Rz. 13

Das Arbeitsrecht kennt keinen eigenständigen Begriff der Invalidität. Daher wird dieser Begriff auch im Arbeitsrecht regelmäßig i.S.d. sozialversicherungsrechtlichen Definition verstanden und angewandt (BAG v. 19.4.1983 – 3 AZR 4/81, BetrAV 1984, 44 = DB 1983, 2255 = NJW 1983, 2959; BAG v. 24.6.1998 – 3 AZR 288/97, DB 1998, 1969; Reinecke, DB 2010, 2167). Soweit eine Versorgungsordnung ohne jegliche weitere Differenzierung nur auf den "Invaliditätsfall" abstellt, so werden hiervon sowohl Erwerbs- als auch Berufsunfähigkeit erfasst (Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, § 1 Rn 23 f., Anh. § 1 Rn 173 ff.).

 

Rz. 14

Durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit v. 20.12.2000 (BGBl I 2000, 1827) wurde das System der Invalidenrente mit Wirkung ab 1.1.2001 umfassend geändert. Die bisherigen Renten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit sind durch eine zweistufige Erwerbsminderungsrente (§ 43 SGB VI) ersetzt worden, die grds. nur befristet gewährt wird. Dies führt in vielen Fällen zu einer Verschlechterung der Versorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

 

Rz. 15

Bei bestehenden "Altzusagen" wird man die bisherigen Begriffe Berufs- und Erwerbsunfähigkeit im Wege der Auslegung transformieren müssen in den neuen Begriff der Erwerbsminderung. Aufgrund dieser Transformation dürfte es sachgerecht sein, die bisherige Berufsunfähigkeit i.S.d. neuen "teilweisen Erwerbsminderung" auszulegen. Die bisherige Erwerbsunfähigkeit wird i.S.d. neuen "vollen Erwerbsminderung" auszulegen sein.

 

Rz. 16

Sieht eine vom Arbeitgeber erlassene Ruhegeldordnung vor, dass der Mitarbeiter für die Dauer der Berufs-/Erwerbsunfähigkeit eine Berufs-/Erwerbunfähigkeitsrente erhält, der vor dem Erreichen der Altersgrenze aus dem Betrieb des Arbeitgebers ausscheidet und nachweist, dass er von da ab zu mindestens 50% berufs- oder erwerbsunfähig ist, so ist gem. § 305c Abs. 2 BGB (Unklarheitenregel) davon auszugehen, dass das tatsächlich faktische Ausscheiden genügt, um einen Anspruch auf betriebliche Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente zu begründen (BAG v. 23.3.2021 – 3 AZR 99/20, NZA 2021, 783 = Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 27/2021 Anm. 5). Der vollständige Ausschluss einer betrieblichen Invaliditätsrente vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellt zudem eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 BGB dar (BAG v. 23.3.2021 – 3 AZR 99/20 – NZA 2021, 783 = Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 27/2021 Anm. 5).

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