Rz. 32

Ist der Mandant nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung vollständig aufzubringen, wird der Anwalt einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (im Folgenden: PKH) stellen. Die Klageerhebung kann zum einen unabhängig von der Gewährung der beantragten PKH erfolgen. Sie kann aber auch davon abhängig gemacht werden, dass dem Antrag auf Gewährung von PKH stattgegeben wird. Den letztgenannten Fall bezeichnet man auch als (durch Gewährung von PKH) bedingte Klageerhebung. Eine bedingte Klageerhebung liegt vor, wenn ausgeführt wird, erst nach Bewilligung von PKH werde man folgende Sachanträge stellen; die Klage solle nur für den Fall erhoben sein, dass PKH bewilligt ist; der beigefügte Klageentwurf belege, dass die beabsichtigte Klage Aussicht auf Erfolg bietet.

 

Rz. 33

Nach wohl überwiegender Auffassung[50] wahrt eine solche als Anlage eines Antrags auf PKH eingereichte Klageschrift, die in der Antragsbegründung ausdrücklich als Entwurf einer beabsichtigten Klage bezeichnet ist, nicht die Klagefrist des § 4 KSchG, und zwar auch dann nicht, wenn die Entwurfs-Klageschrift vom Rechtsanwalt unterzeichnet ist.[51] Nach anderer Ansicht[52] hält die Stellung des PKH-Antrags unter gleichzeitiger Einreichung des Entwurfs der Klageschrift und der PKH-Unterlagen rückwirkend die Frist des § 4 KSchG ein, sofern unverzüglich nach rechtskräftiger Entscheidung über das PKH-Gesuch die Klage zugestellt wird, wobei auch diese abweichende Meinung eine fristwahrende Wirkung nur für einen vollständigen PKH-Antrag annimmt. Gelegentlich wird diese Rechtsfrage unter Berufung auf eine Entscheidung des BVerfG[53] zu einer als ähnlich angesehenen Problematik als offen angesehen.[54] Weil mit einer durch die Gewährung von PKH bedingten Kündigungsschutzklage mindestens vollkommen überflüssige Risiken eingegangen werden, ist hiervon im Ergebnis dringend abzuraten (vgl. auch § 21 Rdn 47).

[50] LAG Köln v. 11.3.1996, NZA-RR 1996, 453 = LAGE § 4 KSchG Nr. 34; LAG Nürnberg v. 23.10.2003, LAGE § 114 ZPO 2002 Nr. 1; LAG Schleswig-Holstein v. 12.7.2004 – 2 Ta 113/04, juris; Sächs. LAG v. 23.12.2005, EzA-SD 2006, Nr. 14, 13; LAG Schleswig-Holstein v. 24.5.2007 – 4 Ta 147/07, juris; LAG Hamm v. 23.11.2009 – 14 Ta 357/09, juris; LAG Schleswig-Holstein v. 10.5.2011 – 3 Ta 85/11, juris.
[51] Insoweit allerdings a.A. LAG Nürnberg v. 20.11.2008 – 6 Ta 167/08, juris.
[52] LAG Niedersachsen v. 7.8.2002, LAGE § 4 KSchG Nr. 47 = MDR 2002, 1195; LAG Hamm v. 14.6.2011, ArbR 2012, 100; LAG Nürnberg v. 4.5.2012, AE 2012, 245.
[54] LAG Hamm v. 14.6.2011 – 14 Ta 295/11; LAG Schleswig-Holstein v. 30.7.2020, NZA-RR 2020, 662.

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