Rz. 133

Wenn eine unzulässige bauliche Veränderung von einem Mieter vorgenommen wurde, kann die Gemeinschaft diesen direkt auf Rückbau in Anspruch nehmen, denn der Mieter hat keine weitergehenden Rechte als der Eigentümer.[174] Bei der gerichtlichen Klage richtet sich die örtliche und sachliche Zuständigkeit nach den allgemeinen ZPO-Bestimmungen; es handelt sich weder um eine WEG-Sache gem. § 43 WEG, § 23 Nr. 2a GVG noch um eine Wohnraummietsache gem. § 23 Nr. 2a GVG. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Abschnitt "Ansprüche gegen den störenden Mieter" (→ § 3 Rdn 80) verwiesen. Der Mieter haftet nicht auf Rückbau, wenn er die bauliche Maßnahme nicht selber vorgenommen oder veranlasst, sondern von seinem Vermieter lediglich übernommen hat; aber dann muss er als Zustandsstörer einen von der Gemeinschaft beschlossenen Rückbau dulden.[175] Die Gemeinschaft kann die Duldungspflicht gegen den Mieter titulieren lassen, muss das aber nicht, sondern kann stattdessen den vermietenden Eigentümer in Anspruch nehmen. Wenn der Mieter auf Duldung in Anspruch genommen wird, umfasst der Duldungstitel auch etwaige erforderliche Hilfshandlungen des Schuldners wie z.B. das Öffnen seiner Wohnung. Die Gemeinschaft kann einen solchen Titel wahlweise nach § 890 ZPO (Ordnungsgeld) oder nach § 892 ZPO (Hinzuziehung des Gerichtsvollziehers) vollstrecken.[176]

 

Rz. 134

Wenn der Mieter eine unzulässige bauliche Veränderung vorgenommen hat, ist auch der vermietende Miteigentümer zum Rückbau verpflichtet,[177] da er sich gem. § 278 BGB die Handlungen seines Mieters zurechnen lassen muss und dadurch zum sog. mittelbaren Handlungsstörer wird (str., → § 3 Rdn 76). Hinsichtlich der Formulierung des Klageantrags wird teilweise vertreten, dass der vermietende Eigentümer nur dazu verurteilt werden könne, "alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen", damit die streitige bauliche Maßnahme beseitigt wird.[178] Das ist aber nicht richtig. Dass die Wohnung vermietet ist, ändert an der Rückbaupflicht des Eigentümers nichts; vielmehr ist der Mieter, wie vorstehend erwähnt, zur Duldung des Rückbaus verpflichtet. Die Zwangsvollstreckung gegen den zum Rückbau verurteilten Eigentümer erfolgt – falls eine erforderliche Zustimmung des Mieters fehlt und ein Duldungstitel gegen ihn nicht vorliegt – gem. § 888 Abs. 1 ZPO durch Beantragung und Verhängung von Zwangsgeld, weil es im Rechtssinne um eine unvertretbare Handlung geht.[179] Erst im Zuge der Zwangsvollstreckung wird geprüft, ob der Eigentümer alle ihm zumutbaren und möglichen Maßnahmen ergriffen hat (→ § 3 Rdn 79, → § 4 Rdn 131).

 

Rz. 135

 

Praxistipp

Bevor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den zum Rückbau verurteilten vermietenden Eigentümer ergriffen werden, fordert die WEG den Mieter unter Fristsetzung dazu auf, sein Einverständnis mit dem Rückbau zu erklären. Erteilt der Mieter sein Einverständnis, erfolgt die Zwangsvollstreckung gegen den Eigentümer gem. § 887 ZPO, andernfalls gem. § 888 ZPO.

[174] BGH v. 1.12.2006 – V ZR 112/06, NZM 2007, 130; LG Berlin v. 25.11.2016 - 85 S 103/15, ZWE 2017, 130,
[175] BGH v. 1.12.2006 – V ZR 112/06, NJW 2007, 432; AG München v. 24.10.2011 – 424 C 12307/11, IMR 2012, 18.
[178] AG Köln v. 22.5.2017 – 202 C 175/16, ZMR 2017, 767; Schultzky, MietRB 2020, 59, 62.
[179] BGH v. 27.11.2008 – I ZB 46/08, ZMR 2009, 347. Die vom BGH andeutungsweise empfohlene Kombination von Haupt- und Hilfsantrag erscheint allerdings weder ausgereift noch praxistauglich.

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