Rz. 99

Gem. einer Entscheidung des BAG (v. 6.12.1984, NZA 1985, 296) kann nach § 42 Abs. 2 GKG in einem Prozess, in dem mehrere Kündigungen behandelt werden, der Streitwert nur einmal bis zur Höchstgrenze des dreimonatigen Arbeitsentgeltes festgesetzt werden (s. so auch LAG Nürnberg v. 22.10.2010 – 4 Ta 31/10).

 

Rz. 100

Der Streitwertkatalog besagt in I. Nr. 21.2 gleichfalls, dass mehrere Kündigungen ohne Veränderung des Beendigungszeitpunktes zu keiner Erhöhung des Streitwertes führen.

 

Rz. 101

Nach dem Streitwertkatalog I. Nr. 21.1 soll bei einer außerordentlichen Kündigung, die hilfsweise als ordentliche erklärt wird (einschließlich Umdeutung nach § 140 BGB) der Streitwert höchstens die Vergütung für ein Vierteljahr beinhalten, unabhängig davon, ob sie in einem oder mehreren Schreiben erklärt werden. Hingegen vertreten die LAG überwiegend die Auffassung, dass die Höchstgrenze nur dann nicht überschritten werden kann, wenn mehrere Kündigungen gleichzeitig – sei es auch zu unterschiedlichen Terminen – ausgesprochen werden, z.B. eine ordentliche Kündigung zum Monats- oder zum Quartalsende oder eine außerordentliche und ordentliche Kündigung (LAG Berlin v. 20.10.1984, NZA 1985, 297; LAG Bremen v. 13.2.1987, LAGE § 12 ArbGG 1979, Streitwert Nr. 62; LAG Düsseldorf v. 8.7.1985, LAGE, § 12 ArbGG 1979, Streitwert Nr. 39; LAG Hessen v. 27.10.1985 – 6 Ta 52/85, n.v.; LAG Köln v. 8.3.1989, LAGE § 12 ArbGG 1979, Streitwert Nr. 79; LAG München v. 15.9.1983, EzA § 12 ArbGG Nr. 24; LAG Rheinland-Pfalz v. 18.4.1986, LAGE, § 12 ArbGG 1979, Streitwert. Nr. 59; LAG Rheinland-Pfalz v. 4.5.2015 – 1 Ta 85/12; LAG Sachsen v. 19.6.2013 – 1 Ta 55/13; LAG Düsseldorf v. 16.6.2017 – 4 Ta 211/17; LAG Hessen v. 1.8.2014 – 1 Ta 139/14).

 

Rz. 102

Werden dagegen mehrere Kündigungen mit zeitlichen Abständen voneinander ausgesprochen, so sind nach der Rspr. der meisten LAG für die folgenden Kündigungen jeweils eigene Streitwerte anzusetzen, die der zeitlichen Differenz zwischen den Kündigungen – sog. Differenztheorie – entsprechen (LAG Düsseldorf v. 6.5.2008 – 6 Ta 136/08; LAG Baden-Württemberg v. 22.12.1983, AnwBl. 1985, 99; LAG Baden-Württemberg v. 15.10.1991, JurBüro 1992, 536; LAG Bremen v. 13.2.1987, LAGE § 12 ArbGG 1979, Streitwert Nr. 62; LAG Düsseldorf v. 8.7.1985, LAGE, § 12 ArbGG 1979, Streitwert Nr. 39; LAG Düsseldorf v. 20.2.1997, AnwBl. 1996, 296; LAG Sachsen-Anhalt v. 20.9.1995, LAGE, § 12 ArbGG 1979, Streitwert Nr. 104; LAG Hamm v. 24.5.1984, NZA 1984, 364 = AnwBl. 1985, 98; LAG Köln v. 8.3.1989, LAGE § 12 ArbGG 1979, Streitwert Nr. 79; LAG Nds. v. 3.1.1984, AnwBl. 1985, 99; LAG Baden-Württemberg v. 27.11.2014 – 5 Ta 168/14; LAG Düsseldorf v. 24.7.2017 – 4 Ta 31/17) – die bisherige Rechtsprechung zu einem "Mindestwert" von einem Bruttomonatsentgelt (etwa v. 7.11.2002 2 Ta 464/12) wird aufgegeben. Die Bewertung einer Kündigungsschutzklage gegen eine Folgekündigung richtet sich nach dem Entgelt für den Zeitraum zwischen den jeweiligen Beendigungszeitpunkten, begrenzt auf ein Vierteljahresentgelt.

 

Beispiel

Erste Kündigung am 31.12. zum 31.1. → drei Monatsverdienste für die Bestandsschutzklage und zweite Kündigung am 31.1. zum 28.2 ein weiterer Monatsverdienst für die zweite Kündigung

Dies wird durch den Streitwertkatalog in I. Nr. 21.3 bestätigt. Dort heißt es wie folgt:

Zitat

Für Folgekündigungen mit Veränderung des Beendigungszeitpunktes: Für jede Folgekündigung die Entgeltdifferenz zwischen den verschiedenen Beendigungszeitpunkten, maximal jedoch die Vergütung für ein Vierteljahr für jede Folgekündigung. Die erste Kündigung – bewertet nach den Grundsätzen der I. Nr. 19 – ist stets die mit dem frühesten Beendigungszeitpunkt, auch wenn sie später ausgesprochen und angegriffen wird.

Die Grundsätze des Absatz 1 gelten jeweils für die betreffende Instanz. Fallen Klagen gegen einzelne Kündigungen im Laufe des Verfahrens in einer Instanz weg, gelten die Grundsätze des ersten Absatzes ab diesem Zeitpunkt für die in dieser Instanz verbleibenden Kündigungen.“

 

Rz. 103

Bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen mehreren Kündigungen soll gleichwohl nur ¼ Jahresverdienst festgesetzt werden (LAG Nürnberg v. 7.2.1992, – 4 Ta 144/91). Liegen die Beendigungszeitpunkte 3 Monate oder länger auseinander, findet eine Anrechnung nicht statt (LAG Berlin v. 10.4.2001, NZA-RR 2001, 438).

 

Rz. 104

Die Rspr. zur Problematik der Streitwertbemessung bei mehreren Kündigungen ist – wie auch die nachstehenden Ausführungen zeigen – sehr unterschiedlich. Dies zeigt exemplarisch die Entscheidung des LAG München (v. 20.7.2000, NZA-RR 2000, 661). Das LAG München vertritt in dieser Entscheidung die Auffassung, dass in Bestandsstreitigkeiten die Wertgrenze des § 42 Abs. 2 GKG (ehemals 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG) von ¼ Jahresverdienst auch dann die Obergrenze bilden soll, wenn in einem Rechtsstreit mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Kündigungen angegriffen werden. Im dort entschiedenen Fall wurden eine ordentliche Kündigung am 17.9. des Jahres und eine fristlose Kündigung am 28...

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