Rz. 77

Die Zurechnung eines Fehlverhaltens des Fahrers bzw. der vom Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr nach § 17 StVG erfolgt jedoch nur gegenüber dem Halter, nicht jedoch gegenüber dem Eigentümer. Dies ist insbesondere in den Fällen von Bedeutung, bei denen ein geleastes Fahrzeug im Sicherungseigentum des Leasinggebers verbleibt, der Leasingnehmer aber über den Einsatz bestimmt und die laufenden Kosten trägt, mithin als Halter anzusehen ist.[59] Hier fallen Eigentümer und Halterstellung auseinander.

[59] BGH, Urt. v. 22.3.1983 – VI ZR 108/81 = NJW 1983, 1492.

a) Urteile des BGH

 

Rz. 78

Für diese Konstellation hat der BGH[60] wiederholt hervorgehoben, dass der Leasinggeber sich als Eigentümer ein Verschulden des Fahrzeugführers weder über § 17 StVG noch § 9 StVG zurechnen lassen muss. Eine Zurechnung ergibt sich im Übrigen auch nicht aus § 254 BGB, da der Fahrer des Leasingfahrzeugs i.d.R. nicht Erfüllungsgehilfe des Leasinggebers ist.

b) Einzelne Unfallvarianten

 

Rz. 79

Ausgehend von diesen Urteilen zeigt sich, dass ggf. zwischen den einzelnen Unfallkonstellationen zu unterscheiden ist, damit beurteilt werden, kann ob dem nicht haltenden Eigentümer gegenüber Einwendungen zu einer Mithaftung dem Grunde nach erhoben werden können. Angesichts der besonderen Bedeutung des Kfz-Leasings wird der nicht haltende Eigentümer im Folgenden als Leasinggeber angeführt. Die andere Partei des Verkehrsunfalls wird schlicht als Unfallgegner bezeichnet.

 

Rz. 80

Kann nur dem Fahrer des gegnerischen Fahrzeugs ein Verschulden nachgewiesen werden, steht dem Leasinggeber ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Er muss sich in diesem Fall die von seinem Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr nicht entgegenhalten lassen.

 

Rz. 81

Muster 4.30: Keine Zurechnung bei Anspruch des Leasinggebers aus § 823 BGB

 

Muster 4.30: Keine Zurechnung bei Anspruch des Leasinggebers aus § 823 BGB

Es besteht ein Ersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen eines schuldhaften Verstoßes gegen die StVO. Dabei ist zu berücksichtigen, dass vorliegend nicht der Leasinggeber, sondern der Leasingnehmer als Halter des unfallbeteiligten Fahrzeugs anzusehen ist (BGH, Urt. v. 22.3.1983 – VI ZR 108/81 = NJW 1983, 1492). Seinem Ersatzanspruch kann ihm gegenüber weder ein Verschulden des Fahrzeugführers noch eine Betriebsgefahr entgegengehalten werden (BGH, Urt. v. 7.3.2017 – VI ZR 125/16 = NJW 2017, 2352; BGH, Urt. v. 7.10.2010 – VI ZR 288/09 = zfs 2011, 196; BGH, Urt. v. 10.7.2007 – VI ZR 199/06 = VersR 2007, 1387).

 

Rz. 82

Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn beide Fahrzeugführer nachweislich ein Verschulden trifft. Auch in diesem Fall ändert sich nichts daran, dass dem Leasinggeber ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zusteht und er sich dabei das Verschulden seines Fahrzeugführers nicht entgegenhalten lassen muss. Auf die Frage, ob der Leasinggeber sich bei einem auf § 7 StVG gestützten Schadensersatzanspruch das Verschulden seines Fahrers zurechnen lassen muss, kommt es dann nicht an, und diese Frage kann vom Gericht ggf. offen gelassen werden.[61]

 

Rz. 83

Trifft den Fahrer des Leasingfahrzeugs dagegen allein ein Verschuldensvorwurf, steht dem Leasinggeber kein Schadensersatzanspruch aus § 823 BGB zu. Ihm kann dann nur noch ggf. ein Ersatzanspruch aus § 831 BGB helfen. Ansonsten stellt sich die Frage, ob der Leasinggeber sich bei einem Schadensersatzanspruch aus § 7 StVG ein Verschulden des eigenen Fahrzeugführers nach § 9 StVG entgegenhalten lassen muss.

 

Rz. 84

Muster 4.31: Mithaftung des Leasinggebers über § 9 StVG

 

Muster 4.31: Mithaftung des Leasinggebers über § 9 StVG

Der Leasinggeber, der nicht zugleich Fahrzeughalter ist, muss sich – auch nach der aktuellen BGH Rechtsprechung wie jeder andere Anspruchssteller – bei der Geltendmachung möglicher Ansprüche aus der Gefährdungshaftung gemäß StVG das (Mit-) Verschulden des Fahrzeugführers nach § 9 StVG, § 254 BGB zurechnen lassen (BGH, Urt. v. 7.12.2010 – VI ZR 288/09 = zfs 2011, 196; LG Berlin, Urt. v. 30.4.2008 – 58 S 296/07 = NZV 2009, 244; so bereits auch OLG Celle, Urt. v. 27.9.2001 – 14 U 296/00 und OLG Hamm, Urt. v. 30.5.1996 – 6 U 16/96 = r+s 1996, 339). Der Bundesgerichtshof hat zwar entschieden, dass ein Leasinggeber, der nicht Halter des Kraftfahrzeugs ist, sich bei einem Anspruch aus § 823 BGB keinerlei Einwendungen, die ein Fehlverhalten des Leasingnehmers oder Fahrers betreffen, entgegenhalten lassen müsste. Hieraus folgt jedoch umgekehrt, dass der Anwendungsbereich des § 9 StVG im Rahmen der Gefährdungshaftung der §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 S. 1 StVG nicht einzuschränken ist (LG Berlin a.a.O.; vgl. auch BGH, Urt. v. 7.3.2017 – VI ZR 125/16 = NJW 2017, 2352).

 

Rz. 85

Ist keinem der beteiligten Fahrzeugführer ein Verschulden nachweisbar und greift auch § 831 BGB als Anspruchsgrundlage nicht ein, kann dem Leasinggeber lediglich ein Schadensersatzanspruch aus § 7 StVG und § 18 StVG zust...

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