Rz. 41

Die Bestellung eines Verfahrensbeistandes, deren Ablehnung oder Aufhebung sind lediglich das Verfahren fördernde Zwischenentscheidungen und als solche nicht selbstständig anfechtbar.[113] Diese zu § 50 FGG streitige Frage hat der Gesetzgeber in § 158 Abs. 3 S. 4 FamFG geklärt. Auch wenn die Bestellung durch einen Rechtspfleger erfolgt ist, findet die Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2 RPflG nicht statt.[114] Selbst wenn die Verfahrensbeistandsbestellung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von § 158 FamFG gedeckt sein kann, greift der Anfechtungsausschluss des § 158 Abs. 3 S. 4 FamFG ein, so etwa, wenn ein Verfahrensbeistand in einer rein vermögensrechtlichen Angelegenheit des Kindes bestellt wird.[115] Hier hilft allerdings der Antrag auf Niederschlagung der für den Verfahrensbeistand angefallenen Kosten nach § 20 FamGKG.[116] Auch eine Ablehnung des Verfahrensbeistandes wegen Befangenheit kommt nicht in Betracht, da dies gesetzlich nicht vorgesehen ist.[117]

Unterbleibt allerdings die Bestellung und wird hierfür in der Endentscheidung keine Begründung angegeben oder ist diese unzureichend, so kann die unterbliebene Verfahrenspflegerbestellung im Rahmen der Beschwerde gegen die Endentscheidung angegriffen werden (siehe § 58 Abs. 2 FamFG). Ergibt die Prüfung des Rechtsmittelgerichts, dass verfahrensfehlerhaft ein Verfahrensbeistand nicht hinzugezogen worden und das Kind demnach nicht ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt worden ist, so ist diesem gegenüber auch keine Entscheidung in der Sache getroffen worden. Die erstinstanzliche Entscheidung kann daher auch ohne Antrag aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werden kann (§ 69 Abs. 1 S. 2 FamFG).[118] Inwieweit – darüber hinausgehend – die Bestellung eines Verfahrensbeistandes mit der Endentscheidung angegriffen werden kann, da es sich um einen nicht unerheblichen Eingriff in die Personensorge handelt, ist in der Rechtsprechung äußerst umstritten.[119] Aufgrund der umfassenden grundrechtlichen Zuweisung der Vertretung des Kindes an seine Eltern (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG) ist die (Inzident-)Anfechtung zuzulassen. Dem steht nicht entgegen, dass der Verfahrensbeistand nach § 158 Abs. 4 S. 6 FamFG nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes ist; denn die den Eltern zustehende Personensorge umfasst auch die tatsächliche Sorge, zu der auch die Weitergabe des Willens des Kindes an Dritte gehört. Beschwerdeberechtigt gegen die Entscheidung zur Bestellung eines Verfahrensbeistandes ist der Sorgerechtsinhaber, d.h. entweder der allein Sorgeberechtigte oder gegebenenfalls beide Elternteile bei bestehender gemeinsamer Sorge. Auch die mangelnde persönliche oder fachliche Eignung eines Verfahrensbeistandes – hierzu kann auch seine Befangenheit gehören[120] – kann hierbei zur Prüfung des Beschwerdegerichts gestellt werden.[121] Gegen die Ablehnung der Bestellung können – mit der Angriffsrichtung des Aufklärungsmangels (§ 26 FamFG) – alle Beteiligten vorgehen.

 

Rz. 42

Wurde dem Kind ein Verfahrensbeistand bestellt, so hat dieser nach § 158 Abs. 4 S. 5 FamFG ein im Interesse des Kindes auszuübendes Recht zur Einlegung eines Rechtsmittels gegen die gerichtlichen Entscheidungen. Diese Rechtsmittelbefugnis dürfte auch die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde umfassen.[122] Bis zur Klärung dieser Frage durch das BVerfG sollte der Verfahrensbeistand aber zeitgleich mit der Einlegung der Verfassungsbeschwerde für das Kind beim Familiengericht beantragen, dem Kind einen Ergänzungspfleger für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu bestellen, und diesen Antrag abschriftlich dem BVerfG mitteilen.

[113] BGH FamRZ 2011, 1788; OLG Schleswig SchlHA 2014, 329; BT-Drucks 16/6308, S. 239.
[114] OLG Stuttgart FamRB 2016, 233 [die Rechtsbeschwerde hiergegen ist unter XII ZA 22/16 beim BGH anhängig].
[115] A.A. OLG Hamm FamRZ 2014, 600.
[116] OLG Schleswig SchlHA 2014, 329; OLG Frankfurt FamRZ 2013, 1331.
[117] OLG Stuttgart FamRB 2016, 233; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 6.7.2016 – 6 UF 50/16 (n.v.).
[118] OLG Rostock FamRZ 2014, 2020.
[119] Bejahend OLG München RPfl 2012, 205; OLG Frankfurt FamRZ 2013, 1331; KG FamRZ 2003, 392; KG ZKJ 2014, 285; OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 1296; a.A. OLG Brandenburg FamRZ 2003, 323; OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 170.
[120] OLG Saarbrücken, Beschl. v. 6.7.2016 – 6 UF 50/16 (n.v.).
[121] Dazu eingehend – im Ergebnis die Eignung bejahend – KG ZKJ 2014, 285.
[122] So BVerfG FamRZ 2013, 1279 zum Verfahrenspfleger nach § 276 Abs. 1 FamFG; für den Verfahrensbeistand nach § 158 FamFG indes ausdrücklich offen lassend BVerfG, Beschl. v. 24.3.2016 – 1 BvR 575/16 (n.v.).

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