Rz. 36

Der Anwalt erhält die Geschäftsgebühr in jeder Angelegenheit gesondert (§ 15 Abs. 2 RVG). Soweit der Anwalt also mit mehreren Familiensachen beauftragt worden ist, liegen auch grundsätzlich verschiedene Angelegenheiten vor, so dass der Anwalt in jeder Angelegenheit eine Geschäftsgebühr verdient.

 

Rz. 37

Einen außergerichtlichen Verbund gibt es nicht. Daher ist unter Berücksichtigung des § 15 RVG stets im Einzelfall zu prüfen, ob eine oder mehrere Angelegenheiten vorliegen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass jede Familiensache i.S.d. § 111 FamFG außergerichtlich auch eine eigene Angelegenheit darstellt. Auf die Rspr. zur Beratungshilfe kann hier nur bedingt zurückgegriffen werden, da die Rspr. den Angelegenheitsbegriff in der Beratungshilfe teilweise anders auslegt als nach dem RVG, obwohl dies an sich unzutreffend ist (siehe dazu § 16 Rdn 28 ff.).

 

Beispiel 32: Außergerichtliche Vertretung Unterhalt und Umgang

Der Anwalt ist außergerichtlich einerseits beauftragt, für den Kindesvater das Umgangsrecht durchzusetzen als auch fälligen und zukünftigen Unterhalt (Wert 6.400,00 EUR) abzuwehren.

Es liegen zwei Angelegenheiten vor. Der Anwalt kann seine Vergütung einmal aus dem Wert des Umgangsrechts (3.000,00 EUR) abrechnen und einmal aus dem Wert des Unterhalts (6.400,00 EUR). Ausgehend jeweils von der Mittelgebühr ist wie folgt zu rechnen:

 
I. Umgangsrecht
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   301,50 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 321,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   61,09 EUR
Gesamt   382,59 EUR
II. Unterhalt
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   607,50 EUR
  (Wert: 6.400,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 627,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   119,23 EUR
Gesamt   746,73 EUR
 

Rz. 38

Gesonderte Angelegenheiten sind grundsätzlich auch Vermögensauseinandersetzung und Zugewinn.[19]

 

Beispiel 33: Außergerichtliche Vertretung Vermögensauseinandersetzung und Zugewinn

Der Anwalt ist von der Ehefrau außergerichtlich einerseits beauftragt, das gemeinsame Immobilienvermögen mit einem Verkehrswert von 1 Mio. EUR auseinanderzusetzen, und andererseits, den Zugewinnausgleich durchzuführen (Wert: 80.000,00 EUR).

Es liegen zwei Angelegenheiten vor. Der Anwalt kann seine Vergütung einmal aus dem Wert der Vermögensauseinandersetzung (hälftiger Anteil der Ehefrau 500.000,00 EUR) und einmal aus dem Wert des Zugewinnausgleichs (80.000,00 EUR) abrechnen. Ausgehend jeweils von der Mittelgebühr ist wie folgt zu rechnen:

 
I. Vermögensauseinandersetzung
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   4.819,50 EUR
  (Wert: 500.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 4.839,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   919,51 EUR
Gesamt   5.759,01 EUR
II. Zugewinn
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   1.999,50 EUR
  (Wert: 80.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.019,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   383,71 EUR
Gesamt   2.403,21 EUR
 

Rz. 39

Dagegen ist nur von einer Angelegenheit auszugehen, wenn Ehegatten- und Kindesunterhalt gegen den Ehemann und Kindesvater geltend gemacht werden, da die Unterhaltsberechnungen voneinander abhängen und damit ein innerer Zusammenhang besteht. Je mehr Unterhalt die Kinder erhalten, desto weniger Einkommen bleibt für den Ehegattenunterhalt übrig.

 

Beispiel 34: Außergerichtliche Vertretung Ehegatten- und Kindesunterhalt

Der Anwalt ist von der Ehefrau außergerichtlich einerseits beauftragt worden, Kindesunterhalt (337,00 EUR) und andererseits Ehegattenunterhalt in Höhe von 1.000,00 EUR geltend zu machen. Zu berücksichtigen sind jeweils fünf fällige Beträge.

Es liegt nur eine Angelegenheit vor. Der Anwalt kann seine Vergütung nur einmal aus dem Gesamtwert von Kindes- und Ehegattenunterhalt verlangen.

Der Gegenstandswert berechnet sich wie folgt:

 
Ehefrau  
fällige Beträge, 5 x 1.000,00 EUR 5.000,00 EUR
zukünftige Beträge, 12 x 1.000,00 EUR 12.000,00 EUR
   
Kind  
fällige Beträge, 5 x 337,00 EUR 1.685,00 EUR
zukünftige Beträge, 12 x 337,00 EUR 4.044,00 EUR
Gesamt 22.729,00 EUR

Ausgehend von einer um 20 % angehobenen Mittelgebühr ist wie folgt zu rechnen:

 
1. 1,8-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   1.418,40 EUR
  (Wert: 22.729,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.438,40 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   273,30 EUR
Gesamt   1.711,70 EUR
 

Rz. 40

Nur eine Angelegenheit ist auch dann gegeben, wenn Unterhalt von mehreren Kinder geltend gemacht wird, sofern die Ansprüche gegen denselben Vater gerichtet sind.

 

Beispiel 35: Außergerichtliche Vertretung Kindesunterhalt für mehrere Kinder derselben Mutter

Die Kindesmutter beauftragt ihren Anwalt, gegen den Kindesvater außergerichtlich Unterhaltsansprüche seiner drei Kinder geltend zu machen. Der Kindesvater beauftragt einen Anwalt, die Ansprüche abzuwehren.

Es liegt für beide Anwälte eine Angelegenheit vor. Sie erhalten ei...

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