die Organzuständigkeit des Verwalters aus. Die "rechtliche" Zuständigkeit der Gemeinschaft wirkt sich praktisch dann aus, wenn der Anspruch auf Einberufung gerichtlich durchgesetzt werden soll; dann ist die Klage nämlich gegen die Gemeinschaft und nicht gegen den Verwalter zu richten (→ § 7 Rdn 13). Die Absage einer anberaumten Eigentümerversammlung kann (nur) vom jeweilig Einladenden vorgenommen werden, im Normalfall also wiederum (nur) vom Verwalter.[3]

 

Rz. 5

Der Verwalter muss eine Versammlung mindestens einmal im Jahr einberufen (→ § 7 Rdn 1). Er darf die Einberufung auch nicht unter Hinweis auf die Corona-Pandemie oder wegen vergleichbarer Schwierigkeiten verweigern, sofern öffentlich-rechtliche Beschränkungen nicht entgegenstehen.[4] Der Einberufung steht es auch nicht entgegen, wenn nach landesrechtlichen Vorschriften zum Infektionsschutz nur Geimpfte und Genesene mit negativem Corona-Test teilnehmen dürfen.[5] Der Verwalter muss eine (außerordentliche) Versammlung ferner dann einberufen, wenn es objektiv betrachtet nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung erforderlich ist.[6] In diesem Fall muss er bereits aus eigenem Antrieb heraus entsprechend aktiv werden, erst recht aber auf Verlangen (bzw. Anregung) seitens einzelner Wohnungseigentümer hin. Es verhält sich strukturell nicht anders als bei der Frage, welche Beschlussgegenstände anzukündigen sind (→ § 7 Rdn 47).

 

Rz. 6

 

Beispiele

Nach dem Vorliegen eines Sachverständigengutachtens über Baumängel muss über das weitere Vorgehen (rechtliche Schritte und Sanierung) Beschluss gefasst werden, was wegen der Gefahr der Verjährung und wegen der Art der Bauschäden keinen Aufschub bis zur nächsten ordentlichen Versammlung duldet.
Ein Wohnungseigentümer stellt kurz nach der letzten Versammlung die Hausgeldzahlungen ein; ein Beschluss über die Verhängung einer Versorgungssperre soll gefasst werden.
Wegen des Vorwurfs schwerwiegender Pflichtverletzungen des Verwalters, die nicht für längere Zeit ungeklärt im Raum stehen bleiben dürfen, soll über eine etwaige vorzeitige Verwalterabberufung und eine Verwalterneuwahl Beschluss gefasst werden.[7]
 

Rz. 7

Der Verwalter muss eine Versammlung ferner dann einberufen, wenn mehr als ein Viertel der Wohnungseigentümer es in Textform (→ § 7 Rdn 28) unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangt (§ 24 Abs. 2 WEG). Dieses Minderheitenquorum kann nicht einmal durch die Gemeinschaftsordnung abgeändert (i.S.v. erschwert) werden (→ § 2 Rdn 82). Der Verwalter muss einem formell ordnungsgemäß gestellten Einberufungsverlangen unverzüglich nachkommen; mehr als ca. zwei Wochen darf er damit nicht Zeit lassen und auch den Versammlungstermin nicht über die Einberufungsfrist hinaus nach hinten schieben. Ein materielles Prüfungsrecht steht ihm, von Missbrauchsfällen abgesehen, nicht zu.[8] Für die Berechnung des Minderheitenquorums gilt immer das Kopfprinzip (→ § 7 Rdn 104), auch wenn sich das Stimmrecht laut Teilungserklärung nach Einheiten oder Miteigentumsanteilen richten sollte.

 

Rz. 8

Muster 7.1: Einberufungsverlangen an den Verwalter

 

Muster 7.1: Einberufungsverlangen an den Verwalter

Sehr geehrter Herr Verwalter,

hiermit fordern wir Sie auf, eine Wohnungseigentümerversammlung mit folgenden Beschlussgegenständen (Tagesordnungspunkten) einzuberufen:[9]

TOP 1: Abberufung des Verwalters und Kündigung des Verwaltervertrags.

TOP 2: Wahl eines Verwalters und Abschluss eines Verwaltervertrags.

TOP 3: Beauftragung des neuen Verwalters zur Geltendmachung und Durchsetzung der Ansprüche der WEG auf Herausgabe der Verwaltungsunterlagen und auf Rechnungslegung, ggf. unter Hinzuziehung einer Rechtsanwaltskanzlei.

TOP 4: Weiteres Vorgehen hinsichtlich der Baumängel, insbesondere: Begutachtung durch Sachverständigen; Einleitung rechtlicher Schritte gegen den Bauträger.

TOP 5: Übernahme der den Unterzeichnern entstandenen Kosten für anwaltliche Beratung.

Die Versammlung soll spätestens in der 16. Kalenderwoche stattfinden. Wir schlagen folgende Termine vor: 20., 22. oder 25. April. Die Versammlung soll nicht in Ihren Räumlichkeiten, sondern an einem "neutralen" Ort stattfinden. Bitte bestätigen Sie uns in Textform bis zum 28. März 20xx, dass Sie der Aufforderung Folge leisten und die Versammlung mit vorstehenden Tagesordnungspunkten einberufen werden.

Der Grund für das vorliegende Einberufungsverlangen besteht darin, dass Sie nach dem Eindruck der Unterzeichner in Sachen "Baumängel" gegen die Interessen der Gemeinschaft agieren und nur auf Ihr eigenes Interesse bedacht sind. Im Einzelnen: […]

[Falls nicht mehr als ein Viertel aller Eigent...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge