Rz. 26

§ 158 Abs. 1 FamFG gibt dem Richter auf, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen. Es muss sich daher um eine Person handeln, die fachlich und persönlich geeignet ist, die Interessen des Kindes festzustellen und sie sachgerecht in das Verfahren einzubringen.[63] Die Auswahl steht letztlich im Ermessen des Gerichts (zur Frage der Anfechtbarkeit und der Rüge der Befangenheit des Verfahrensbeistandes siehe Rdn 41).[64] Den Verfahrensbeteiligten ist es freilich unbenommen, Vorschläge zu machen. Regt ein Beteiligter die Bestellung eines bestimmen Verfahrensbeistandes an, so sollte er dies begründen, zumal sich die Auswahl allein an den Interessen des Kindes auszurichten und Eigeninteressen des Vorschlagenden außer Betracht zu bleiben haben. Daher sollte die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der vorgeschlagenen Person näher dargelegt werden, wenn sie einzelnen Verfahrensbeteiligten nahe steht. Die Bestellung eines Rechtsanwalts wird zu favorisieren sein, wenn es auf besondere Rechtskenntnisse oder forensische Kenntnisse ankommt. Alternativ kommen aber auch die Berufsgruppen der Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Psychologen in Betracht. Gerade die Bestellung eines Psychologen erscheint sinnvoll, wenn und weil dadurch gelegentlich die Einholung eines Sachverständigengutachtens entbehrlich werden kann,[65] was den Beteiligten Zeit, Geld und Nerven sparen kann (siehe § 1 Rdn 397).[66] Eine ergänzende Fortbildung in den Bereichen, in denen der Verfahrensbeistand nicht schon durch seine berufliche Ausbildung qualifiziert ist, ist wünschenswert.[67]

Wer als Verfahrensbeistand eines Kindes nach § 158 FamFG bestellt worden ist, darf in seinem Briefkopf die Bezeichnung "Kinder- und Jugendanwalt" verwenden, auch wenn er kein zugelassener Rechtsanwalt ist.[68]

 

Rz. 27

Liegt bei mehreren betroffenen Kindern untereinander erkennbar ein erheblicher Interessengegensatz vor, so kann dies dafür sprechen, jedem Kind einen gesonderten Verfahrensbeistand zu bestellen,[69] zumal dadurch richtiger Auffassung zufolge Mehrkosten nicht anfallen, da die Pauschale für jedes Kind gesondert entsteht und auch die Fahrtkosten abdeckt (siehe dazu Rdn 49). Ist hingegen ein solcher Interessengegensatz nicht ersichtlich, wird es regelmäßig bei der Bestellung desselben Verfahrensbeistandes für alle Kinder bewenden.[70]

 

Rz. 28

Im Einzelfall kommt aber auch die Heranziehung von Laien in Betracht, etwa Verwandte des Kindes.[71] Für ihre Bestellung spricht, dass sie das Vertrauen des Kindes besitzen. Dagegen ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass sie für einen Elternteil Partei ergreifen.

 

Rz. 29

Die Bestellung des Jugendamts[72] kommt schon aufgrund des Rollenkonfliktes[73] nicht in Frage. Das Jugendamt hat die gesamte Familie zu beraten und zu unterstützen, kann also nicht die Funktion des Verfahrensbeistands wahrnehmen, einseitig für das Kind Partei zu ergreifen.[74]

[63] BT-Drucks 16/6308, S. 238.
[64] BVerfG FamRZ 2000, 1280; Ballof, FPR 1999, 221.
[65] So inzident auch BVerfG FamRZ 2009, 1897, wenn der Verfahrensbeistand psychologische Sachkunde hat.
[66] Kemper/Schreiber/Völker/Clausius/Wagner, § 158 Rn 5.
[67] Vgl. auch Ergebnis 7 des Arbeitskreises 23 des 21. Deutschen Familiengerichtstages; vgl. Dahm, ZKJ 2016, 212 zum Ergebnis der Befragung von Verfahrensbeiständen zu den Qualifikationsbedarfen.
[68] OLG Düsseldorf FamRZ 2015, 694.
[69] OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 1740; AG Holzminden FamRZ 2010, 322.
[71] KG FamRZ 2000, 1300; BT-Drucks 13/4899, S. 130.
[72] OLG Köln FamRZ 2001, 845; OLG Naumburg FamRZ 2000, 300.
[73] OLG Naumburg FamRZ 2000, 300; Fricke, ZfJ 1999, 51.
[74] Siehe dazu auch BVerfG FamRZ 2006, 1261; Anm. Schulz in FamRBint 2007, 8; Anm. Menne, ZKJ 2007, 111; zweifelnd auch OLG Hamm FamRZ 2014, 600.

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