Leitsatz (amtlich)

Der Leasinggeber (Eigentümer) hat sich über § 9 StVG ein Verschulden des Fahrers seines Kraftfahrzeugs und die Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs zurechnen zu lassen, auch wenn er nicht Halter ist.

 

Normenkette

StVG § 9

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 23.11.2000; Aktenzeichen 19 O 2267/00 - 120)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 23. November 2000 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 2.468,38 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26. April 2000 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt 80 %, die Beklagten tragen als Gesamtschuldner 20 % der Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer für die Klägerin: 9.873,26 DM

Beschwer für die Beklagten: 2.468,38 DM

 

Tatbestand

Von einem Tatbestand wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Berufung ist nur zum Teil begründet. Der Klägerin steht aus dem Verkehrsunfall vom 12. Februar 2000 ein Schadensersatzanspruch von 2.468,38 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26. April 2000 aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 3 PflVG, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB, Art 229 § 1 EGBGB zu. Ein Verschulden des Beklagten zu 1 am Unfallgeschehen als Voraussetzung für eine über 20 % des Schadens hinausgehende Haftung der Beklagten, welche sich grundsätzlich schon aus der Gefährdung durch den Betrieb eines Fahrzeuges ergibt, hat die Klägerin nicht bewiesen, insbesondere nicht, dass der Beklagte zu 1 infolge Unachtsamkeit oder überhöhter Geschwindigkeit gegen den Pkw der Klägerin gefahren ist. Bei der Entscheidung hat der Senat berücksichtigt, dass der Zeuge … den bei der Klägerin von der Firma … geleasten Pkw BMW 523 I am 12. Februar 2000 in … auf der … straße stadtauswärts führte. In Höhe des Hauses Nr. 34 oder Nr. 54 wollte er das Fahrzeug auf der insgesamt 8,50 m breiten Straße wenden.

Als der BMW quer auf der Straße mit dem Heck etwa 0,5 m auf der stadtauswärts führenden Fahrbahn stand, fuhr der Beklagte zu 1 mit seinem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw Punto gegen den hinteren linken Bereich des BMW, wodurch dieser beschädigt wurde. Ein Verstoß des Beklagten zu 1 gegen § 4 Abs. 1 S. 1 StVO (ausreichender Sicherheitsabstand) liegt nicht vor. Allein der Umstand, dass der Beklagte zu 1 mit seinem Fahrzeug gegen den BMW gefahren ist, begründet nicht den Anschein für einen solchen Verstoß, denn der PKW stand im Zeitpunkt der Kollision im Zuge des Wendemanövers quer auf der Straße (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 35. Auflage, 1999, § 4 StVO, Rdnr. 18 m. w. N.). Einen Verstoß des Beklagten zu 1 gegen § 3 Abs. 3 StVO (innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h unter günstigsten Umständen) hat die Klägerin nicht bewiesen. Die Zeugin … hat überhaupt keine Angaben zur Geschwindigkeit des PKW Punto gemacht.

Der Zeuge … hat angegeben, seiner Einschätzung nach sei der Pkw Punto mit nicht höherer Geschwindigkeit als 50 km/h geführt worden, während der Zeuge … allein aus der Heftigkeit des Anpralls folgerte, der Punto müsse zu dieser Zeit etwa 50 km/h schnell gewesen sein. Eine Geschwindigkeit auch von 50 km/h wäre nicht zu hoch gewesen. Auch ein Verkehrsverstoss des Beklagten zu 1 gegen § 1 StVO ist nicht zur Überzeugung des Senats bewiesen. Die Behauptung der Klägerin, der Beklagte zu 1 hätte erkennen können, dass der Zeuge … wenden wollte, weil er dies rechtzeitig angezeigt habe, er hätte rechts an dem BMW vorbeifahren können, sind durch die Vernehmung der Zeugen …, … und … nicht bestätigt worden. Während die Zeugen … und … angaben, sie hätten nicht bewusst wahrgenommen bzw. nicht gesehen, ob der linke Fahrtrichtungsanzeiger des BMW in Gang gesetzt worden war, hat der Zeuge … zwar bekundet, er habe vor dem Wenden links geblinkt gehabt, genaue Angaben dazu, wie lange er das Fahrmanöver zuvor angekündigt hatte und in welchem Abstand ihm der Beklagte zu 1 mit seinem Fahrzeug folgte, als er das Wendemanöver dann tatsächlich einleitete, hat der Zeuge jedoch nicht gemacht. Er gab lediglich an, zunächst sei der Pkw Punto des Beklagten zu 1 mehrere Fahrzeuglängen hinter ihm gewesen.

Dann habe er, der Zeuge, links geblinkt, sei noch ein Stück langsam gefahren und habe dann zum Wenden angesetzt, weil er auf der gegenüberliegenden Seite eine Parklücke entdeckt hatte. Dabei war neben der nachvollziehbaren Ungenauigkeit der Angaben des Zeugen … zu der nach dem Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers von ihm noch zurückgelegten Strecke bei der Würdigung seiner Einschätzung zu berücksichtigen, dass der Zeuge es möglicherweise eilig hatte, in die auf der gegenüberliegenden Seite der … straße befindliche freie Parklücke fahren zu können. Der Verkehrsunfall war auf der anderen Seite für die Beklagten auch nicht unabwendbar (§ 7 Abs. 2 StVG), denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nicht auszuschließen, dass ei...

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