Rz. 30

Der Verfahrensbeistand[75] wird durch seine Bestellung als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen, § 158 Abs. 3 S. 2 FamFG. Die Beteiligtenstellung besteht automatisch auch im Rechtsmittelzug fort (siehe auch Rdn 39).[76]

In § 158 Abs. 4 FamFG werden erstmals die Aufgaben des Verfahrensbeistandes näher präzisiert. Es obliegt ihm danach,

die Interessen des Kindes festzustellen,
sie im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen[77] und
das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Verfahrensausgang in geeigneter Weise zu informieren.[78]
 

Rz. 31

Seine Tätigkeit orientiert sich dabei am Kindeswohl, das nicht zwingend mit dem subjektiven Interesse des Kindes identisch sein muss. Hält der Verfahrensbeistand die bisherigen Ermittlungen für unvollständig, so kann er auf weitere Ermittlungen hinwirken.[79] Zudem wird dem Verfahrensbeistand in § 158 Abs. 4 S. 3 FamFG nunmehr gesetzlich die Möglichkeit eröffnet, zur Erfüllung seiner Aufgaben mit den Eltern oder sonstigen Bezugspersonen des Kindes Gespräche zu führen sowie an einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken,[80] wenn das Gericht dies im Einzelfall für erforderlich hält und daher anordnet. Diese gesetzlich verankerten Befugnisse entsprechen den bereits zuvor in der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben.[81] Nicht erfasst werden allerdings Streit schlichtende oder mediative Aufgaben.[82] Auch ist es nicht verfahrensrechtliche Aufgabe des Verfahrensbeistandes, den Willen der Eltern zu ermitteln und in das Verfahren einzuführen.[83] Wenn also das Gericht aufgrund der Tatsachenfeststellungen in einer Stellungnahme der Verfahrenspflegerin Anlass hat, an bestimmten Absichten eines Elternteils zu zweifeln, muss es den diesbezüglichen Sachverhalt eigenständig aufklären. Hierzu gehört insbesondere, in der Anhörung – beispielsweise im Wege eines Vorhalts – dem betroffenen Elternteil Gelegenheit zu geben, zu seinen vom Verfahrensbeistand wiedergegebenen Aussagen Stellung zu nehmen.[84] Der Verfahrensbeistand hat den Willen dazu, ob einzelne Informationen an das Gericht weitergegeben werden, zu berücksichtigen.[85] Allerdings wird er wesentliche Kenntnisse nicht zurückhalten können. Dies gilt insbesondere bei Umständen, die den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung nahelegen.[86] Deswegen ist es wichtig, dass der Verfahrensbeistand dem Kind zu Beginn seiner Tätigkeit auch erklärt, dass er dessen Äußerungen dem Gericht mitteilen wird.

 

Rz. 32

Das Gericht hat durch entsprechende Verfahrensgestaltung sicherzustellen, dass der Verfahrensbeistand die Interessen des Kindes sinnvoll wahrnehmen kann; sie muss daher so frühzeitig erfolgen, dass er noch auf das Verfahren Einfluss und zu den die Interessen und den Willen des Kindes betreffenden Tatsachen und den diesbezüglichen Ermittlungen des Familiengerichts umfassend Stellung nehmen kann.[87] Davon kann allerdings nicht ausgegangen werden, wenn ein ursprünglich bestellter und bereits längerfristig tätiger Verfahrensbeistand unmittelbar vor Verfahrensabschluss entpflichtet und durch einen neuen Verfahrensbeistand ersetzt wird, dem nur ein kurzer Zeitrahmen für die Einarbeitung verbleibt.[88] Der Verfahrensbeistand muss sich in die Akten einlesen können und die Gelegenheit haben, vor seiner Stellungnahme mit dem Kind unter gesprächstauglichen Umständen näher zu unterhalten.[89] Daher muss ihm regelmäßig die Möglichkeit eröffnet werden, mit dem Kind in dessen häuslicher Umgebung zu sprechen.[90]

 

Rz. 33

In dem Verfahren, für das der Verfahrensbeistand bestellt ist, ist er vor Abwehr- oder Entschädigungsansprüchen anderer Beteiligter wegen seiner Äußerungen besonders geschützt;[91] Der Verfahrensbeistand ist aus § 158 Abs. 4 FamFG i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG außerhalb des Verfahrens, in dem er bestellt ist, zur Verschwiegenheit verpflichtet.[92] Ihm steht deswegen auch in anderen Verfahren das Zeugnisverweigerungsrecht aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu.[93]

 

Rz. 34

Die dem nicht berufsmäßigen Verfahrensbeistand zu vergütende Tätigkeit (zum berufsmäßigen Verfahrensbeistand siehe Rdn 49) erstreckt sich daher in der Regel auf[94]

angemessenes Aktenstudium,
Gespräche mit dem Kind,
Vorbereitung und Teilnahme am Gerichtstermin,
Auswertung eines Gutachtens,
Anfertigung eines Berichts,
jedenfalls im Falle der zusätzlichen Beauftragung nach § 158 Abs. 4 S. 3 FamFG auch auf Gespräche mit den Eltern, dem Kindergartenpersonal, Lehrern, sonstigen Bezugspersonen, dem Jugendamt oder dem Sachverständigen.[95]
 

Rz. 35

Die Übertragung des erweiterten Aufgabenkreises nach § 158 Abs. 4 S. 3 FamFG auf den berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistand dient vorrangig der Klärung, dass er Anspruch auf die erhöhte Pauschalvergütung hat. Weder bedarf es einer abschließenden gerichtlichen Festlegung, mit welchen konkreten Bezugspersonen der Verfahrensbeistand Gespräche führen soll, noch ist der Verfahrensbeistand im Rahmen seiner eigenständigen Ermittlung der Kindesinteressen auf Gespräche mit in dem Bestellungsbes...

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