Rz. 28

Bei dem objektivierten Wert i.S.d. IDW S 1 handelt es sich um einen intersubjektiv nachprüfbaren Zukunftserfolgswert aus Sicht eines typisierten Anteilseigners, der sich bei Fortführung des Unternehmens auf Basis des bestehenden Unternehmenskonzepts und mit allen realistischen Zukunftserwartungen im Rahmen der Marktchancen, -risiken und finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens sowie sonstiger Einflussfaktoren ergibt.[53] Kennzeichnend für den objektivierten Wert ist, dass dieser unabhängig von rein subjektiven Merkmalen und Gestaltungsmöglichkeiten der jeweiligen Anteilseigner ist und ausschließlich die am Bewertungsstichtag im Unternehmen vorhandene Ertragskraft abbildet.[54]

 

Rz. 29

Die vorhandene Ertragskraft basiert auf den am Bewertungsstichtag vorhandenen Erfolgsfaktoren. Mögliche, aber noch nicht eingeleitete Maßnahmen (bspw. Erweiterungsinvestitionen und Desinvestitionen) oder andere, noch nicht im Unternehmenskonzept dokumentierte Maßnahmen sowie die daraus erwarteten finanziellen Überschüsse dürfen nicht erfasst werden. Eine solche Berücksichtigung stände auch nicht im Einklang mit der Wurzeltheorie des BGH.[55] Zur bewertbaren Ertragskraft zählen somit nur solche Ertragsmöglichkeiten aus Maßnahmen, die zum Bewertungsstichtag bereits eingeleitet oder im Unternehmenskonzept dokumentiert sind. Hierzu gehören keine "bloßen Ideen".[56]

 

Rz. 30

Hinsichtlich der zu berücksichtigenden Synergieeffekte muss unterschieden werden, ob es sich um unechte oder echte Synergien handelt. Echte Synergieeffekte, die ausschließlich durch Kooperation ganz bestimmter Unternehmen aufgrund spezifischer Eigenschaften resultieren, sind im Rahmen objektivierter Bewertungen nicht zu berücksichtigen. Unechte Synergien, die auch ohne Durchführung der dem Bewertungsanlass zugrunde liegenden Maßnahme realisiert werden können, sind insoweit zu erfassen, als die synergiestiftenden Maßnahmen bereits eingeleitet oder im Unternehmenskonzept konkret und plausibel dokumentiert sind.[57]

 

Rz. 31

Im Rahmen objektivierter Wertermittlungen ist von der Ausschüttung derjenigen finanziellen Überschüsse auszugehen, die nach Berücksichtigung des zum Bewertungsstichtag dokumentierten Unternehmenskonzepts und rechtlicher Restriktionen (z.B. Bilanzgewinn, ausschüttbares Jahresergebnis) zur Ausschüttung zur Verfügung stehen. In der Detailplanungsphase sind die geplanten Ausschüttungen auf der Basis des individuellen Unternehmenskonzepts und unter Berücksichtigung der bisherigen und geplanten Ausschüttungspolitik, der Eigenkapitalausstattung und der steuerlichen Rahmenbedingungen vorzunehmen. In der ewigen Rente ist grundsätzlich von der Thesaurierungsquote der Alternativinvestition auszugehen.[58]

 

Rz. 32

Bei der Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte ist auf die dem Unternehmen innewohnende und übertragbare Ertragskraft abzustellen. Die übertragbare Ertragskraft kann davon abhängig sein, ob das bisherige Management im Unternehmen verbleibt oder ausscheidet. Es wird grundsätzlich unterstellt, dass das Management im Unternehmen verbleibt oder ein gleichwertiger Ersatz gefunden wird. Eine Ausnahme ergibt sich bei personenbezogenen Unternehmen. Bei personenbezogenen Unternehmen sind in der Person des Eigentümers begründete positive oder negative Erfolgsbeiträge, die losgelöst vom bisherigen Eigentümer nicht realisiert werden können, bei der Prognose künftiger finanzieller Überschüsse außer Betracht zu lassen.[59] Zudem ist zu prüfen, ob eine Fortführung ohne die aktuelle Unternehmensführung überhaupt möglich ist. Kann dies nicht unterstellt werden, ist der Liquidationswert anzusetzen.[60]

 

Rz. 33

Ertragsteuern beeinflussen die Ertrags- und Renditeforderungen von Unternehmenseignern. Daher sind Unternehmen grundsätzlich auch unter Berücksichtigung persönlicher Ertragsteuern zu bewerten. Im Rahmen objektivierter Bewertungen werden die persönlichen Steuern typisiert.[61] Dabei wird zwischen der unmittelbaren Typisierung und der mittelbaren Typisierung der steuerlichen Verhältnisse unterschieden. Bei der unmittelbaren Typisierung werden die persönlichen Ertragsteuern explizit sowohl bei der Ermittlung der finanziellen Überschüsse als auch bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes berücksichtigt. Bei der mittelbaren Typisierung, die im Rahmen von Unternehmensveräußerungen oder anderen unternehmerischen Entscheidungen vorgenommen wird, wird hingegen davon ausgegangen, dass die persönliche Ertragsbesteuerung der Nettozuflüsse aus dem Unternehmen der steuerlichen Belastung einer Investition in die Alternativanlage entspricht.[62] Entsprechend dieser Annahme kann auf den expliziten Ansatz persönlicher Steuern in Zähler und Nenner verzichtet werden (ausführlicher dazu siehe Rdn 82 f.).

 

Rz. 34

Der Kapitalisierungszinssatz ist im Rahmen einer objektivierten Unternehmensbewertung aus einer Alternativanlage abzuleiten (zur ausführlichen Darstellung siehe Rdn 86 ff.). Diese Alternativanlage ist seit dem IDW S 1 i.d.F. 2005, unabhängig von der Rechtsform ...

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