Rz. 1561

Der RVT fordert aufgrund eigenverantwortlicher Einschätzung diejenigen Beiträge ein, die nach seiner Auffassung auch ohne das Unfallgeschehen auf das Rentenbeitragskonto geflossen wären. Da der RVT diejenigen RV-Beiträge erhält, die bei hypothetischer Betrachtung auch ohne das Unfallgeschehen auf das Beitragskonto geflossen wären, kann und darf dem Verletzten kein unfallkausaler rentenversicherungsrechtlicher Schaden entstehen (siehe Rn 1612 ff.). Ist der Schaden durch Zahlung von Beiträgen ausgleichbar, soll sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte (= Geschädigte) später Sozialleistungen erhält, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung umfasst.[971] Durch den vollständigen Ersatz unfallbedingt ausgefallener Pflichtbeiträge im Rahmen der Haftung wird der Schaden ausgeglichen und erfüllt[972] der Schädiger seine Schadensersatzpflicht.

 

Rz. 1562

Der RVT ist zur Durchsetzung des Anspruchs nach § 119 SGB X und dem Einzug von RV-Beiträgen allein aktivlegitimiert. Der Ersatzpflichtige erfüllt den Schaden, der unfallbedingt durch fehlende oder geminderte RV-Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung eintreten würde, aufgrund § 119 SGB X ausschließlich gegenüber dem RVT – als einzigem Forderungsberechtigtem (siehe Rn 1557 ff.) – durch den Ersatz unfallbedingt ausgefallener Pflichtbeiträge entsprechend der Haftungsquote.

 

Rz. 1563

Da der Regress nach § 119 SGB X den Rentenminderungsschaden vollumfänglich (siehe Rn 1557) erfasst, verbleibt dem Verletzten (rv-pflichtige Person) kein darüber hinausgehender, gegen den Schadenersatzpflichtigen gerichteter Ersatzanspruch (z.B. wegen Minderung seiner Altersrente nach vorangegangenem Erwerbsminderungsrentenbezug) mehr.[973] Der geschädigte Sozialversicherte erlangt wegen des Beitragsersatzanspruchs keine eigene zivilrechtliche Rechtsposition gegenüber dem Schädiger, mit der Folge, dass er durch § 119 SGB X allein auf Ansprüche gegen den RVT verwiesen wird.[974] Ein Anspruch gegen den Ersatzpflichtigen besteht nicht, da dieser durch die Abführung der RV-Beiträge (die nach § 119 III SGB X "echte" Pflichtbeiträge sind) bereits vollständig seiner Ersatzpflicht nachgekommen ist (Erfüllungseinwand).

 

Rz. 1564

Kommt der RVT seiner sozialrechtlichen/treuhänderischen Pflicht zum Einzug und rentensichernden Verwendung der Beiträge nicht oder nur unzureichend nach und kommt es daher zu einer Rentenminderung, hat der Geschädigte keinen persönlichen Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger (Ersatzpflichtigen), sondern muss wegen seiner Einbußen gegen den RVT vorgehen (siehe Rn 1620 ff.).

[971] BSG v. 31.1.2002 – B 13 RJ 23/01 R – Breith 2002, 836 = BSGE 89, 151 = HVBG-Info 2002, 1505 = MittLVA Oberfr 2002, 283 = NZA 2002, 894 = NZS 2002, 661 = SGb 2002, 275 unter Hinweis auf BR-Drucks 526/80 v. 10.10.1980 (entspricht BT-Drucks 9/95 v. 13.1.1981), S. 29 (zur Nichtanwendung von § 44 IV SGB X); LSG Nordrhein-Westfalen v. 28.3.2001 – L 8 RJ 143/00 – juris (Vorinstanz zu BSG v. 31.1.2002 – B 13 RJ 23/01 R – Breith 2002, 836 = BSGE 89, 151 = HVBG-Info 2002, 1505 = MittLVA Oberfr 2002, 283 = NZA 2002, 894 = NZS 2002, 661 = SGb 2002, 275), LSG Celle-Bremen v. 28.9.2007 – L 1 R 142/07 – jurisPR-VerkR 12/2008, Anm. 6 (Anm. Jahnke) (Revisions-Az. BSG – B 5a R 128/07 R –).
[972] OLG Celle v. 27.6.2012 – 14 U 193/10 – BeckRS 2012, 24388 = VersR 2013, 1052. Burmann/Heß/Jahnke/Janker-Jahnke, § 842 BGB Rn 162, Wenzel-Stahl, Kap. 5 Rn 284 f.
[973] LSG Nordrhein-Westfalen v. 28.3.2001 – L 8 RJ 143/00 – juris (Vorinstanz zu BSG v. 31.1.2002 – B 13 RJ 23/01 R – Breith 2002, 836 = BSGE 89, 151 = HVBG-Info 2002, 1505 = MittLVA Oberfr 2002, 283 = NZA 2002, 894 = NZS 2002, 661 = SGb 2002, 275) (Durch den Anspruchsübergang kann der Versicherte vom Schädiger keine Zahlung an sich selbst verlangen; sein Rentenschaden wird allein durch die Beitragsverpflichtung des Schädigers ausgeglichen).

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