Rz. 45

Das Kausalitätserfordernis entfällt, wenn der Versicherungsnehmer "die Obliegenheit arglistig verletzt hat" (§ 28 Abs. 3 S. 2 VVG). Vorsatz bedeutet im Versicherungsrecht dolus directus und dolus eventualis. Arglist liegt nur dann vor, wenn der Versicherungsnehmer mit direktem Vorsatz handelt.

 

Rz. 46

Nicht jede vorsätzlich falsche Angabe bedeutet eine Arglist des Versicherungsnehmers. Der Versicherungsnehmer muss vielmehr einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgen. Arglistig handelt der Versicherungsnehmer nur dann, wenn er in der Absicht handelt, das Regulierungsverhalten des Versicherers zu beeinflussen.[27]

 

Rz. 47

Es ist nicht erforderlich, dass ein rechtswidriger Vermögensvorteil angestrebt wird.[28] Arglist liegt daher auch und vor allem dann vor, wenn der Versicherungsnehmer einen gefälschten Schadenbeleg beibringt,[29] selbst wenn dieser Beleg den tatsächlichen Wert des zu ersetzenden Gegenstandes wiedergibt.[30]

Ebenso ist von Arglist auszugehen, wenn der Versicherungsnehmer einen nachträglich gefertigten – rückdatierten – Kaufvertrag vorlegt.[31]

 

Rz. 48

Der Versicherer muss Arglist beweisen.[32] Objektiv falsche Angaben sind jedoch ein Indiz für ein vorsätzliches und arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers; dieser muss daher gegebenenfalls die gegen ihn sprechende Vermutung entkräften.[33]

Bei Arglist besteht auch keine Nachfrageobliegenheit des Versicherers.[34]

Nach Leistungsablehnung durch den Versicherer endet die Sanktion der Leistungsfreiheit wegen schuldhafter Verletzung der Aufklärungsobliegenheit. Die Sanktion der Leistungsfreiheit beruht auf dem Schutzbedürfnis des verhandlungsbereiten Versicherers, der bei seiner Entscheidungsfindung in besonderem Maße auf wahrheitsgemäße Angaben des redlichen Versicherungsnehmers angewiesen ist. Dem Versicherer ist eine besondere Schutzwürdigkeit nicht mehr zuzubilligen, deren Missachtung die Verwirkung des gesamten Leistungsanspruchs nach sich ziehen würde. Dies gilt selbst bei einer vollendeten oder versuchten arglistigen Täuschung.[35]

[27] BGH IV ZR 62/07, VersR 2009, 968; OLG Koblenz 10 U 400/97, zfs 2003, 550; KG 6 U 26/02, VersR 2005, 351.
[29] OLG Köln 9 U 102/05, r+s 2006, 421.
[30] OLG München 26 U 6721/89, VersR 1992, 181.
[31] OLG Hamm 20 W 172/08, MDR 2007, 1135.
[34] BGH IV ZR 26/04, r+s 2008, 234; BGH IV ZR 170/04, r+s 2008, 234.

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