Rz. 1

Für das Wohnungseigentum gilt das Recht der Selbstverwaltung. Die erforderlichen Beschlüsse werden grundsätzlich auf Versammlungen gefasst, was § 23 Abs. 1 WEG etwas umständlich mit den Worten ausdrückt: "Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können, werden durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet." Die Wohnungseigentümerversammlung ist somit das wichtigste Organ der Gemeinschaft.[1] Weil die Durchführung der Beschlüsse Aufgabe des Verwalters ist, entspricht die Organisationsstruktur ein Stück weit der demokratischen Staatsverfassung: Die Eigentümerversammlung (Parlament) beschließt die Gesetze, die Verwaltung (Exekutive) führt sie aus.

 

Rz. 2

Eine Versammlung muss gem. § 24 Abs. 1 WEG mindestens einmal im Jahr einberufen werden. Denn jedes Jahr muss zumindest über die Vorschüsse und deren Anpassung (also über den Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung) Beschluss gefasst werden (§ 28 Abs. 1, 2 WEG). Die jährliche Versammlung nennt man meistens die "ordentliche" Versammlung und eventuelle weitere Versammlungen im selben Jahr "außerordentlich"; das Gesetz kennt diese Unterscheidung aber nicht, rechtlich ist sie daher ohne Bedeutung.

 

Rz. 3

Das Teilnahmerecht an Versammlungen gehört zum Kernbereich des Wohnungseigentums, weshalb die Rspr. besondere Schutzmechanismen entwickelt hat. So führt der unberechtigte Ausschluss eines Teilnahmeberechtigten zur Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse, ohne dass es einer Darlegung der Kausalität bedürfte.[2] Die vorsätzliche Nichteinladung soll gar zur Nichtigkeit der Beschlüsse führen (→ § 7 Rdn 59). Ein Quorum für die Beschlussfähigkeit einer Versammlung existiert nicht mehr. Seit der WEG-Reform 2020 ist jede Versammlung beschlussfähig, denn die Regelung des § 25 Abs. 3 WEG a.F., wonach die Beschlussfähigkeit voraussetzte, dass die erschienenen stimmberechtigten Miteigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertraten, ist ersatzlos entfallen. Abweichende Regelungen zur Beschlussfähigkeit in Teilungserklärungen sind i.d.R. wirkungslos (→ § 7 Rdn 56).

[1] BR-Drucks 75/51, 24, Zu § 26. Näher Greiner, Geschäftsordnungsbeschlüsse, ZWE 2016, 297, Ziff. I 2a.

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