Leitsatz (amtlich)

Die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge setzt eine tragfähige soziale Beziehung sowie die Fähigkeit zur Kommunikation und Konsensfindung voraus (verneint: wiederholte gewalttätige Übergriffe seitens des Kindesvaters, mehrere Gewaltschutzverfahren, Strafverfahren).

 

Normenkette

BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Völklingen (Beschluss vom 13.07.2011; Aktenzeichen 8 F 160/11 SO)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Völklingen vom 13.7.2011 - 8 F 160/11 SO - wird zurückgewiesen.

2. Der Kindesvater trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Beschwerdewert: 3.000 EUR.

4. Der Antrag des Kindesvaters auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

5. Der Kindesmutter wird für das Beschwerdeverfahren mit Wirkung vom 27.10.2011 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin, beigeordnet.

 

Gründe

I. Die verfahrensbetroffenen Kinder sind aus der durch Urteil des AG - Familiengericht - Völklingen vom 23.11.2010 - 8 F 551/09 S - geschiedenen Ehe der weiteren Beteiligten zu 1. und 2., die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, hervorgegangen. Seit der Trennung der Kindeseltern leben die Kinder im Haushalt der Kindesmutter und werden von dieser betreut und versorgt. Gemäß einer Vereinbarung der Kindeseltern, die die elterliche Sorge bisher gemeinsam ausübten, ist dem Kindesvater ein 14-tägiges Umgangsrecht in der Zeit von samstags 12.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr eingeräumt. Im Jahr 2008 wurden von der Kindesmutter gegen den Kindesvater zwei Gewaltschutzverfahren (8 F 244/08 und 8 F 443/08 AG - Familiengericht - Völklingen) wegen gewalttätiger Übergriffe eingeleitet, die jeweils durch Vergleich beendet wurden. In einem weiteren im März 2011 von der Kindesmutter eingeleiteten Gewaltschutzverfahren ergingen gegen den Kindesvater durch Beschluss des AG - Familiengericht - Völklingen vom 16.3.2011 bis zum 16.9.2011 befristete Anordnungen (8 F 120/11 EAGS); u.a. ist dem Kindesvater untersagt worden ist, die Wohnung der Antragstellerin zu betreten, sich ihrer Wohnung auf weniger als 50 Meter zu nähern, Verbindung, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, mit ihr aufzunehmen und ein Zusammentreffen herbeizuführen.

Mit ihrem am 4.4.2011 eingegangen Antrag hat die Kindesmutter auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für die betroffenen Kinder angetragen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kindesvater seit 6 bis 7 Monaten von seinem Umgangsrecht keinen Gebrauch mache und sich nicht um die Kinder kümmere, und dass es ihr wegen des aggressiven Verhaltens des Kindesvaters nicht mehr zumutbar sei, sich wegen der Belange der Kinder mit diesem ins Einvernehmen zu setzen.

Der Kindesvater ist dem entgegen getreten und hat darauf verwiesen, dass die Umgangskontakte berufsbedingt zunächst unter der Woche stattgefunden hätten, ab Februar jedoch eine Kontaktaufnahme nicht mehr möglich gewesen sei, und dass sich die Kindeseltern im Mai darauf verständigt hätten, wegen der Kindesbelange miteinander zu kommunizieren.

Das Familiengericht hat nach Anhörung der Kindeseltern, der betroffenen Kinder und der Vertreterin des Jugendamtes in der mündlichen Verhandlung vom 28.6.2011 mit Beschluss vom 13.7.2011, auf den Bezug genommen wird (Bl. 31 ff.), die elterliche Sorge für die Kinder auf die Kindesmutter allein übertragen und seine an § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgerichtete Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass eine Konsens- und Kommunikationsfähigkeit bzw. die hierfür notwendige tragfähige soziale Beziehung der Kindeseltern, wie dies auch die Gewaltschutzverfahren belegten, nicht mehr gegeben sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Kindesvaters, der rügt, dass das Familiengericht verfahrensfehlerhaft den Sachverhalt nur ungenügend aufgeklärt und es unterlassen habe, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Aus den Gewaltschutzverfahren könne nichts hergeleitet werden, zumal sich die Kindeseltern immer durch Vergleich geeinigt hätten; gegen die einstweilige Anordnung vom 16.3.2011 habe er auf Rechtsmittel verzichtet, um die Angelegenheit nicht hochzuspielen. Allein der Umstand, dass die Kindesmutter, die ohnehin in Dingen des täglichen Lebens die Alleinentscheidungsbefugnis habe, eine Kommunikation mit ihm ablehne, rechtfertige nicht die Übertragung der Alleinsorge auf diese. Überdies finde tatsächlich wieder eine Kommunikation statt.

Die Kindesmutter verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Das Jugendamt hat mit Schreiben vom 28.9.2011 Stellung genommen und u.a. das zerrüttete Verhältnis der Kindeseltern thematisiert (Bl. 58).

Die Verfahrensakten 8 F 188/05, 8 F 244/08 GS, 8 F 443/08 GS und 8 F 120/11 EAGS des AG - Familiengericht - Völklingen haben dem Senat vorgelegen.

II. Die gem. §§ 58, 63 Abs. 1, 64, 65 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Zu Recht hat das Familiengericht bei seiner, wie ...

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