Rz. 227

Wurde der Gegner zur Zahlung von Prozesskosten verurteilt, so ist der Prozesskostenhilfe-Anwalt berechtigt, seine notwendigen Gebühren und Auslagen gegen den verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben (§§ 126 Abs. 1, 103 ff., 91 ZPO). Dieser Direktanspruch[423] besteht neben dem Anspruch gegen die Staatskasse (§ 49 RVG) und gegen den Mandanten aus Anwaltsvertrag im Falle der Prozesskostenhilfe-Aufhebung bzw. bei Teil-Prozesskostenhilfe.[424] Der in § 59 RVG ausgesprochene Übergang des Vergütungsanspruchs betrifft auch den Kostenerstattungsanspruch eines beigeordneten Rechtsanwalts gem. § 126 Abs. 1 ZPO. Dieser Forderungsübergang lässt Grund und Höhe des übergehenden Anspruchs unberührt und führt zu keiner Haftungserweiterung des Kostenschuldners.[425] Die sich dann aus § 126 Abs. 2 S. 1 ZPO ergebende Verstrickung des Kostenerstattungsanspruchs zugunsten eines im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts tritt außer Kraft, wenn auf den Namen der von ihm vertretenen Partei ein Kostenfestsetzungsbeschluss ergangen ist, und zwar solange, bis dieser Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben oder durch einen zweiten, auf den Namen des Anwalts erlassenen ersetzt worden ist.[426]

 

Rz. 228

Der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt hat daher folgende Wahlmöglichkeiten:

Er kann zunächst seine (verminderte) Vergütung nach § 49 RVG aus der Staatskasse beanspruchen; diese treibt die auf sie übergegangenen Ansprüche nach § 59 RG vom Gegner bei; daneben kann der Anwalt seine weitere Vergütung bis zur Höhe der Wahlanwaltsvergütung nach § 13 RVG im eigenen Namen nach § 126 Abs. 1 ZPO vom verurteilten Gegner verlangen.
Er kann seine gesamte Wahlanwaltsvergütung nach § 13 RVG gegen den Gegner gem. §§ 103 ff. ZPO festsetzen lassen.
Hat die Prozesskostenhilfe-Partei an die Staatskasse Zahlungen zu leisten und ist durch diese Raten die weitere Vergütung gedeckt, so kann der Rechtsanwalt bei Erreichen der Zahlungen bis zur Höhe der Wahlanwaltsvergütung die Differenz zur Prozesskostenhilfe-Vergütung ebenfalls aus der Staatskasse verlangen. In einem solchen Fall ist die Prozesskostenhilfe-Partei berechtigt, diesen Betrag nach §§ 103 ff. ZPO gegen den unterlegenen Gegner festsetzen zu lassen. Dies gilt auch, wenn der Auftraggeber an den Rechtsanwalt auf dessen Verlangen gegenüber dem Gegner auf eine erstattungsfähige Wahlanwaltsvergütung (Teil-)Zahlung leistet. Insoweit geht der Direktanspruch des Anwalts gegen den Gegner unter. Der Mandant kann dann ebenfalls diese Zahlungen vom Gegner erstattet verlangen.[427]
 

Rz. 229

 

Beispiel

Klage über 10.000 EUR; dem Kläger wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt R in vollem Umfang Prozesskostenhilfe bewilligt. Nach mündlicher Verhandlung wird der Beklagte zur Zahlung verurteilt. Ihm werden zugleich die Kosten auferlegt. An Anwaltskosten sind entstanden:

 
  Wahlanwaltsvergütung PKH-Vergütung (§ 49 RVG)
Verfahrensgebühr 725,40 EUR 399,10 EUR
Terminsgebühr 669,60 EUR 368,40 EUR
Auslagen 20,00 EUR 20,00 EUR
19 %USt 268,85 EUR 149,63 EUR
Summe 1.683,85 EUR 937,13 EUR
Differenz = weitere Vergütung 746,72 EUR

R hat folgende Möglichkeiten, um seine Vergütungsansprüche zu realisieren:

Er lässt sich 937,13 EUR an Prozesskostenhilfe-Vergütung aus der Staatskasse auszahlen; diese zieht den Betrag nach § 59 RVG vom Beklagten ein; daneben lässt sich R seine weitere Vergütung nach §§ 126 Abs. 1, 103 ff. ZPO in Höhe von 746,72 EUR gegen den Gegner festsetzen und versucht, diese im Rahmen der Zwangsvollstreckung beizutreiben (empfehlenswert).
Er lässt sich seine gesamte Wahlanwaltsvergütung von 1.683,85 EUR nach §§ 126 Abs. 1, 103 ff. ZPO gegen den Beklagten festsetzen und beansprucht zunächst keine Vergütung aus der Staatskasse; beantragt er jedoch später doch noch seine Prozesskostenhilfe-Vergütung aus der Staatskasse, so muss er etwaige Zahlungen seitens des Gegners aufgrund der vorherigen Kostenfestsetzung gegenüber der Staatskasse angeben (§ 55 Abs. 5 RVG; nicht empfehlenswert).
Der Mandant zahlt – trotz Prozesskostenhilfebewilligung – in Höhe der Wahlanwaltsvergütung (1.683,85 EUR) an R; R beantragt daher im Namen der Partei die Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO.

Abwandlung

Der Kläger hat monatlich 60 EUR an Raten zu zahlen.

In einem solchen Fall beantragt R die Prozesskostenhilfe-Vergütung in Höhe von 746,72 EUR aus der Staatskasse; nach ca. 25 Monaten (25 × 60 EUR = 1.500,00 EUR) ist durch die Ratenzahlung auch die weitere Vergütung gedeckt, sodass R auch noch diesen Betrag nach §§ 50, 55 RVG aus der Staatskasse erhält. Diese weitere Vergütung kann sich der Mandant gegen den Beklagten festsetzen lassen (§§ 103 ff. ZPO).

 

Rz. 230

 

Hinweis

Nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 ZPO wird das Gericht die von der Prozesskostenhilfe-Partei zu erbringenden Ratenzahlungen einstweilen einstellen, da der Beklagte in die Kosten verurteilt wurde; stellt sich allerdings heraus, dass dieser zahlungsunfähig ist, so hebt das Gericht die einstweilige Einstellung wieder auf. In die...

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