Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterliche Sorge: Notwendiger Umfang der vom Gericht durchzuführenden Amtsermittlungen bei Übertragung der Alleinsorge getrennt lebender Eltern

 

Leitsatz (amtlich)

Zu Notwendigkeit und Umfang der vom Gericht von Amts wegen durchzuführenden Ermittlungen bei Sorgerechtsentscheidungen (hier: Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge).

 

Normenkette

BGB § 1671 Abs. 1; FamFG §§ 26, 158

 

Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Beschluss vom 28.01.2010; Aktenzeichen 41 F 454/09 SO)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Saarbrücken 28.1.2010 - 41 F 454/09 SO - samt des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten im Beschwerdeverfahren - an das Familiengericht zurückverwiesen.

2. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

 

Gründe

I. Das betroffene Kind ist aus der Ehe der Beteiligten zu 1. und 2., die getrennt leben, hervorgegangen. Das Scheidungsverfahren ist bei dem AG - Familiengericht - Saarbrücken anhängig. Seit der Trennung der Kindeseltern lebt das Kind im Haushalt der Kindesmutter und wird von dieser betreut.

Mit am 25.11.2009 auf der Rechtsantragstelle des AG Saarbrücken formuliertem Antrag erstrebte die Kindesmutter die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für das betroffene Kind auf sich allein. Sie hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass dies dem Kindeswohl entspreche, weil N. ihren Vater nicht sehen wolle. Dieser übe auf N. wegen der Trennung der Eltern psychischen Druck aus mit der Folge, dass sich das Kind in psychologische Behandlung habe begeben müssen. Seitdem kein Kontakt mehr zum Vater bestehe, ginge es N. besser, die psychologische Behandlung werde nicht mehr benötigt. Auch seien bei N. noch während des ehelichen Zusammenlebens aufgetretene Beschwerden (Kopf- und Bauchschmerzen) mit dem Auszug des Kindesvaters schlagartig verschwunden, stellten sich indes mit den Besuchen regelmäßig wieder ein. Sie wolle für N. allein handlungsfähig sein und nicht auf die Zustimmung des Kindesvaters, der hiermit Druck auf sie ausübe und zudem weit entfernt wohnhaft sei, angewiesen sein.

Der Antragsgegner ist dem vollumfänglich entgegen getreten. Er hat darauf verwiesen, damit einverstanden zu sein, dass N. bei der Kindesmutter lebe, so dass es einer Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht bedürfe. Er sei jederzeit zur Mitwirkung in das Kind betreffende Angelegenheiten bereit. Es sei die Kindesmutter, die jeglichen Kontakt des Kindes zu ihm ablehne. Die sich in der Ausübung des Umgangs eingestellten Probleme seien auf die Kindesmutter zurückzuführen.

Das Jugendamt der Stadt D. hat mit Bericht vom 28.12.2009 Stellung genommen (Bl. 22 ff. d.A.).

Das Familiengericht hat, nachdem es im Termin vom 11.1.2010 das betroffene Kind (in Abwesenheit der übrigen Beteiligten), die Kindeseltern und die Vertreterin des beteiligten Jugendamtes gehört hat (Bl. 25 ff. d.A.), mit dem angefochtenen Beschluss vom 28.1.2010, auf den Bezug genommen wird (Bl. 29 ff. d.A.), der Kindesmutter gemäß ihrem (nicht für den Fall der Scheidung gestellten und auch nicht in den Scheidungsverbund einbezogenen) Antrag die alleinige elterliche Sorge übertragen und seine auf § 1671 Abs. 2 Ziff. 2 BGB gestützte Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass nach der mündlichen Verhandlung vom 11.1.2010 feststehe, dass die Eltern derart miteinander zerstritten seien, dass eine Konsens- und Kommunikationsfähigkeit als Basis für das Fortbestehen einer gemeinsamen elterlichen Sorge nicht bestehe. Gespräche und Verständigungsmöglichkeiten über die Belange des Kindes seien derzeit nicht möglich.

Gegen den ihm am 1.2.2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 26.2.2010 beim Familiengericht eingegangene Beschwerde des Kindesvaters (Bl. 54 ff. d.A.), der unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens u.a. - wie im Einzelnen ausgeführt - eine fehlerhafte und unzureichende Sachaufklärung und Verfahrensleitung durch das Familiengericht rügt. Er erstrebt eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahingehend, dass es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge bleibt und trägt darauf an, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen.

Die Kindesmutter verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Das beteiligte Jugendamt, das Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hat, hat sich nicht geäußert.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat einen - vorläufigen - Erfolg.

In der Sache führt die Beschwerde des Kindesvaters unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des ihm zugrunde liegenden Verfahr...

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