Rz. 9

Das Gericht muss die Angaben der Versorgungsträger prüfen und ggf. weitere Auskünfte und neue Berechnungen verlangen. Das Gleiche gilt für die Beteiligten und v.a. deren anwaltliche Vertreter. Insoweit ist auf zwei Umstände besonders hinzuweisen: Die nahezu unbegrenzte Möglichkeit, Fehler des Ausgangsverfahrens durch nachträgliche Abänderungsverfahren geltend zu machen und damit zu heilen (§ 10a VAHRG a.F.) ist im reformierten Versorgungsausgleichsrecht entfallen: Entscheidungen über private oder betriebliche Anrechte sind überhaupt nicht mehr abänderungsfähig (vgl. §§ 225 f. FamFG i.V.m. § 32 VersAusglG, siehe dazu § 12 Rdn 16 f.). Alle anderen Änderungsverfahren setzen eine nachehezeitliche Veränderung voraus; ursprünglich falsche Entscheidungen lassen sich also in keinem Fall mehr korrigieren.

 

Rz. 10

Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass viele Versorgungsträger durch die ihnen nun übertragenen Aufgaben zweifellos überfordert sind. Besonders kleine, nur selten mit Versorgungsausgleichen befasste Versorgungsträger erteilen mit großer Wahrscheinlichkeit trotz guten Willens häufig unrichtige Auskünfte. Zu denken ist insoweit v.a. an betriebliche Versorgungsträger (häufig der Arbeitgeber selbst), aber auch an Kammern oder ähnliche Einrichtungen, die oft nur Versorgungsträger für wenige Personen (meist ihre Direktoren) sind.

 

Rz. 11

 

Praxistipp

Es sind in Bezug auf die Angaben der Versorgungsträger immer einige Kontrollfragen zu stellen:

Allgemein:

Wurde die Ehezeit richtig berechnet? (Siehe oben § 4 Rdn 61 ff.)
Wurden die Beiträge nach dem In-Prinzip (siehe oben § 4 Rdn 73 ff.) zugeordnet?

Bei der gesetzlichen Rentenversicherung (zu Bewertungsfragen bei der gesetzlichen Rentenversicherung siehe unten Rdn 113 ff.):

Sind alle ehezeitlichen Rentenzeiten geklärt und berücksichtigt?
Erfolgten in dieser Zeit Nachzahlungen für voreheliche Zeiten?
Sind Kindererziehungszeiten berücksichtigt, falls ja, mit den richtigen Werten?
Liegen Höherversicherungsanteile vor, die anders bewertet werden müssen?
Wurden West- und Ost-Anrechte unterschieden?
Sind bei Zurechnungszeiten die richtigen Werte (West bzw. Ost) berücksichtigt?
Sind knappschaftliche Rentenzeiten gesondert ausgewiesen?

Für die Beamtenversorgung (zu Bewertungsfragen siehe unten Rdn 124 ff.):

Sind alle Dienstzeiten berücksichtigt?
Liegt ein Fall einer besonderen Altersgrenze (z.B. Soldaten, Polizisten im Vollzugsdienst) vor?
Ist das ruhegehaltsfähige Gehalt richtig berücksichtigt?
Wurden Versorgungskürzungen wegen Kollisionen verschiedener Versorgungen richtig berechnet?
Wurden Teilzeitbeschäftigungen richtig berücksichtigt?
Wurden Beurlaubungen richtig berücksichtigt?
Wurden Kindererziehungszeiten richtig berücksichtigt und bewertet?

Für die betriebliche Altersversorgung (zu Bewertungsfragen bei der betrieblichen Altersversorgung siehe unten Rdn 137 ff.):

Wurde (bei zeitratierlichen Berechnungen) die Dienstzeit bis zur Regelaltersgrenze erweitert?
Ist die Unverfallbarkeit richtig festgestellt?
Wird das Anrecht noch im Verfahren unverfallbar?
Sind die Dienstzeiten vollständig berücksichtigt?
Wurde wirklich nur der Ehezeitanteil berechnet und bewertet oder bezieht sich die Auskunft auf die Gesamtbeschäftigungszeit?
Wurden wegfallende Risiken angemessen berücksichtigt?

Für private Anrechte (zu Bewertungsfragen bei privaten Anrechten siehe unten Rdn 155 ff.):

Sieht der Vertrag eine Rente oder eine Einmalzahlung vor?
Falls ja, fällt die Versorgung unter das AltZertG?
Wurden bei Optionsrechten diese bereits ausgeübt?
Wurden wegfallende Risiken angemessen berücksichtigt?
Sind die angesetzten Teilungskosten angemessen?

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge