A. Vorbemerkung

 

Rz. 1

Für den Versorgungsausgleich ist es (natürlich) von ganz erheblicher Bedeutung, welche Werte in den Ausgleich eingestellt werden. Die Bestimmung des Ehezeitanteils eines Versorgungsanrechts entscheidet darüber, wie hoch der Ausgleichswert sein wird; denn dieser beträgt grds. die Hälfte des Ehezeitanteils (§ 1 Abs. 1 VersAusglG, Halbteilungsgrundsatz). Im Folgenden wird deswegen zunächst die Zuständigkeit für die Ermittlung des Ehezeitanteils und die Kontrollaufgaben der anderen Verfahrensorgane behandelt (siehe dazu Rdn 2 ff.), um danach auf die Bewertung der Ehezeitanteile, d.h. ihre Ermittlung und die Bestimmung ihres Werts (siehe dazu Rdn 12 ff.), v.a. des korrespondierenden Kapitalwerts (vgl. § 47 VersAusglG, siehe dazu Rdn 166 ff.) einzugehen.

B. Zuständigkeit für die Bestimmung von Ehezeitanteil und Ausgleichswert

 

Rz. 2

Die Aufgabenverteilung im heutigen Versorgungsausgleich hat sich ggü. dem früheren Rechtszustand deutlich verschoben. Im alten Recht war das Gericht nicht nur für die Ermittlung der einzelnen in den Ausgleich einzubeziehenden Anrechte, sondern auch für die exakte Ermittlung des Ehezeitanteils und die Bewertung der Anrechte zuständig, um anschließend von Amts wegen die Saldierung der Anrechte vorzunehmen und dann den Ausgleich durchzuführen. Diese Aufgabenzuweisung hat sich durch die Reform des Versorgungsausgleichs ganz erheblich verändert: Zwar gilt das Amtsermittlungsprinzip weiter (§ 26 FamFG, siehe dazu § 5 Rdn 29 ff.). Die Schwerpunkte haben sich aber i.Ü. verschoben: Zum einen ist für die Ermittlung des Ehezeitanteils nun der Versorgungsträger verantwortlich (§ 5 Abs. 1 VersAusglG). Er ist es auch, der einen Vorschlag für die Bestimmung des Ausgleichswerts unterbreiten muss (§ 5 Abs. 3 VersAusglG). Außerdem ist er für die Bestimmung des korrespondierenden Kapitalwerts zuständig (§ 5 Abs. 3 VersAusglG). Die Aufgaben von Gericht und Beteiligten (v.a. ihrer Vertreter) beschränken sich insoweit auf die Kontrolle der übermittelten Werte – was aber für die Vertreter der Verfahrensbeteiligten eher eine Zusatzlast als eine Entlastung bedeutet. Die früher dem Gericht obliegende Saldierung von Anrechten ist im Regelfall entfallen. Nur im Sonderfall des § 31 VersAusglG und ggf. in Bezug auf sich gegenüberstehende gleichartige Rechte (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG) sind noch Saldierungen von Anrechten geboten.

I. Aufgaben des Versorgungsträgers

 

Rz. 3

Dem Versorgungsträger obliegt zunächst die Bestimmung des Ehezeitanteils des bei ihm bestehenden Anrechts in Form der für das jeweilige Versorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße, insb. also in Form von Entgeltpunkten, eines Rentenbetrags oder eines Kapitalwerts. Das bedeutet, dass er selbstständig ermitteln muss, welche Anrechte ein Ehegatte in der Ehezeit (§ 3 Vers­AusglG, siehe dazu § 4 Rdn 61 ff.) erworben hat. Insofern reicht es zunächst aus, dass er dem Gericht den Ehezeitanteil in der Form der Rechengröße mitteilt, in der er selbst rechnet, also die gesetzliche Rentenversicherung in Entgeltpunkten oder Entgeltpunkten Ost, die Beamtenversorgung als Zahlbetrag der Versorgung, eine kapitalgedeckte private oder betriebliche Altersversorgung in Form eines Kapitalbetrags. Diese vereinfachte Form der Mitteilung ist möglich, weil nach dem neuen Recht die Anrechte grds. einzeln und intern geteilt werden, sodass Vergleichbarmachungen und Saldierungen grds. nicht mehr erforderlich sind.

 

Rz. 4

Der maßgebliche Stichtag für die Bewertung ist das Ende der Ehezeit (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Vers­AusglG). Weiterentwicklungen bis zur Entscheidung sind aber zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG). Scheidet etwa ein Beamter nach dem Ehezeitende, aber vor der Entscheidung über den Versorgungsausgleich aus dem Beamtenverhältnis aus und verliert seine Versorgung, muss das vom Versorgungsträger dem Gericht mitgeteilt werden, damit das noch im Verfahren über den Versorgungsausgleich berücksichtigt werden kann. Das Gericht darf nicht gezwungen werden, ein Anrecht zu berücksichtigen, das es gar nicht mehr gibt. Entsprechendes gilt für sonstige Wertveränderungen, die zu einer Veränderung des Ausgleichswerts führen. Bei lang dauernden Versorgungsausgleichsverfahren müssen daher ggf. kurz vor der Entscheidung neue Auskünfte eingeholt werden, um auf solche Wertänderungen reagieren zu können. Das ist v.a. deswegen wichtig, weil ein späteres Abänderungsverfahren nach § 225 FamFG derartige Wertveränderungen nicht mehr erfassen könnte. § 225 FamFG erfasst zwar an sich alle nachehezeitlichen Veränderungen, ist aber seinerseits im Lichte des § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG auszulegen, so dass alles, was in der Ausgangsentscheidung zum Versorgungsausgleich hätte berücksichtigt werden können, nicht mehr Begründung eines Abänderungsverlangens sein kann.

 

Rz. 5

Der Versorgungsträger hat dem Gericht auch einen Vorschlag über die Bestimmung des Ausgleichswerts zu unterbreiten (§ 5 Abs. 3 VersAusglG). Dieser wird im Regelfall etwas weniger als die Hälfte des Ehezeitanteils betragen, weil bei der internen Teilung eines Anrechts die Teilungskosten abgezogen werden dürfen (§ 13 VersAusgl...

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