Entscheidungsstichwort (Thema)

nachträgliche Zulassung. Kündigungsschutzklage. Bedingung. Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Kündigungsschutzklage unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe

2. Zur Hinweispflicht des Arbeitsgerichts

3. Zum Verschulden des Prozessbevollmächtigten beim Antrag auf nachträglich Zulassung.

 

Normenkette

KSchG § 5; BGB §§ 187-188

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Beschluss vom 01.02.2007; Aktenzeichen 1 Ca 2240 a/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 1. Februar 2007 – 1 Ca 2240 a/06 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 4.625,07 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Die Parteien streiten um die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage.

Der Kläger trat am 3. Juli 2000 in die Dienste der Beklagten ein. Seither beschäftigte sie ihn als Mitarbeiter im Rotationsystem in K. mit zuletzt monatlich durchschnittlich 1.541,69 Euro brutto.

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristgerecht betriebsbedingt zum 31. Januar 2007 und bot ihm gleichzeitig eine Weiterbeschäftigung zu ansonsten unveränderten Konditionen in Berlin ab 1. Februar 2007 an. Die Beklagte übergab ihm dieses Kündigungsschreiben anlässlich einer Mitarbeiterversammlung am 30. Oktober 2006.

Mit Schreiben vom 9. November 2006 zeigte die Rechtsanwältin Dr. R.-H. gegenüber der Beklagten an, den Kläger zu vertreten. Sie teilte mit, dass der Kläger das Angebot nicht unter Vorbehalt annehme und die Kündigung für sozial ungerechtfertigt halte.

Am Samstag, 18. November 2006, warf die Prozessbevollmächtigte des Klägers einen mit „Klage und Antrag auf gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses – Antrag auf Prozesskostenhilfe beziehungsweise Anwaltsbeiordnung gemäß § 11 a ArbGG” überschriebenen und von ihr unterzeichneten Schriftsatz in den Nachtbriefkasten des Arbeitsgerichts Kiel ein. Mit diesem Schriftsatz hat sie beantragt, die Klage nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe beziehungsweise erfolgter Beiordnung zuzustellen.

Die Sache wurde dem Vorsitzenden der erkennenden Kammer des Arbeitsgerichts am Dienstag, 21. November 2006, vorgelegt. Er verfügte darauf wie folgt:

„… wird die Antragsstellervertreterin darauf hingewiesen, dass die Stellung eines Prozesskostenhilfeantrages nicht fristwahrend im Sinne von §§ 4, 7 KSchG ist. Für den Fall, dass die 3-Wochen-Frist nicht eingehalten ist, kann mangels Erfolgsaussicht keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden.”

Das Arbeitsgericht hat diese Verfügung der Klägervertreterin per Fax am 21. November 2006 zugestellt. Mit Schriftsatz vom gleichen Tage, beim Arbeitsgericht ebenfalls am 21. November 2006 eingegangen, stellte die Klägervertreterin klar, dass die Klage unbedingt, mithin unabhängig von der Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe, erhoben werde. Ferner führt sie in diesem Schriftsatz aus, dass die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage mit dem Schriftsatz vom 21. November 2006 gewahrt sei. Wörtlich heißt es in diesem Schriftsatz:

„Für die Berechnung der Frist gelten die §§ 187, 193 BGB. Der Tag, an welchem die Kündigung nach § 130 BGB zugegangen ist, hier der 30.10.2006 (Tag der persönlichen Aushändigung) wird nicht mitgerechnet, § 187 BGB. Die Frist endet nach § 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf des gleichen Wochentages der folgenden Woche. Die Frist begann demnach am Dienstag, dem 31. Oktober 2006, zu laufen und endet folglich am heutigen Dienstag, dem 21.11.2006.”

Im Gütetermin am 7. Dezember 2006 hat der Vorsitzende der zuständigen Kammer des Arbeitsgerichts nach Erörterung des gesamten Sach- und Streitverhältnisses folgenden Beschluss verkündet:

  1. „Dem Kläger wird aufgegeben, unter Einhaltung der 3-Wochen-Frist weiterhin vorzutragen. Aus Sicht des Gerichtes ist § 288 Abs.2 BGB allein dahingehend zu verstehen, dass bei einer nach Wochen bemessenen Frist der Fristablauf am gleichen Wochentage des Ereignisses erfolgt. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der Kommentierung im Palandt § 188 Rn. 2. Insofern dürfte die Kündigung gemäß §§ 4, 7 KSchG rechtswirksam sein. Ferner wird darauf hingewiesen, dass bislang eine Anspruchsgrundlage für einen Abfindungsantrag nicht erkennbar ist. Alleine das Angebot an einem anderen Ort zu arbeiten, führt nicht zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung. Im Übrigen setzt ein solcher Antrag eine rechtsunwirksame Kündigung voraus, was angesichts des Fristablaufs nicht der Fall sein dürfte. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von 2 Wochen gegeben, mit der Auflage den Schriftsatz der Gegenseite vorab per Fax zuzustellen.
  2. …”

Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2006, beim Arbeitsgericht zugegangen am 12. Dezember 2006, stellte die Klägervertreterin klar, dass auch sie nun dieser Auffassung folge und beantragte gleichzeitig, die Änderungskündigungsschutzklage gemäß § 5 Abs. 1 KSchG nachträglich zuzulassen.

Wegen des weiteren Sachverhalts und des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien wi...

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