Rz. 43

Ist der Erblasser verstorben, muss nach dem oben Gesagten die Einwilligung des betroffenen Dritten dahin ausgelegt werden, ob sie auch für die Erben fortbestehen soll oder nicht. Wie wir gesehen haben, ist ein wesentlicher Abwägungsfaktor dabei die "Üblichkeit" oder "Verkehrssitte". Womit muss der Dritte rechnen, wenn er seinen privaten Lebensbereich für andere öffnet?

So soll der Erblasser Fotos in der Regel auf Dauer besitzen und nutzen dürfen.[39] Das muss auch für die Erben als seine Rechtsnachfolger gelten, denn diese erben sein gesamtes Vermögen (§ 1922 BGB) und damit alle Arten von Rechtsverhältnissen des Erblassers (vgl. § 2 Rdn 26 ff.). Es entspricht auch nicht der Verkehrssitte, dass Erben die Fotosammlung des Erblassers, seine Briefe oder seine sonstigen Nachrichten durchforsten und betroffene Dritte um Erneuerung ihrer Einwilligung bitten müssen. Vielmehr ging der Gesetzgeber bspw. in seinen Überlegungen zu § 2373 S. 2 BGB davon aus, dass auch die Briefschaften des Erblassers, also die von ihm empfangenen Briefe, Teil des Nachlasses sind und auf seine Erben übergehen (vgl. § 2 Rdn 40 ff.).

 

Rz. 44

Nur in Ausnahmefällen sind die Dinge anders gelagert. Ein solcher Ausnahmefall liegt bspw. dann vor, wenn der Erblasser und der betroffene Dritte ausdrücklich vereinbart haben, dass die erteilte Einwilligung nur für den Erblasser persönlich oder nur für eine bestimmte Zeit gelten soll. Existiert keine solche ausdrückliche Vereinbarung, so kann sie sich aus den Umständen ergeben. So ist es im Fall der intimen Fotos, die den Kernbereich der persönlichen Lebensgestaltung betreffen. Endet durch den Tod des Erblassers die Beziehung, so ergibt die Auslegung der Einwilligung regelmäßig, dass damit auch die Einwilligung ihre Wirksamkeit verlieren soll. Wiederum anders können die Dinge liegen, wenn es sich um eine schon vor langer Zeit beendete Beziehung und dementsprechend alte Fotos handelt.

Auch für die schon fast sprichwörtlichen auf dem Dachboden versteckten Liebesbriefe der Geliebten des Erblassers oder eben auch von ihm auf seinem Computer gespeicherten Liebes-E-Mails seiner Geliebten kann letztlich nichts anderes gelten. Auch wenn die Geliebte sicher nicht wollte, dass Dritte von den ihr gegenüber dem Erblasser offenbarten Inhalten Kenntnis nehmen, so muss sie trotzdem damit rechnen, dass mit seinem Tod eben das geschieht. Sie kann nur darauf vertrauen, dass der Erblasser insoweit Vorkehrungen trifft. Tut er das nicht, so kann sie regelmäßig nur dann von den Erben Herausgabe oder Löschung verlangen, wenn die jeweiligen Inhalte tatsächlich den Kernbereich ihrer privaten Lebensgestaltung betreffen sollten.

 

Rz. 45

So wie sich Dritte im Falle der Verletzung ihrer (privaten) Rechte zu dessen Lebzeiten an den Erblasser halten mussten, so müssen sie sich nach seinem Tod in allen hier angesprochenen Fallkonstellationen an die Erben wenden. Denn mit dem Erbgang sind die Rechte an den vom Erblasser genutzten Speichermedien und das Recht zum Zugriff auf die dort gespeicherten Dateien auf sie übergegangen.

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