Rz. 1

Die X GmbH ist bereits Mehrheitsgesellschafterin der Y GmbH (sog. faktisches Konzernverhältnis). In der Y GmbH, der Untergesellschaft, sind allerdings auch noch – in geringem Umfang – sog. außenstehende Gesellschafter beteiligt, also solche Gesellschafter, die nicht auch an der Obergesellschaft, der X GmbH, beteiligt sind und deshalb keine gleich gelagerten wirtschaftlichen Interessen haben. In den Gesellschafterversammlungen der Y GmbH hat es deshalb wiederholt streitige Abstimmungen gegeben. Die sog. außenstehenden Gesellschafter der Y GmbH (Minderheitsgesellschafter) werfen der X GmbH als Hauptgesellschafterin Verstöße gegen die Gesellschaftertreuepflichten und Schädigung der Y GmbH vor. Um zu vermeiden, dass in Zukunft Beschlussfassungen in der Y GmbH durch Anfechtungsklagen der Minderheitsgesellschafter analog §§ 243 ff. AktG erschwert oder behindert werden, beabsichtigt die X GmbH als Mehrheitsgesellschafterin bzw. beabsichtigen deren Gesellschafter, durch einen sog. Organschaftsvertrag (Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag) die Y GmbH der X GmbH umfassend zu unterstellen. Das Weisungsrecht der herrschenden Gesellschaft (Obergesellschaft, auch "Organträger" genannt) überlagert dann das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung der Untergesellschaft (auch "Organgesellschaft" genannt). Mildere Formen einer solchen vertraglichen Verbindung wären etwa ein Teilgewinnabführungsvertrag[1] oder der Abschluss eines (atypisch) stillen Gesellschaftsvertrages ("GmbH & Still").[2]

[1] BGH v. 16.7.2019 – II ZR 175/18, NZG 2019, 1149; Priester, NZG 2020, 1; Lieder/Wernert, NZG 2020, 361; Teilgewinnabführungsverträge mit einer GmbH als abführungspflichtiger Gesellschaft unterliegen danach keinen besonderen Wirksamkeitsanforderungen, wenn sie keine satzungsüberlagernde Wirkung haben. Ob dies auch dann gilt, wenn ein Großteil oder zumindest überwiegender Anteil der Gewinne abzuführen ist, hat der BGH offengelassen.
[2] Muster einer GmbH & atypisch Still in: Arens/Tepper, Praxisformularbuch Gesellschaftsrecht, § 12 Rn 144 ff.; zur Eintragungspflicht einer AG & Still im Handelsregister siehe BGH DStR 2006, 1292; zur Eintragung einer GmbH & Still im Handelsregister siehe KG DStR 2014, 1183; Schmidt, NZG 2014, 881; BayObLG DStR 2003, 1218 m. Anm. Wälzholz.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge