Betriebsrente wegen Erwerbsminderung: Rückwirkende Leistung

Eine Betriebsrente wegen Erwerbsminderung ist auf Antrag rückwirkend zu gewähren. Das LAG Düsseldorf erklärte eine entgegenstehende Bestimmung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) einer Pensionskasse für unwirksam. Der Grund: Das benachteilige Arbeitnehmer unangemessen.

Mit der betriebliche Altersversorgung (bAV) im Wege der Pensionskasse verpflichtet sich der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für bestimmte Versorgungsfälle wie - Berufsunfähigkeit, Erreichen einer Altersgrenze oder Tod - Versorgungsleistungen zu zahlen. Zumindest für Betriebsrenten, die aus Gründen der Erwerbsminderung erfolgen, darf die Bewilligung nicht erst ab Antragstellung erfolgen, vielmehr ist die Zahlung rückwirkend zu leisten - zudem darf sie nicht von der Vorlage von Nachweisen abhängig gemacht werden. Entgegenstehende Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen benachteiligen den Arbeitnehmer unangemessen, lautete das Urteil des LAG Düsseldorf.

Der Fall: Zahlung der Betriebsrente wegen Erwerbsminderung 

Das langjährige Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers und seiner Firma endete mit dem vorzeitigen Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Betrieb im Jahr 2005. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er eine Anwartschaft auf Betriebsrente gegenüber der Pensionskasse des Unternehmens sowie gegenüber dem Arbeitgeber erworben.

Im November 2015 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung dem ehemaligen Mitarbeiter rückwirkend zum 01. Februar 2013 eine gesetzliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Daraufhin beantragte der Arbeitnehmer noch im selben Monat bei der Pensionskasse und der Firma Betriebsrente. Die Pensionskassenrente und die entsprechende Firmenleistung wurden ihm daraufhin bewilligt – allerdings erst beginnend ab November 2015.

Betriebsrente: Keine rückwirkende Zahlung laut Versicherungsbedingungen 

Eine rückwirkende Leistung lehnte sowohl die Pensionskasse, als auch der Arbeitgeber ab. Der Grund: In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Pensionskasse war zum einen in § 5 Nr. 3 AVB festgelegt, dass „die Leistungen unter Vorlage der vom Vorstand verlangten Nachweise schriftlich bei der Pensionskasse zu beantragen sind“. Zum anderen, dass die Leistungen „monatlich nachträglich erbracht werden“ – bei vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern mit dem ersten Tag des Monats, in dem der Rentenantrag bei der Kasse eingeht. “

LAG Düsseldorf: Betriebsrente muss auf Antrag rückwirkend gezahlt werden

Der Arbeitnehmer klagte deshalb vor Gericht und hatte damit Erfolg. Die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf sprach ihm rückwirkend für 33 Monate weitere Betriebsrente in Höhe von insgesamt 21.783,96 Euro brutto zu. In der Urteilsbegründung führten die Richter aus, dass es grundsätzlich zulässig sei, die Gewährung der Betriebsrente bei vorzeitig ausgeschiedenen Mitarbeitern vom Vorliegen eines Antrags abhängig zu machen.

Unangemessene Benachteiligung durch AGB-Klausel gemäß § 307 Abs. 1 BGB

Kritisch betrachteten die Richter die darüber hinausgehenden Regelungen in den Versicherungsbedingungen. Das Erfordernis, bei der Antragstellung Nachweise vorzulegen benachteilige Arbeitnehmer unangemessen. Das Gleiche gelte für die Regelung, dass die Betriebsrente erst ab dem Monat der Antragstellung gezahlt wird.

In der Begründung führte das Gericht aus, dass die Formulierung von § 5 Nr. 3 AVB als Mussvorschrift eine Antragstellung ohne Nachweise ausschließe. Demnach bestehe selbst dann kein Anspruch auf Betriebsrente wegen Erwerbsminderung, wenn der Rentenversicherungsträger und/oder ein Amts-bzw. Werksarzt zunächst zu Unrecht das Vorliegen einer Erwerbsminderung verneint haben. Der Beginn der Bezugsberechtigung für die Betriebsrente werde damit davon abhängig gemacht, wie zügig und sorgfältig ein Sachbearbeiter bei der Rentenversicherung bzw. ein Amts- oder Werksarzt im konkreten Fall arbeitet.

Erwerbsminderungsrente: Interessen des Arbeitnehmers überwiegen 

Diesem Nachteil stehen nach Ansicht der Richter keine schützenswerten Interessen der Pensionskasse entgegen. Für das berechtigte Interesse der Pensionskasse, nur bei nachgewiesener Erwerbsminderung Leistungen zu erbringen, sei es ausreichend ein Antragserfordernis vorzusehen, ohne dies zugleich mit der Vorlage von Nachweisen zu verbinden. Ab dem Zeitpunkt des einfachen Antrags könnten Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden.

Das Gericht entschied, dass aufgrund der unangemessenen Benachteiligung die Regelungen in § 5 AVB - jedenfalls bezogen auf die Erwerbsminderungsrente – unwirksam sind. Damit konnte der Arbeitnehmer die Betriebsrente rückwirkend verlangen. Für die Firmenleistung galt nichts anderes.