Rz. 15

Da die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur zu laufen beginnt, wenn der Beteiligte über

den Rechtsbehelf
die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist,
den Sitz und
die einzuhaltende Frist (Dauer der Frist)
schriftlich (§ 126 BGB) oder elektronisch

belehrt worden ist, gebietet sich – vor allem bei Ablauf der jeweils einschlägigen Frist – ein Blick auf die Rechtsbehelfsbelehrung.

 

Rz. 16

Ist nämlich die Belehrung

unterblieben oder
unrichtig

erteilt worden, so läuft eine Jahresfrist.

 

Rz. 17

Die Rechtsbehelfsbelehrung ist falsch, wenn das VG in seiner Rechtsmittelbelehrung zur möglichen Beschwerde den Kreis der möglichen Prozessbevollmächtigten nur unvollständig nennt (vgl. dazu § 67 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 67 Abs. 2 S. 1 VwGO) und so den Eindruck erweckt, allein die von ihm unvollständig genannten Personen seien zur Vertretung befugt.[19]

 

Rz. 18

Auch irreführende Zusätze können die Rechtsbehelfsbelehrung fehlerhaft machen. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn der Zusatz objektiv geeignet ist, die Einlegung des Rechtsbehelfs zu erschweren oder gar zu verhindern.[20] Die Frage, ob eine Rechtsbehelfsbelehrung, die einen Hinweis auf die Möglichkeit einer Klageerhebung mittels elektronischen Dokuments nicht enthält, als unvollständig und fehlerhaft zu qualifizieren ist, wird streitig diskutiert (dazu § 56 Rdn 27; ausführlich auch § 55 Rdn 85). Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die einen Hinweis auf die Möglichkeit einer Klageerhebung mittels elektronischen Dokuments nicht enthält, ist nach OVG Bremen u.a. weder als unvollständig noch als fehlerhaft zu qualifizieren.[21] Nach a.A. ist das Fehlen des Hinweises generell geeignet, bei dem Adressaten einen Irrtum über die verschiedenen Möglichkeiten, den Formerfordernissen zu genügen, hervorzurufen.[22]

[19] Nds. OVG, Beschl. v. 11.12.2012 – 7 ME 131/12, zfs 2013, 117; Nds. OVG, Beschl. v. 27. 9. 2012 – 7 MS 33/12, juris, Rn 25 ff.
[20] Zu allem vgl. Bader u.a., § 58 Rn. 14; Kopp/Schenke, § 58 Anmerkungen.
[21] Zur Frage, ob eine Rechtsbehelfsbelehrung, die keinen Hinweis auf die Möglichkeit der Erhebung der Klage in elektronischer Form enthält, unrichtig ist i.S.d. § 58 Abs. 2 S. 1 VwGO, vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 25.8. 2015 – 2 LB 283/14 unter Hinweis auf die ausführliche Begründung in OVG Bremen, Urt. v. 8.12.2012 – 2 A 53/12.A, NVwZ-RR 2012, 950–952 = NordÖR 2013, 41; vgl. auch VG Neustadt, Urt. v. 22.9.2011 – 4 K 540/11.NW; VG Frankfurt, Urt. v. 8.7.2011 – 11 K 4808/10.F; VG Berlin, Beschl. v. 20.5.2010 – 12 L 253/10; BFH, Beschl. v. 2.2.2010 – III B 20/09 – der auf den Wortlaut des § 357 Abs. 1 AO hinweist, nach dem der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären ist; ähnlich: Bay. VGH, Beschl. v. 18.4.2011 – 20 ZB 11.349 – zu § 70 VwGO; für die Sozialgerichtsbarkeit: LSG Hessen, Urt. v. 20.6.2011 – L 7 AL 87/10 – und SG Marburg, Urt. v. 15.6.2011 – S 12 KA 295/10 – sämtlich juris).
[22] Vgl. OVG LSA, Urt. v. 24.11.2010 – 4 L 115/09; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.3.2012 – 1 A 11258/11; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 2.2.2011 – 2 N 10.10; v. 3.5.2010 – 2 S 106.09; v. 22.4.2010 – 2 S 12.10; VG Magdeburg, Urt. v. 10.5.2012 – 4 A 261/11; VG Neustadt, Urt. v. 10.9.2010 – 2 K 156/10.NW; VG Koblenz, Urt. v. 24.8.2010 – 2 K 1005/09.KO; VG Potsdam, Urt. v. 18.8.2010 – 8 K 2929/09; VG Trier, Urt. v. 22.9.2009 – 1 K 365/09.TR (sämtlich juris); für die Sozialgerichtsbarkeit: Hess. LSG, Urt. v. 13.4.2012 – L 5 R 154/11; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 15.11.2011 – L 3 U 88/10 (beide juris).

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