Leitsatz (amtlich)

Die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG entsteht aus dem reduzierten Verfahrenswert nach §§ 41, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG auch für eine Zwischenvereinbarung in einer Umgangssache, wenn dadurch ein einstweiliges Anordnungsverfahren vermieden wird; Nr. 1003 Abs. 2 VV-RVG beschreibt nur den Sonderfall des Entstehens einer Einigungsgebühr in Sorgerechtssachen - das Entstehen einer Einigungsgebühr in Umgangssachen ist dadurch nicht ausgeschlossen.

 

Verfahrensgang

AG Mainz (Beschluss vom 31.05.2016; Aktenzeichen 33 F 353/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Mainz vom 31.05.2016 wie folgt geändert:

Die auf den Kostenfestsetzungsantrag der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 07.03.2016 festzusetzenden Gebühren werden auf insgesamt 798,49 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit Antrag vom 13.11.2015 hat der Kindesvater die Abänderung einer am 16.08.2013 vor dem Familiengericht Mainz getroffenen Umgangsvereinbarung der Kindeseltern begehrt. Das Jugendamt der Stadt M. hat mit Schreiben vom 28.12.2015 mitgeteilt, dass gegen eine schrittweise Ausweitung der Umgangskontakte keine Bedenken bestünden. Allerdings sei die Organisation der Umgangskontakte wegen des massiven Belastungserlebens der Kindesmutter gegenüber dem Kindesvater höchst problematisch. Zu einer nachhaltigen Inanspruchnahme von Beratungsangeboten, wie in einem Gerichtstermin vom 03.02.2015 zwischen den Eltern vereinbart, kam es nicht. Die Kindesmutter bestand weiterhin auf einer Begleitung der Übergabe des gemeinsamen, zum damaligen Zeitpunkt 5-jährigen Sohnes. Auch die evangelische psychologische Beratungsstelle hatte am 15.12.2015 über den Verlauf einer "hochstrittigen Beratung" mit den Kindeseltern berichtet. Die Kindesmutter hat am 08.01.2016 beantragt, den Antrag auf Ausweitung des Umgangskontaktes zurückzuweisen.

In der mündlichen Erörterung der Sache am 16.02.2016 haben die Kindeseltern eine Zwischenvereinbarung geschlossen. Inhalt dieser Zwischenvereinbarung ist ein Besuchsrecht des Vaters für sechs Monate von Freitag, 15 bis 18.00 Uhr bzw. an jedem zweiten Freitag von 13 bis 18.00 Uhr. Mit seinem Antrag verlangt der Vater die Ausweitung auf einen Wochenendkontakt von Freitag 16.00 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr. Mit Beschluss vom selben Tag hat das Familiengericht eine Umgangspflegerin bestellt und die Umgangspflegschaft bis 31.08.2016, begründet auf § 1684 Abs. 3 BGB, befristet.

Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 07.03.2016 hat die Bevollmächtigte der Antragstellerin, ausgehend von einem Verfahrenswert von 3.000,00 EUR, ihre Tätigkeit für das Verfahren gegenüber der Staatskasse auf Vorschussbasis abgerechnet und dabei eine Einigungsgebühr nach den Nrn. 1003 und 1000 VV-RVG in Höhe von 201,00 EUR geltend gemacht, die die Rechtspflegerin mit dem angefochtenen Beschluss nicht festsetzte.

Der Erinnerung der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 07.06.2016 hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und nach Stellungnahme der Bezirksrevisorin der zuständigen Dezernatsrichterin zur Entscheidung über die Erinnerung vorgelegt, die die

Erinnerung mit Beschluss vom 13.07.2016 unter Zulassung der Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Entscheidung zugelassen hat. Mit ihrer Beschwerde vom 20.07.2016 begehrt die Bevollmächtigte der Antragstellerin weiterhin die Festsetzung der Einigungsgebühr aus einem Verfahrenswert von 3.000,00 EUR.

II. Die Beschwerde ist nach § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig, ohne dass es der Zulassung nach § 33 Abs. 3 S. 2 RVG bedurft hätte, da die Beschwer der Bevollmächtigten der Antragstellerin mit 201,00 EUR über dem Mindestbeschwerdewert nach § 33 Abs. 3 S. 1 RVG (200,00 EUR) liegt.

Die Beschwerde hat in der Sache überwiegend Erfolg. Der Bevollmächtigten der Antragstellerin steht aus einem Verfahrenswert von 1.500,00 EUR (§§ 41, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG) die Vergütung für die im Termin vom 16.02.2016 getroffene Zwischenvereinbarung zu.

Nach Nr. 1000 VV-RVG entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird (Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG). Nach Nr. 1003 VV-RVG beträgt die Gebühr grundsätzlich 1,0, wenn über den Gegenstand ein anderes gerichtliches Verfahren außer einem selbständigen Beweisverfahren anhängig ist. Eine weitere Voraussetzung für den Anfall der Gebühr kennt das Gesetz nicht. Nach dem Wortlaut der Gebührentatbestände kommt eine Vergütung für eine bloße Zwischenvereinbarung auf den ersten Blick nicht in Betracht. Auf der anderen Seite grenzt Nr. 1003 Abs. 2 VV-RVG den Anfall der Gebühr auch nicht auf Kindschaftssachen ein, über deren Gegenstand die Kindeseltern nicht vertraglich verfügen können, wie beispielsweise die elterliche Sorge (so ...

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