Rz. 12

Für den Übergang des jeweiligen Nutzungsvertrags kommt es zudem nicht darauf an, ob auf dem Speichermedium (ausschließlich) Dateien gespeichert sind, an deren Inhalten der Erblasser ein Recht hatte oder nicht. Auch insoweit sind diese Fälle denjenigen gleichzustellen, in denen der Erblasser für ihn "fremde" Daten auf einem eigenen Speichermedium speichert. So wie dieser Umstand nichts an seinem Eigentum an dem Speichermedium und seiner Verfügungsgewalt darüber sowie über die dort gespeicherten Dateien ändert (siehe schon oben § 1 Rdn 33 ff.; § 2 Rdn 30, § 3 Rdn 45), ändert die Speicherung von Dateien – sei es mit eigenen oder fremden Inhalten – in Clouds oder Ähnlichem nichts an den dargestellten vertraglichen Rechten gegenüber dem Anbieter.

 

Rz. 13

Erinnert sei insoweit noch einmal an den Fall des BGH, in dem dieser über den Anspruch Helmut Kohls auf Herausgabe der Tonbänder zu entscheiden hatte, auf denen der von ihm beauftragte "Ghostwriter" die gemeinsamen Gespräche aufgezeichnet hatte (vgl. § 1 Rdn 34 ff.).[25] Wenn die Berechtigung an den Inhalten […] anderen Regeln folgt als das Eigentum an den Speichermedien, so muss das ebenso gelten, wenn die Inhalte auf Speichermedien Dritter gespeichert werden. So führt der BGH aus (Hervorhebung nur hier):

Zitat

"Der an den Inhalten Berechtigte kann zwar auch Eigentümer des Tonbands sein, auf dem sie gespeichert sind, etwa wenn er es käuflich erworben hat. Notwendig ist das aber nicht. Entschließt er sich etwa dazu, dieselben Inhalte nicht auf einem eigenen Tonband zu speichern, sondern beispielsweise auf einem über das Internet zugänglichen Speicherplatz in einem entfernten Rechenzentrum (sog. Cloud), bleibt er weiterhin alleiniger Berechtigter der gespeicherten Inhalte. Er wird dadurch indessen weder rechtsgeschäftlich noch kraft Gesetzes Miteigentümer der Speichermedien in der Computeranlage des Dienstleisters, der ihm darauf den Speicherplatz eingeräumt hat. Diese Anlage verändert durch die bestimmungsgemäße Benutzung als virtueller Speicher weder ihre Substanz noch ihre Funktion. Ebenso läge es, wenn der Beklagte die Gespräche mit dem Kläger statt in analoger Form auf einem Tonband in digitaler Form auf seinem Notebook oder Smartphone gespeichert hätte. Auch dann stünden dem Kläger zwar die Rechte an den Inhalten, aber nicht das Eigentum an dem Notebook oder Smartphone des Beklagten zu."

 

Rz. 14

Der BGH stellt damit klar, dass der Nutzer, der Dateien in einer Cloud speichert, Berechtigter an den gespeicherten Dateien samt den darin verkörperten Inhalten im Verhältnis zum Cloudbetreiber ist und bleibt, unabhängig davon, wem die Rechte an den gespeicherten Inhalten selbst letztlich zustehen. Das Recht an den Inhalten hat keine Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis des Nutzers mit dem Anbieter des Cloud-Speichers. Allenfalls kann der an den gespeicherten Inhalten Berechtigte einen Anspruch gegen den speichernden Nutzer auf Löschung oder Herausgabe haben.

 

Rz. 15

Wenn an gespeicherten Inhalten besondere Immaterialgüter oder sonstige Rechte dem Erblasser zustanden, so gehen sie ebenfalls nach § 1922 BGB auf die Erben des Inhabers über, soweit sie eine gewisse Verselbstständigung erfahren haben, die die Inhalte zum Objekt einer Rechtsposition macht (vgl. § 2 Rdn 9 ff.). In diesem Fall kommen keine Ansprüche Dritter in Betracht.

 

Rz. 16

Eine solche Personenidentität ist aber nicht zwingend; denn die "Berechtigung an den Inhalten folgt anderen Regeln als das Eigentum an den Speichermedien."[26] Stand das (Urheber-)Recht an den Daten nicht dem Erblasser, sondern einem Dritten zu, so können (befristet, § 64 UrhG) und müssen, da die Inhaberschaft am Speichermedium gerade nicht der Inhaberschaft am Urheberrecht folgt, die Dritten die sich aus ihrem Urheberrecht ergebenden Rechte, die ihnen bisher gegen den Erblasser zustanden, nunmehr gegen die Erben als Rechtsnachfolger geltend machen. Die Rechtslage unterscheidet sich insoweit nicht von der im Fall der Speicherung auf eigenen Medien (vgl. hierzu § 3 Rdn 1 ff.). Die hieraus resultierenden Ansprüche des Dritten kann der Erbe deshalb erfüllen, weil er einen Anspruch auf Herausgabe der Dateien gegen den Cloudinhaber als seinen Vertragspartner hat.

 

Rz. 17

Die Fragen sind mithin – wie stets – "inter partes" zu klären. Sie wirken sich nicht auf die Universalsukzession aus. Der Erbfall bewirkt nur einen Schuldnerwechsel in Bezug auf die Rechte Dritter. Etwaige Rechte Dritter haben keine Auswirkungen auf die Ansprüche der Erben des Nutzers gegen den Anbieter.

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