Rz. 37

Allerdings finden die §§ 327 ff. BGB nach § 327a Abs. 3 Satz 1 BGB[165] – in Herstellung einer Komplementarität mit der WRKL[166] – keine Anwendung auf digitale Produkte, die gemäß eines Kaufvertrags über Sachen mit digitalen Elementen zusammen mit diesen Sachen bereitgestellt werden: Hier sind insgesamt nur die infolge der Umsetzung der WKRL neu gefassten Regelungen des Kaufrechts anwendbar.

Vgl. dazu auch Art. 3 Abs. 4 der Digitale-Inhalte-RL, wonach die Richtlinie nicht für digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen gilt, die i.S.v. Art. 2 Nr. 3 der Digitale-Inhalte-RL Waren enthalten oder mit ihnen verbunden sind und gemäß eines diese Waren betreffenden Kaufvertrags mit diesem Waren bereitgestellt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob diese digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen vom Verkäufer oder von einem Dritten bereitgestellt werden. Bestehen beim Kauf einer Ware mit digitalen Elementen Zweifel, so wird vermutet, dass die Verpflichtung des Verkäufers die Bereitstellung der digitalen Inhalte oder der digitalen Dienstleistungen vom Kaufvertrag umfasst wird.

Die §§ 327 ff. BGB gelten hingegen für alle anderen Verbraucherverträge, welche digitale Produkte betreffen.

 

Rz. 38

Notwendig ist somit eine Differenzierung zwischen

Sachen, die digitale Produkte enthalten (§ 327a Abs. 2 BGB) einerseits und
Waren mit digitalen Elementen[167] (§ 327a Abs. 3 BGB) andererseits,

wenngleich die Rechtsfolgen wegen eines Mangels eine Angleichung erfahren haben,[168] in Bezug auf

den Mangelbegriff:

§ 327e BGB und
§§ 434, 479b BGB (im Kaufrecht);

die Ansprüche (Nacherfüllung, Minderung, Vertragsbeendigung, Schadens- und Aufwendungsersatz):

§ 327i BGB und
§ 437 BGB;

die Verjährung (jeweils zwei Jahre):

§ 327j BGB und
§ 438 BGB.
 

Rz. 39

Unterschiede bestehen jedoch noch wie folgt:

Bei Sachen, die digitale Produkte enthalten, besteht ein Recht auf Vertragsbeendigung; für Waren mit digitalen Elementen besteht ein kaufrechtliches Rücktrittsrecht (§ 437 Nr. 2 BGB).
Nur für Sachen, die digitale Produkte enthalten, besteht nach § 327f BGB eine Up­dateverpflichtung.
 

Beachte

§ 475a BGB (nachstehende Rdn 127 ff.) ist das Gegenstück zu § 327a Abs. 3 BGB. Es kommt auf die Abgrenzung zu Waren mit digitalen Elementen an.[169] Die in

§ 475a Abs. 1 BGB für körperliche Datenträger und in
§ 475a Abs. 2 BGB für den Kauf einer Ware, die mit einem digitalen Element versehen ist, ohne dass das digitale Produkt für die Funktion der Ware erforderlich ist,

enumerativ genannten kaufrechtlichen Regelungen sind nicht anzuwenden, stattdessen gelten die §§ 327 ff. BGB.

Obgleich § 475a BGB dies nicht ausdrücklich vorsieht, gelangen die §§ 327 ff. BGB auch dann zur Anwendung, "wenn dem Verbraucher lediglich ein digitales Produkt einmalig bereitgestellt wird, selbst wenn der entsprechende Vertrag als Rechtskauf (§ 453 BGB) zu qualifizieren ist".[170]

 

Rz. 40

"Sachen mit digitalen Elementen" werden legal definiert als Sachen, die in einer Weise digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen enthalten oder mit ihnen verbunden sind, dass die Sachen Funktionen ohne diese digitalen Inhalte oder Dienstleistungen nicht erfüllen können:

Die Ware kann ohne das digitale Element ihre Funktion überhaupt nicht erfüllen (funktionales Kriterium).

Bspw.[171] ein Kfz mit eingebautem Navigationsgerät: Hier findet nicht allein Kauf- oder Mietrecht Anwendung, da das Fahrzeug auch ohne dieses Gerät fahrtüchtig ist. Anders der Kauf eines PC mit Betriebssoftware: Diese ist für die Funktionsfähigkeit des PCs – anders als etwa eine zusätzlich erworbene Anwendungssoftware – erforderlich, womit allein Kaufrecht gilt.

Und: Wird die Bereitstellung des digitalen Elements nach dem (Kauf-) Vertrag geschuldet (vertragliches Kriterium)? Hierfür muss der Vertrag ggf. ausgelegt werden[172] (vgl. dazu auch die Auslegungsregel des § 327a Abs. 3 Satz 2 BGB, nachstehende Rdn 41).

Für diesen Fall gilt ausschließlich Kaufrecht, nämlich die §§ 475b–e BGB (mit neuen ergänzenden Regelungen für entsprechende Verbraucherverträge).[173]

 

Beispiel: Kauf eines Rasenmähroboters

Erfasst wird bspw. der Kauf eines Rasenmähroboters:[174] Dieser verfügt zwar über eingebettete Software, gleichwohl kann er nur gemeinsam mit einer Steuerungs-App für das Mobiltelefon des Verbrauchers und dessen Nutzerkonto in der Hersteller-Cloud die vertragsmäßigen Funktionen wahrnehmen.[175] Sie müssen nach Erwägungsgrund 21 der Digitale-Inhalte-RL[176] und in vergleichbarer Formulierung in Erwägungsgrund 15 der WKRL ein funktionales (kann die Sache ohne das digitale Element ihre Funktionen erfüllen?) und vertragliches Kriterium (ist die Bereitstellung des digitalen Elements, d.h. enthaltener oder verbundener digitaler Produkte, gemäß Kaufvertrag geschuldet?) erfüllen.[177]

 

Beachte

§ 327a Abs. 3 ist "damit eine bedeutsame Schnittstelle zum Verbrauchsgüterkaufrecht".[178]

 

Rz. 41

Waren mit digitalen Elementen zeichnen sich durch folgende Merkmale aus:[179]

Die digitalen Produkte sind rä...

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