Leitsatz (amtlich)

Die tatsächlichen Reisekosten eines nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen oder am Gerichtsort wohnhaften Rechtsanwalts sind bis zu der Höhe zu erstatten, die sich für einen im Bezirk des jeweiligen Prozessgerichts niedergelassenen oder wohnhaften Rechtsanwalt bei der weitesten Entfernung innerhalb des Bezirks errechnet.

 

Normenkette

ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Flensburg (Beschluss vom 19.12.2014; Aktenzeichen 8 O 5/14)

 

Tenor

Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist bewilligt.

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 8. Zivilkammer des LG Flensburg vom 19.12.2014 dahin abgeändert, dass der Kläger an die Beklagte aufgrund des Urteils des LG Flensburg vom 7.8.2014 3.742,69 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.9.2014 zu erstatten hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Gerichtsgebühr wird auf die Hälfte ermäßigt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger zu 40 % und die Beklagte zu 60 %.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit Urteil vom 7.8.2014 wies das LG Flensburg die vom Kläger gegen die zu diesem Zeitpunkt in Niebüll wohnhafte Beklagte erhobene Klage weitgehend zurück und erlegte die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 94 % und der Beklagten zu 6 % auf. Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.12.2014 setzte der Rechtspfleger die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 3.653,43 EUR nebst Zinsen fest. In die zugrunde liegende Kostenausgleichsberechnung hat er auf Seiten der Beklagten die geltend gemachten Reisekosten ihres in Hamburg ansässigen Rechtsanwalts zu den beiden Gerichtsterminen vor dem LG Flensburg auf die fiktiven Reisekosten eines in Niebüll ansässigen Rechtsanwalts gekürzt.

Gegen diesen, ihrem Prozessbevollmächtigten am 15.1.2015 zugestellten Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit dem am 2.2.2015 per Post eingegangenen Schriftsatz vom 28.1.2015 "Rechtsmittel" eingelegt. Der Rechtspfleger hat den Schriftsatz als sofortige Beschwerde ausgelegt und dieser nicht abgeholfen. Mit Schriftsatz vom 30.4.2015 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dargelegt, dass sein Schriftsatz bereits am 28.1.2015 vorab per Fax an das LG übersandt worden sei. Mit ihrer Beschwerde macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, dass sie den Beklagtenvertreter für die Prozessvertretung habe einschalten dürfen, da er bereits vorgerichtlich für sie tätig gewesen sei und sie zudem mit einer Klageerhebung im dortigen Bereich habe rechnen müssen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 28.1.2015 Bezug genommen.

II.1. Der Beklagten ist zunächst Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren.

Ihr Prozessbevollmächtigter hat unter Vorlage von Einzelkommunikationsbeleg und Einzelverbindungsnachweis aus der Rechnung von O2 für seinen Telefon-/Faxanschluss dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Beklagte ohne ihr Verschulden verhindert gewesen ist, die zweiwöchige Notfrist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde gem. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 569 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG einzuhalten. Wegen der am 15.1.2015 erfolgten Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses an den Beklagtenvertreter ist die zweiwöchige Notfrist am 29.1.2015 um 24:00 Uhr abgelaufen, so dass der beim LG am 2.2.2015 per Post eingegangene Schriftsatz vom 28.1.2015 verspätet gewesen ist. Ein Faxschreiben findet sich in der Gerichtsakte nicht. Aus den von ihrem Prozessbevollmächtigten eingereichten Unterlagen, von deren Richtigkeit der Senat ausgeht, ergibt sich hingegen, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten rechtzeitig, nämlich bereits einen Tag vor Ablauf der Frist, die Faxübermittlung seines Schriftsatzes an die zutreffende Faxnummer des LG Flensburg veranlasst hat und ausweislich der Unterlagen keine Anhaltspunkte dafür bestanden haben, dass diese Faxübermittlung nicht erfolgreich gewesen sein könnte.

Die Beklagte hat die Wiedereinsetzung auch frist- und formgerecht beantragt. Nachdem der Senat mit der Anfrage vom 20.4.2015 darauf hingewiesen hat, dass sich in der Akte kein Faxausdruck befindet, hat der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 30.4.2015 die für eine Wiedereinsetzung sprechenden Umstände dargelegt. Hierin ist ein Wiedereinsetzungsantrag in die Beschwerdefrist enthalten.

2. Die sofortige Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nur teilweise begründet.

a) Zu Recht ist der Rechtspfleger davon ausgegangen, dass die Beklagte unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten nicht berechtigt gewesen ist, für die Führung des Rechtsstreits vor dem LG Flensburg den in Hamburg ansässigen Beklagtenvertreter einzuschalten.

(1) Einer im Bezirk des Prozessgerichts wohnhaften Partei wird es nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zugemutet, einen im gleichen Bezirk niedergelassenen Rechtsanwalt ...

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