Betriebliche Invaliditätsrente erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses
Beschäftigte, die aus gesundheitlichen Gründen nur noch wenige Stunden am Tag oder gar nicht mehr arbeiten können, erhalten eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente. Auch die betriebliche Altersversorgung (bAV) kann eine Invaliditätsrente vorsehen. Oft finden sich in der Versorgungsordnung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Einschränkungen, die eine Zahlung abhängig vom Vorliegen bestimmter Umstände abhängig macht.
Solche Regelungen müssen hinreichend klar gefasst sein und dürfen Arbeitnehmende nicht unangemessen benachteiligen. Dass ein Arbeitgeber die Invaliditätsrente davon abhängig machte, dass der Arbeitnehmer eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente bezieht und rechtlich aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, hielt das BAG grundsätzlich für zulässig.
Der Fall: Arbeitnehmer fordert Invalidenrente aus bAV
Der Arbeitgeber gewährte Beschäftigten vorliegend eine berufliche Altersversorgung, die auch eine Invaliditätsrente vorsieht. Nach § 7 Abs. 4 der Zusatzversorgungsordnung (ZVO) erhält ein Mitarbeiter dann Ruhegeld, wenn er "wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht und aus den Diensten des Arbeitgebers ausscheidet".
Der Arbeitnehmer kündigte im August 2021 auf Ende März 2022. Ab April 2022 zahlte der Arbeitgeber ihm das Ruhegeld. Beantragt hatte der Arbeitnehmer die Gewährung der betrieblichen Invaliditätsrente jedoch bereits im Januar 2021, und zwar rückwirkend ab Beginn des Jahres.
Arbeitgeber zahlt Invaliditätsrente erst nach Ausscheiden
Denn bereits seit November 2020 bezog er eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, befristet bis zum 31. August 2022, was er dem Arbeitgeber auch durch Bescheid nachwies. Dieser machte die Zahlung jedoch vom Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis abhängig und verwies auf die Regelung in der ZVO, nach der das Arbeitsverhältnis beendet sein müsse.
Der Arbeitnehmer war überzeugt, dass § 7 Abs. 4 ZVO nicht eindeutig das rechtliche Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis für die Gewährung des Ruhegeldes voraussetze. Jedenfalls sei die Regelung unwirksam, da er unzumutbar gezwungen werde, sein Arbeitsverhältnis zu beenden, um in den Genuss des Ruhegelds zu kommen.
Beendetes Arbeitsverhältnis ist Voraussetzung für Anspruch
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Auch vor dem Bundesarbeitsgericht scheiterte der Arbeitnehmer nun. Das BAG entschied, dass der Arbeitnehmer vor April 2022 keinen Anspruch auf das betriebliche Ruhegeld hatte. Nach der Auslegung des § 7 Abs. 4 ZVO als AGB stand für das BAG fest, dass die ZVO das rechtliche Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis für einen Anspruch auf das betriebliche Ruhegeld voraussetzt. Die der Inhaltskontrolle unterliegende Regelung benachteilige den Arbeitnehmer auch nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben.
BAG: Kein unzumutbarer Druck, das Arbeitsverhältnis zu beenden
Das Bundesarbeitsegericht war der Ansicht, dass es "im Grundsatz nicht unzumutbar sei, die Zahlung einer betrieblichen Invaliditätsrente davon abhängig zu machen, dass eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente bewilligt und das Arbeitsverhältnis beendet ist". Nach Meinung des Gerichts werde dadurch - unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen - kein unzumutbarer Druck auf den Arbeitnehmer zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ausgeübt.
Hinweis: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10. Oktober 2023, Az. 3 AZR 250/22; Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 4. Mai 2022, Az. 12 Sa 73/22
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