Rz. 244

In der Praxis stellt sich die Frage, ob eine nur vorübergehende Einigung über das Umgangsrecht oder aber auch die Regelung nur von Zwischenstreitigkeiten die Einigungsgebühr auslösen kann.

 

Rz. 245

Noch recht streng hinsichtlich des Anfalls einer Einigungsgebühr bei Abschluss eines "Zwischenvergleichs" hat das OLG Köln[176] 2008 entschieden:

Zitat

"In einem Verfahren über das Umgangsrecht kann ein "Zwischenvergleich" der Kindeseltern die Ansetzung einer Einigungsgebühr allenfalls dann rechtfertigen, wenn die Kindeseltern diese Zwischenregelung zur beständigen Grundlage für weitere zukünftige Umgangskontakte gemacht haben und – aktenkundig – aus diesem Grund das Verfahren ohne eine abschließende Entscheidung des Familiengerichts geendet hat."

Inzwischen wird aber ganz überwiegend auch bei sogenannten Zwischeneinigungen die Einigungsgebühr bejaht.

Zitat

"In Umgangsstreitigkeiten entsteht eine Einigungsgebühr gem. Nr. 1003 Anm. II VV-RVG bereits dann, wenn die Vereinbarung Regelungen zum Umgang enthält, sich also nicht in einer prozessualen Zwischenlösung erschöpft, und familiengerichtlich gebilligt wird. Unerheblich ist, ob die Vereinbarung das gesamte Gerichtsverfahren erledigt oder ob durch sie eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird."[177] (amtlicher Leitsatz)

Zitat

"Die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG entsteht aus dem reduzierten Verfahrenswert nach §§ 41, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG auch für eine Zwischenvereinbarung in einer Umgangssache, wenn dadurch ein einstweiliges Anordnungsverfahren vermieden wird; Nr. 1003 Abs. 2 VV-RVG beschreibt nur den Sonderfall des Entstehens einer Einigungsgebühr in Sorgerechtssachen – das Entstehen einer Einigungsgebühr in Umgangssachen ist dadurch nicht ausgeschlossen."[178]

Der Zwischenvergleich in einer Umgangssache löst, sobald eine Teilregelung gefunden wird, eine Einigungsgebühr aus.“[179]

 

Rz. 246

Zu beachten ist, dass zwar mehrere Einigungsgebühren entstehen können. Gemäß § 15 Abs. 2 RVG können die Gebühren in derselben Angelegenheit aber nur einmal gefordert werden. Mehrere Zwischenvereinbarungen führen daher nicht dazu, dass mehrere Einigungsgebühren entstehen, es sei denn, es liegen mehr als zwei Kalenderjahre zwischen den jeweiligen anwaltlichen Tätigkeiten, § 15 Abs. 5 RVG.

 

Rz. 247

Eine Teileinigung, die einen Teil der Ansprüche endgültig erledigt, löst dagegen aus dem Teil-Wert die Einigungsgebühr aus.[180]

 

Rz. 248

Muster 4.32: Isoliertes Umgangsrechtsverfahren – Termin – Entscheidung durch Beschluss – keine Einigung

 

Muster 4.32: Isoliertes Umgangsrechtsverfahren – Termin – Entscheidung durch Beschluss – keine Einigung

Rechtsanwältin Z stellt im Auftrag ihres Mandanten den Antrag, ein großzügiges Umgangsrecht für das aus der inzwischen geschiedenen Ehe hervorgegangene Kind Max (5 ½ Jahre) einzuräumen. Im Termin können sich die Beteiligten nicht einigen. Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

Gegenstandswert: 3.000,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 RVG, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG

 

1,3 Verfahrensgebühr

Nr. 3100 VV RVG
261,30 EUR

1,2 Terminsgebühr

Nr. 3104 VV RVG
241,20 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 522,50 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 99,28 EUR
Summe 621,78 EUR

Zum Gegenstandswert siehe § 2 Rdn 338. Zur Anwendung von § 15 Abs. 3 RVG siehe § 4 Rdn 396.

 

Rz. 249

 

Praxistipp

Ist möglich, dass die Umgangsregelung auch über einen längeren Zeitraum hin gelten kann, sollte eine Befristung in die Einigung nicht aufgenommen werden.

[176] OLG Köln, Beschl. v. 12.11.2008 – 4 WF 122/08 = BeckRS 2008, 25336 = FamRZ 2009, 714.
[177] OLG Dresden, Beschl. v. 21.12.2015 – 18 WF 86/15 BeckRS 2016, 00044 = RVGReport 2016, 60.
[178] OLG Koblenz, Beschl. v. 19.9.2016 – 11 WF 718/16 BeckRS 2016, 110633 = NJOZ 2017, 633 im ausdrücklichen Widerspruch zur a. A: Thüringisches OLG, Beschl. v. 16.6.2016 – 3 WF 279/15, juris.
[179] KG, Beschl. v. 3.7.2013 – 19 AR 6/13 BeckRS 2014, 22341 = FamRZ 2014, 1940.
[180] Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe Nr. 1000 VV Rn 160; Kindermann, Rn 372.

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