Rz. 1
Zum 1.7.1998 hatte der Gesetzgeber mit dem KindRG in § 50 FGG für die Sorge- und Umgangsrechtsverfahren die Möglichkeit der Bestellung eines sog. Verfahrenspflegers eingeführt.[1] Dieses teilweise auch als "Anwalt des Kindes" bezeichnete verfahrensrechtliche Institut entsprach dem Beteiligungsgebot des Art. 12 Abs. 3 UN-Kinderrechtekonvention.[2] Zielrichtung war und ist es, dem Kind in Verfahren einen eigenen Interessenvertreter zur Seite zu stellen. Dies steht mit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung in Einklang, der zufolge der Grundrechtsschutz von Kindern eine Verfahrensgestaltung fordert, die eine eigenständige Wahrnehmung der Rechte und Belange des Kindes sicherstellt.[3] Zwar obliegt diese Aufgabe grundsätzlich den sorgeberechtigten Eltern des Kindes. Dennoch sind Situationen denkbar, in denen zwischen Eltern- und Kindesinteressen Widersprüche bestehen. Gerade in diesen Fällen muss das Kind die Möglichkeit haben, seine eigenen Interessen unabhängig von seinen Eltern im Verfahren geltend zu machen. Nur dies wird der Subjektstellung des Kindes in seiner Individualität als Grundrechtsträger gerecht.[4] Die Verfahrenspflegschaft trägt auch dem Umstand Rechnung, dass Kinder getrennt voneinander lebender Eltern sich oftmals in einer verunsicherten psychischen Situation befinden und ein Verfahrenspfleger das Kind durch die Vertretung seiner Interessen gegenüber dem Familiengericht entlasten kann.[5]
Rz. 2
Seit 1998 ist die Zahl der Verfahrenspflegerbestellungen kontinuierlich angestiegen. Ihre Tätigkeit wurden von allen Verfahrensbeteiligten positiv bewertet[6] und als Mittel zur Förderung kindeswohlspezifischer Belange erkannt.[7]
Rz. 3
Der bis zum 31.8.2009 geltende § 50 FGG wurde mit Inkrafttreten des FGG-RG zum 1.9.2009 durch § 158 FamFG abgelöst. Der Verfahrenspfleger heißt seitdem Verfahrensbeistand.[8] Diese Umbenennung ist zu begrüßen, weil mit dem Begriff Pflegschaft ansonsten ein besonderer gesetzlicher Vertreter des Kindes bezeichnet wird (§ 1909 BGB) und der Verfahrenspfleger bzw. -beistand gerade kein gesetzlicher Vertreter des Kindes war bzw. ist (siehe jetzt ausdrücklich § 158 Abs. 4 S. 6 FamFG).[9] Die Terminologie hatte zudem bis in die höchstrichterliche Rechtsprechung hinein missverständliche Ausführungen zur Folge (dazu näher siehe § 2 Rdn 11).[10] Allerdings hat der Gesetzgeber die Bezeichnung "Verfahrenspfleger" in Betreuungs- und Unterbringungssachen beibehalten (§§ 276, 317 FamFG), auch um die besondere, ausschließlich verfahrensrechtliche Stellung des Verfahrensbeistandes in Kindschaftssachen (§ 151 FamFG) zu verdeutlichen.[11] Dementsprechend hat der Gesetzgeber in Unterbringungssachen, die minderjährige Kinder betreffen, ausdrücklich den Begriff Verfahrensbeistand an die Stelle der Bezeichnung Verfahrenspfleger gesetzt (§ 167 Abs. 1 S. 2 FamFG).[12]
Rz. 4
§ 158 Abs. 1 FamFG hat die bloße Kann-Bestimmung des § 50 Abs. 1 FGG korrigiert und mit Abs. 2 die bereits in § 50 Abs. 2 FGG enthaltenen Regelbeispiele erweitert, bei deren Vorliegen die Bestellung eines Verfahrensbeistands in der Regel erforderlich ist. Hierfür war sicherlich auch die Rechtsprechung des BVerfG Anlass, die in den beiden neu hinzugekommenen Konstellationen (beabsichtigter Obhutswechsel und in Betracht kommender Ausschluss des Umgangs oder dessen wesentliche Beschränkung) mehrfach im Rahmen von Hinweisen zum weiteren Verfahren angedeutet hat, dass die Verfahrenspflegerbestellung zu erwägen sein werde.[13]
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