Rz. 163

Wurde PKH für alle Streitgenossen bewilligt, ist der Anspruch gegen die Staatskasse unproblematisch, da der beigeordnete RA seine Gebühren unter Einschluss der erhöhten Gebühr gem. Nr. 1008 VV RVG erhält.

 

Rz. 164

Werden mehrere Streitgenossen durch einen RA vertreten und ist nur einem Auftraggeber Prozesskostenhilfe bewilligt worden, werden unterschiedliche Auffassungen in der Rechtsprechung vertreten:

Eine Meinung besagt, dass die PKH-Vergütung auf den Bruchteil der Wahlanwaltsvergütung begrenzt ist, an dem der Streitgenosse mit PKH am Rechtsstreit beteiligt ist.[64] Mit dieser Bruchteilsauffassung soll verhindert werden, dass sich der Streitgenosse ohne PKH-Bewilligung seinem Anteil an der gesamtschuldnerischen Vergütungshaftung gegenüber dem RA auf Kosten der Staatskasse entledigt.
Eine andere Auffassung beschränkt den Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts auf die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG.[65] Auch bei dieser vertretenen Meinung wird als Argument angeführt, dass der nicht bedürftige Auftraggeber von seiner Verbindlichkeit aus Mitteln der Staatskasse entlastet wird. Des Weiteren sei es auch nicht Aufgabe der Prozesskostenhilfe, den bedürftigen Streitgenossen vor einer Inanspruchnahme des nicht bedürftigen Streitgenossen i.S.v. § 426 Abs. 1 BGB zu schützen.
Die herrschende Meinung gewährt die vollen Anwaltsgebühren (§ 49 RVG), die durch die Vertretung der bedürftigen Partei ausgelöst worden sind, sofern PKH ohne Beschränkung bewilligt wurde.[66] Besteht aufgrund des PKH-Bewilligungsbeschlusses keine Beschränkung, richtet sich der Vergütungsanspruch nach § 7 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 RVG, so dass sich die Höhe der Vergütung ergibt, die entstanden wäre, wenn der RA nur den bedürftigen Auftraggeber vertreten hätte. Mit dieser Auffassung soll vermieden werden, dass die bedürftige Partei von dem leistungsfähigen Streitgenossen nach § 426 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen wird. Die PKH-Bewilligung soll ja gerade den Zweck erfüllen, dass die bedürftige Partei mit Prozesskosten nicht belastet wird.
 

Rz. 165

 

Beispiel

Der nur einer Partei beigeordnete RA vertritt zwei Kläger wegen einer Forderung von 6.500,00 EUR.

 
Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG (1,3) aus 6.500,00 EUR (Tabelle § 49 RVG) 360,10 EUR
Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG (1,2) aus 6.500,00 EUR (Tabelle § 49 RVG) 332,40 EUR
Post- und Telekommunikationsentgelte gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer 19 % gem. Nr. 7008 VV RVG 135,38 EUR
Summe 847,88 EUR
[64] OLG Jena OLGR Jena 2007, 163–164; OLG Köln NJW-RR 1999, 725–727.
[65] OLG Koblenz AGS 2004, 249 = Rpfleger 2004, 503; OLG Naumburg Rpfleger 2004, 168–169.
[66] OLG Bamberg OLGR Bamberg 2001, 28; OLG München AGS 2011, 76–78 = JurBüro 2011, 146–147.

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