I. Entstehen

1. Leitsatz: BGH, Urt. v. 24.2.2022 – VII ZR 320/21

 

Rz. 79

Ob eine vorprozessuale anwaltliche Zahlungsaufforderung eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöst oder als der Vorbereitung der Klage dienende Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RVG zum Rechtszug gehört und daher mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten ist, ist eine Frage der Art und des Umfangs des im Einzelfall erteilten Mandats (im Anschluss an BGH, Urt. v. 15.8.2019 – III ZR 205/17, WM 2019, 1833).

 

Rz. 80

 

Anmerkung

Der BGH hat diesen Grundsatz in zahlreichen weiteren Entscheidungen betont. Dies verdeutlicht noch einmal, wie wichtig es ist, mit dem Mandanten den konkreten Auftrag zu klären und diesen dann im Rahmen einer geforderten Erstattung auch darzulegen.

2. Leitsatz: BGH, Urt. v. 15.4.2021 – IX ZR 143/20

 

Rz. 81

Der auftragsgemäße Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments ist auch dann keine die Geschäftsgebühr auslösende Tätigkeit, wenn wechselbezügliche Verfügungen der Auftraggeber vorgesehen sind.

3. Leitsatz: BGH, Urt. v. 22.2.2018 – IX ZR 115/17

 

Rz. 82

a) Die auftragsgemäß auf den Entwurf eines Testaments beschränkte Tätigkeit eines Rechtsanwalts ist als Beratung und nicht als Betreiben eines Geschäfts zu vergüten.

b) Der auftragsgemäße Entwurf zweier abgestimmter Testamente ist keine die Geschäftsgebühr auslösende Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags.

4. Leitsatz: BGH, Urt. v. 20.5.2014 – VI ZR 396/13

 

Rz. 83

Ein Rechtsanwalt kann die Gebühr gemäß Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) auch dann nur einmal aus dem Gesamtgegenstandswert und nicht zweimal aus (dann niedrigeren) Teilgegenstandswerten verlangen, wenn die von ihm für seinen Mandanten geltend gemachte Forderung außergerichtlich nur teilweise erfüllt wird und ihm deshalb für den noch offenen Teil der Forderung Klageauftrag erteilt wird.

II. Erstattung

1. Leitsatz: BGH, Urt. v. 7.11.2007 – VIII ZR 341/06

 

Rz. 84

Dem Erstattungsanspruch des Geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (Fortführung von BGH, Urt. v. 18.1.2005 – VI ZR 73/04, NJW 2005, 1112).

2. Leitsatz: BGH, Urt. v. 5.12.2017 – VI ZR 24/17

 

Rz. 85

a) Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (Senatsurt. v. 18.7.2017 – VI ZR 465/16, VersR 2017, 1282 Rn 7). Abzustellen ist dabei auf die letztlich festgestellte oder unstreitig gewordene Schadenshöhe (Senatsurteile v. 11.7.2017 – VI ZR 90/17, VersR 2017, 1155 Rn 19; v. 18.1.2005 – VI ZR 73/04, VersR 2005, 558, 559 f.).

b) Auf den für den Ersatzanspruch maßgeblichen Gegenstandswert hat es keinen werterhöhenden Einfluss, dass der Geschädigte im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts noch davon ausgegangen ist, seine Hauptforderung sei zu einem höheren als dem später festgestellten oder unstreitig gewordenen Betrag begründet.

 

Rz. 86

 

Anmerkung

Nicht nur, aber insbesondere auch im Rahmen von Verkehrsunfallsachen steht häufiger im Streit, aus welchem Wert die zu erstattende Geschäftsgebühr durch den Schädiger/Haftpflichtversicherer zu berechnen ist. Weitere Einzelheiten hierzu liefern auch die BGH-Entscheidungen: Urt. v. 2.11.2021 – VI ZR 731/20, Urt. v. 19.4.2018 – IX ZR 187/17, Urt. v. 18.7.2017 – VI ZR 465/16

3. Leitsatz: BGH, Urt. v. 11.7.2017 – VI ZR 90/17

 

Rz. 87

a) Allein der Umstand, dass bei der späteren Regulierung durch den Kaskoversicherer auch ein Quotenvorrecht des Geschädigten zu berücksichtigen sein kann, reicht nicht aus, um aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten die Erforderlichkeit der anwaltlichen Vertretung schon bei der ersten Kontaktaufnahme mit seinem Kaskoversicherer zu begründen (Fortführung von Senat, Urteile v. 18.1.2005 – VI ZR 73/04; 10.1.2006 – VI ZR 43/05 und 8.5.2012 – VI ZR 196/11).

b) Wird in einem solchen Fall eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt im späteren Verlauf erforderlich, führt die zu frühe Einschaltung des Rechtsanwalts – für sich genommen – nicht notwendig zu einem vollständigen Ausschluss des gemäß § 287 ZPO frei zu schätzenden Schadens wegen der Rechtsverfolgungskosten.

c) Im Falle einer quotenmäßigen Haftung des Schädigers sind diesem Rechtsverfolgungskosten, die dadurch entstehen, dass der Geschädigte seinen Kaskoversicherer nur im Hinblick auf den ihm selbst verbleibenden Schadensteil in Anspruch nimmt, nicht zuzurechnen.

4. Leitsatz: BGH, Urt. v. 17.9.2015 – IX ZR 280/14

 

Rz. 88

Gerät der Schuldner in Zahlungsverzug, ist auch in rechtlich einfach gelagerten Fällen die Beauftragung eines Rechtsanwalts zweckmäßig und erforderlich; ein Mandat zur außergerichtlichen Vertretung muss im Regelfall nicht auf ein Schreiben einfacher Art beschränkt werden.

III. Bestimmung

1. Leitsatz: BGH, Urt. v. 10.5.2022 – VI ZR 156/20

 

Rz. 89

Zur Bestimmung einer außergerichtlichen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG.

2. Leitsatz: BGH, Urt. v. 11.7.2012 – VIII ZR 323/11

 

Rz. 90

Eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr von 1,3 hinaus kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war, und ist deshalb nicht unter dem Gesichtspunkt der Toleranzrechtsprechung bis zu einer Überschreitung von 20 % der gerichtlichen Überprüfung entzogen (Fortführung von BGH, Urteile v. 13.1.2011 – IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603...

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