Rz. 333

Besondere Beachtung verdient die Frage, was eigentlich der Auftraggeber schuldet, wenn mit seinem Anwalt ein Pauschalhonorar für eine bestimmte Tätigkeit vereinbart wurde, das Mandat aber vorzeitig vom Mandanten gekündigt wird. In der Praxis kann man häufig beobachten, dass Mandanten versuchen auf der "Zielgeraden" nochmals Geld zu sparen.

 

Rz. 334

Zur Vergütung bei vorzeitiger Kündigung des Anwaltsvertrages hat der Anwalt im Honorarprozess dezidiert vorzutragen.

Zitat

"1. Muss der Rechtsanwalt seine Leistungspflicht aufgrund eines Vertrages mit Vergütungsvereinbarung nur zum Teil erfüllen, weil der Mandant nach § 627 BGB vorzeitig kündigt, hat er den seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung durch substantiierten Tatsachenvortrag nachvollziehbar darzustellen. Fehlt ein derartiger Prozessvortrag kommt auch eine Vergütungsschätzung in entsprechender Anwendung von § 287 ZPO nicht in Betracht. (amtlicher Leitsatz)"[213]

 

Rz. 335

Das OLG Köln hält eine Klausel, mit der der Auftraggeber verpflichtet wurde, das gesamte vereinbarte Honorar zu bezahlen, wenn die Kündigung nicht vom Anwalt zu vertreten war, grundsätzlich nur dann für wirksam, wenn es sich um eine Individualvereinbarung handelt.

Zitat

"Eine Klausel in einer Honorarvereinbarung, die dem Rechtsanwalt für den Fall einer nicht von ihm zu vertretenden Kündigung des Mandatsverhältnisses durch den Mandanten stets und unabhängig vom Umfang der bislang erbrachten Dienste das gesamte vereinbarte Pauschalhonorar belässt, ist nicht sittenwidrig. Handelt es sich bei der Pauschalvereinbarung um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB, führt die danach vorzunehmende Inhaltskontrolle zur Unwirksamkeit der Klausel gemäß §§ 308 Nr. 7a, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. § 628 Abs. 1 S. 1 BGB soll die Ausübung des Kündigungsrechts gemäß § 627 BGB gewährleisten. Die wirtschaftliche Wechselwirkung, dass der Auftraggeber nicht aus wirtschaftlichen Gründen von einer Kündigung des Dienstvertrages abgehalten werden soll, wird durch eine solche Klausel in der Honorarvereinbarung unterlaufen."[214]

 

Rz. 336

Pauschalhonorare müssen häufig zu einem Zeitpunkt festgelegt werden, zu dem der Arbeitsaufwand noch nicht absehbar ist. Bei vorzeitiger Beendigung des Mandats durch den Mandanten oder Anwalt besteht oft Unsicherheit über die angemessene Teilvergütung, wenn es an einer Regelung für diesen Fall fehlt. Es ist daher sinnvoll, ein gestaffeltes Honorar zu vereinbaren, wenn man schon ein Pauschalhonorar vereinbaren möchte, um die Gefahr ein wenig abzuwenden. Nachstehende Vereinbarung kann z.B. mit einem Unternehmermandanten getroffen werden; eine weitere Formulierungshilfe ist in Rdn 267 enthalten.

 

Formulierungshilfe

"Zwischen der Kanzlei … und dem Auftraggeber … wird für die Erstellung des unter Ziff. xy genannten Geschäftsführeranstellungsvertrags ein Pauschalhonorar in Höhe von 3.000 EUR netto vereinbart."

Mit Auftragserteilung ist ein Honoraranteil in Höhe von 500 EUR netto fällig; mit Vorlage des ersten Vertragsentwurfs ist ein weiterer Honoraranteil in Höhe von 2.000 EUR netto fällig.

Weitere 500 EUR netto werden fällig mit Finalisierung des Vertrags. Dabei vereinbaren Kanzlei und Auftraggeber, dass für diese Finalisierung ein Zeitaufwand von 2 Stunden vorgesehen ist. Sofern die Finalisierung mehr als 2 Stunden Zeitaufwand bedarf, wird zusätzlich ein Stundensatz in Höhe von . . . . . ab der 3. Arbeitsstunde geschuldet.

Alle unter Ziff. … genannten Beträge verstehen sich zzgl. der jeweils geltenden gesetzlichen Umsatzsteuer, derzeit 19 %.“

Bei dieser Vereinbarung hat man mehrere Probleme umschifft:

Bereits bei Auftragserteilung fällt der erste Vergütungsanteil an.
Mit Vorlage des ersten Entwurfs fällt der größte Anteil der vereinbarten Vergütung an; eine Kündigung vor der Finalisierung wäre jetzt nicht besonders "schmerzhaft".
Für die Finalisierung wird ein begrenztes Zeitfenster vorgesehen (bremst die zig-fachen Änderungswünsche des Mandanten etwas ein); fällt dem Mandanten permanent etwas Neues ein, kann dies mit den dann zusätzlich abzurechnenden Stunden aufgefangen werden.
Der Mandant hat es also bei dieser Vereinbarung weitgehend selbst in der Hand, alle notwendigen Informationen für die Vertragserstellung gleich am Anfang und nicht "häppchenweise" zu liefern. Je umfassender die Informationserteilung durch den Mandanten gleich am Anfang, desto kostengünstiger für diesen.
[214] OLG Köln, Urt. v. 17.10.2012 – 17 U 7/12, BeckRS 2013, 08393 = AGS 2013, 268 = JurBüro 2013, 469.

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