Rz. 23

Aufgrund der verschiedensten Möglichkeiten der Beiordnung im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe, soll nachfolgend auf die Folgen im Hinblick auf die zu erstattenden Reisekosten des Rechtsanwalts eingegangen werden. Zur VKH-Bewilligung wird ergänzend auf die entsprechenden Ausführungen in § 8 Rdn 294 ff. verwiesen.

I. Allgemeines

 

Rz. 24

Ein nicht im Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn hierdurch besondere Kosten nicht entstehen, § 78 Abs. 3 FamFG (= sog. Mehrkostenverbot). Für Ehesachen und Familienstreitsachen gilt die Vorschrift des § 121 Abs. 3 ZPO, da § 78 FamFG für diese Verfahren nicht anzuwenden ist (§ 113 Abs. 1 FamFG). Entsprechend § 121 Abs. 3 ZPO darf eine Beiordnung nur dann erfolgen, wenn hierdurch weitere Kosten nicht entstehen.

 

Rz. 25

Wird durch den Rechtsanwalt VKH beantragt, ist durch das Gericht zunächst von Amts wegen zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 78 Abs. 4 FamFG bzw. § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen, d.h., ob besondere Umstände vorliegen, welche die Beiordnung eines Verkehrsanwalts rechtfertigen. Erst wenn solche Umstände nicht ersichtlich sind, darf der Rechtsanwalt zu den Bedingungen eines im Bezirk des Gerichts niedergelassenen Rechtsanwalts im Sinne von § 46 Abs. 1 RVG beigeordnet werden.

 

Rz. 26

Zur unzulässigen Beschränkung einer Beiordnung zu den Bedingungen eines "ortsansässigen Rechtsanwalts" siehe die Ausführungen unter § 8 Rdn 294 und in diesem Kapitel Rdn 30.

 

Rz. 27

Auch wenn eine unbeschränkte oder lediglich teilweise beschränkte Beiordnung vorliegt, bedeutet dies nur, dass Reisekosten grundsätzlich durch die Staatskasse erstattet werden. Ob diese Reisekosten "zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit" im Sinne des § 46 Abs. 1 RVG auch erforderlich bzw. notwendig waren mit der Folge, dass eine Auslagenerstattung durch die Staatskasse auch tatsächlich erfolgt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Die Wahrnehmung eines Gerichtstermins durch einen beigeordneten Rechtsanwalt ist stets zu bejahen; mit Ausnahme eines reinen Verkündungstermins.[4]

 

Rz. 28

 

Praxistipp

Vor Antritt der Reise sollte ein Antrag gemäß § 46 Abs. 2 S. 1 RVG gestellt werden, um festzustellen, dass die Reise erforderlich ist. Eine solche Feststellung ist für das Vergütungsfestsetzungsverfahren bindend.

[4] Vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 25. Aufl. 2021, § 46 RVG Rn 21.

II. Erstattung von Reisekosten des VKH-Anwalts

 

Rz. 29

Nach wie vor gibt es verschiedenste Möglichkeiten der Beiordnung im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe; alle mit den unterschiedlichsten Folgen im Hinblick auf die zu erstattenden Reisekosten des Rechtsanwalts, die nachfolgend näher erläutert werden sollen.

1. Uneingeschränkte Beiordnung

 

Rz. 30

Ist die VKH-Beiordnung ohne Einschränkung erfolgt, bewirkt dies, dass sämtliche Reisekosten des Anwalts unter Berücksichtigung der Voraussetzungen der Nrn. 7003 ff. VV RVG grundsätzlich zu erstatten sind.

Es gibt auch keine Obergrenze dahingehend, dass nur maximal die Kosten zu erstatten wären, die bei Beauftragung eines Verkehrsanwalts angefallen wären.[5]

[5] Vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 25. Aufl. 2021, § 46 RVG Rn 11.

2. Beschränkung zu den Bedingungen eines "ortsansässigen" Anwalts

 

Rz. 31

Vor dem 1.6.2007 war es aufgrund des Wortlauts des § 121 Abs. 3 ZPO a.F. ("Ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn…") übliche Praxis, dass die Beiordnung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" eingeschränkt wurde mit der Folge, dass Reisekosten nicht zu erstatten waren. Durch das Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft[6] ist § 121 Abs. 3 ZPO abgeändert worden, wonach eine Beschränkung der Beiordnung lediglich noch "zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts" zulässig ist.[7]

 

Rz. 32

 

Hinweis

Für die Vergütungsfestsetzung ist nicht die Rechtslage nach § 121 Abs. 3 u. 4 ZPO bzw. § 78 Abs. 3 u. 4 FamFG ausschlaggebend, sondern ausschließlich der Inhalt des Beiordnungsbeschlusses, auch wenn er ihm Widerspruch zu § 121 Abs. 3 ZPO steht (Bindungswirkung).[8] Ist eine Beschränkung der Beiordnung unzulässigerweise "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" erfolgt, sollte der Beiordnungsbeschluss hinsichtlich der einschränkenden Beiordnung mit der sofortigen Beschwerde (§§ 76 Abs. 1, 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 127, 567 u. 569 ZPO) angegriffen werden.

 

Rz. 33

Die Beschränkung der Beiordnung auf einen ortsansässigen Rechtsanwalt hat zur Folge, dass dem Anwalt Reisekosten grundsätzlich nicht erstattet werden. Wird der diesbezügliche Beiordnungsbeschluss nicht angegriffen, ist der Rechtsanwalt von einer Reisekostenerstattung ausgeschlossen, auch wenn er im Gerichtsbezirk des jeweiligen Gerichts niedergelassen ist.

[6] Gesetz vom 26.3.2007, BGBl I S. 358 m.W.v. 1.6.2007.
[8] Vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 25. Aufl. 2021, § 46 RVG Rn 7.

3. Beiordnung zu den Bedingungen eines im Bezirk des Gerichts niedergelassenen Anwalts

 

Rz. 34

Wird der Rechtsanwalt entsprechend § 121 Abs. 3 ZPO bzw. § 78 Abs. 3 FamFG "zu den Bedingungen ...

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