I. Überblick

 

Rz. 1

Steuerrechtliche Angelegenheiten sind besondere Verwaltungsangelegenheiten, sodass zunächst einmal die Regelungen für die Vergütung in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten entsprechend gelten. Auf die dortigen Ausführungen (siehe § 29) wird Bezug genommen. Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich daher im Wesentlichen auf die Besonderheiten, die sich in steuerrechtlichen und finanzgerichtlichen Angelegenheiten ergeben.

 

Rz. 2

Im außergerichtlichen Bereich ergibt sich insoweit eine Besonderheit, als § 35 RVG für bestimmte Hilfeleistungen bei der Erfüllung allgemeiner Steuerpflichten und bei der Erfüllung steuerlicher Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten auch für den Anwalt auf die Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) verweist und in diesem Anwendungsbereich das RVG für unanwendbar erklärt (Vorbem. 2 Abs. 1 VV).

 

Rz. 3

Eine weitere Besonderheit ergibt sich in erstinstanzlichen Verfahren vor dem FG, als dort nicht die Gebühren nach Teil 3 Abschnitt 1 VV gelten, sondern gem. Vorbem. 3.2.1 Nr. 1 VV die Gebühren nach Teil 3 Abschnitt 2 VV, also die Gebühren eines Berufungsverfahrens.

 

Rz. 4

Die Beschwerden nach § 128 Abs. 3 FGO gegen Entscheidungen über eine Aussetzung der Vollziehung sind abweichend in Vorbem. 3.2.2 Nr. 3 VV geregelt und folgen den Vorschriften eines Revisionsverfahrens.

 

Rz. 5

Hinsichtlich des Gegenstandswerts gilt Folgendes:

Soweit über § 35 RVG die Wertvorschriften der StBVV anzuwenden sind, gelten die Wertvorschriften der StBVV. Die Begrenzung nach § 22 Abs. 2 RVG ist nicht anzuwenden.
Im Übrigen gilt § 23 Abs. 1 RVG i.V.m. den Vorschriften des GKG.
Grundsätzlich greift die Verweisung auf § 52 Abs. 13 GKG. Zu beachten ist hier – mit gewissen Ausnahmen[1] – ein Mindestwert von 1.500,00 EUR (§ 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG).
In Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung greift die Verweisung auf § 53 Abs. 1 i.V.m. § 51 Abs. 1 und 2 GKG. Hier ist der Mindestwert des § 52 Abs. 4 GKG nicht anzuwenden.[2]
Zu beachten ist die Höchstgrenze von 30 Mio. EUR (§ 39 Abs. 2 GKG). Diese gilt auch für Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung.[3]
Ergänzend sind hier die Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Finanzgerichtsbarkeit heranzuziehen.[4]
[1] Siehe z.B. FG Münster AGS 2014, 576 = JurBüro 2014, 415.
[2] BFH AGS 2008, 96 = NJW-Spezial 2008, 59 = RVGreport 2008, 76; FG Düsseldorf AGS 2007, 568; FG Sachsen-Anhalt EFG 2007, 293 = StE 2007, 122; FG Brandenburg EFG 2006, 1704 = StE 2006, 473; FG Köln RVGreport 2007, 255; Thüringer FG EFG 2005, 1563; a.A. Sächsisches FG AGS 2007, 568 = EFG 2006, 1103.
[4] Vom 15. und 16.6.2009 (letzte Überarbeitung: Dezember 2021), abrufbar unter https://www.fg-muenster.nrw.de/infos/Verfahren_Kosten/streitwertkatalog/streitwertkatalog.pdf.

II. Beratung und Gutachten

 

Rz. 6

Beratungs- und Gutachtentätigkeiten fallen nicht unter § 35 RVG, da sie in den §§ 21, 22 StBVV geregelt sind, auf die § 35 RVG nicht Bezug nimmt. Es gelten insoweit die allgemeinen Vorschriften (siehe hierzu § 6 Rdn 1 ff.).[5] Lediglich auf die Prüfung von Steuerbescheiden (§ 28 StBVV) wird Bezug genommen, sodass diese Regelung den Tatbeständen des RVG vorgeht.

[5] Mayer/Kroiß/Teubel, § 35 Rn 9.

III. Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels

 

Rz. 7

Soll der Anwalt die Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels, also einer Revision, einer Nichtzulassungsbeschwerde oder einer Beschwerde prüfen, gelten die Nrn. 2100, 2101 VV, da die StBVV insoweit keine Tatbestände enthält, auf die § 35 RVG verweist. Die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Einspruchs gegen einen Steuerbescheid fällt nicht unter Nrn. 2100, 2101 VV, da der Einspruch kein Rechtsmittel, sondern ein Rechtsbehelf ist (zur Abrechnung siehe § 7 Rdn 1 ff.).

IV. Außergerichtliche Vertretung

1. Hilfeleistungen in Steuersachen nach der StBVV

 

Rz. 8

Für bestimmte außergerichtliche Tätigkeiten in Steuersachen gilt nach § 35 RVG die StBVV entsprechend. Insoweit sind die Gebührentatbestände nach Teil 2 VV ausgeschlossen (Vorbem. 2 Abs. 1 VV). Die Regelungen der anderen Teile des VV sind dagegen anzuwenden, also z.B. auch die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Nr. 1 VV sowie die Auslagen nach Teil 7 VV.

 

Rz. 9

Soweit die StBVV besondere Regelungen zum Gegenstandswert enthält, gehen diese gem. § 35 RVG ebenfalls den Vorschriften des RVG (§§ 23 ff. RVG) vor.

 

Rz. 10

Unklar ist hier lediglich, ob auch hier die Begrenzung des Gegenstandswerts nach § 22 Abs. 2 RVG gilt. Dies wird man zutreffenderweise verneinen müssen.[6]

 

Rz. 11

Erbringt der Anwalt Hilfeleistungen bei der Erfüllung allgemeiner Steuerpflichten und bei der Erfüllung steuerlicher Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten, so sind nach § 35 RVG die Gebührentatbestände der §§ 23 bis 39 StBVV i.V.m. den §§ 10 und 13 StBVV entsprechend anzuwenden. Soweit diese anzuwenden sind, kommen Gebühren nach Teil 2 VV nicht in Betracht (Vorbem. 2 Abs. 1 VV).

 

Rz. 12

Auch wenn vorrangig die StBVV gilt und die Gebührentatbestände nach Teil 2 VV insoweit ausgeschlossen sind, bedeutet dies nicht, dass insgesamt das RVG nicht gelte, was sich schon aus dem Umkehrschluss zu Vorbem. 2 Abs. 1 VV ergibt. Die sonstigen Regelungen des RVG bleiben anwendbar, so insbesondere...

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