Rz. 89

Für Briefe an den Mandanten ist maßgebend § 11 BORA "Mandatsbearbeitung und Unterrichtung des Mandanten" zu berücksichtigen, wonach Folgendes gilt:

Zitat

1. Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, das Mandat in angemessener Zeit zu bearbeiten und den Mandanten über alle für den Fortgang der Sache wesentlichen Vorgänge und Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten. Dem Mandanten ist insbesondere von allen wesentlichen erhaltenen oder versandten Schriftstücken Kenntnis zu geben.
2. Anfragen des Mandanten sind unverzüglich zu beantworten.

Unter datenschutzrechtlichen Aspekten problematisch ist u.U. die Kommunikation mit dem Mandanten per E-Mail, zumal der Rechtsanwalt zur strikten Verschwiegenheit verpflichtet ist, §§ 203 StGB, 43a Abs. 2 S. 1 BRAO, 2 Abs. 1 BORA. E-Mails sind nur eingeschränkt sicher, für eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung fehlt bislang ein einheitlicher Standard. Der Rechtsanwalt sollte sich durch eine ausdrückliche Einwilligung des E-Mail-Empfängers (auch im Hinblick auf eine etwa fehlende oder unzureichend sichere Transportverschlüsselung) schützen. Hat der Mandant vor Beginn des E-Mail-Verkehrs seine E-Mail-Adresse mitgeteilt, ist von einer konkludenten Einwilligung auszugehen.[47]

 

Rz. 90

Aus dem Rechtsanwaltsvertrag, §§ 611, 666, 675 BGB, folgen ebenfalls anwaltliche Pflichten: Erforderliche Nachrichten sind zu geben, auf Verlangen ist über den Stand der Angelegenheit Auskunft zu erteilen und nach Ausführung des Auftrags ist Rechenschaft abzulegen.

 

Rz. 91

Was "wesentliche Schriftstücke" sind, muss der Rechtsanwalt ggf. nach pflichtgemäßem Ermessen prüfen. Dabei kann es auch auf die persönliche und wirtschaftliche Bedeutung des Falles ankommen. Allerdings dürfte es sich empfehlen, im Zweifel zugunsten des Mandanten davon auszugehen, dass dieser informiert werden will, auch wenn sich aus dem Charakter des jeweils erteilten Mandats oder auch des Mandanten Besonderheiten ergeben können. Auf die jeweilige Erwartungshaltung des Mandanten dürfte abzustellen sein, zumal letztendlich auch die Zufriedenheit des Mandanten Werbung für die Tätigkeit des Rechtsanwalts und für erhoffte Weiterempfehlungen ist. Hat der Mandant seit längerem nichts mehr von seinem Rechtsanwalt gehört, wird er sich ohnehin melden. Dann empfiehlt es sich, z.B. auch eine bloße Zwischennachricht des Gerichts oder Vergleichbares mit einem kurzen Hinweis auf das weitere, zu erwartende Voranschreiten der Angelegenheit weiterzuleiten. Dies ist dann im Ergebnis zeitsparender, als ein Telefonat des Inhalts zu führen, ob und wann mit dem Fortgang des Verfahrens nach Einschätzung des Rechtsanwalts zu rechnen ist.

 

Rz. 92

Der Mandant ist ohne schuldhaftes Zögern i.S.d. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB zu informieren, d.h. nach Ablauf einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungsfrist.[48] Zumeist ist allerdings der bürointerne Organisationsaufwand (von der Bearbeitung der Posteingänge über die Zuordnung zu den Akten und der Vorlage an den bearbeitenden Rechtsanwalt, dessen Bearbeitungszeit einschließlich einer juristischen Überprüfung des eingegangenen Schriftstücks und die Erledigung bis zur Abgabe zur Post bzw. Weiterleitung per Fax oder E-Mail) nicht von der Hand zu weisen. Eine Weiterleitung eines Posteingangs noch am selben Tag an den Mandanten dürfte daher in der Praxis selten zu gewährleisten sein. Allerdings sollte gerade bei fristgebundenen Angelegenheiten (rechtsmittel- und rechtsbehelfsfähige Entscheidungen; vom Gericht vorgegebene Stellungnahmefristen) für eine schnelle Information des Mandanten gesorgt werden, damit dieser selbst die Zeitspanne bis zum Ablauf der Frist für eigene Überlegungen weitestgehend ausschöpfen kann.[49]

 

Rz. 93

Inhaltlich ist darauf zu achten, den Mandanten vollständig und verständlich (ohne juristische Sprachspiele) zu informieren. Anderenfalls ist mit einem sofortigen Anruf des Mandanten zwecks Erläuterung zu rechnen. Der Zeitaufwand für solche Nachfragen und die unnötige Überlastung des Sekretariats sollten tunlichst vermieden werden. Ungenügende Informationen anlässlich der Abwicklung des Mandats führen ohnehin zur Unsicherheit bzw. Unzufriedenheit des Mandanten und sind daher ebenfalls keine Werbung, abgesehen davon, dass dieser seinen Unmut später ggf. durch entsprechende schleppende Bezahlung oder Nichtzahlung der Gebührenrechnung dokumentieren wird.

[47] Gaier/Wolf/Göcken/Zuck, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl. 2020, § 2 BORA.
[48] BGH, Urt. v. 18.7.2016 – AnwZ (Brfg) 22/15, juris Rn 15 = NJW-RR 2016, 1146 ff.
[49] Gaier/Wolf/Göcken/Zuck, Anwaltliches Berufsrecht, § 11 BORA Rn 17: "Diese Feststellung verbietet keineswegs gängige Ausnahmen, wie nicht vertreterbedürftige Abwesenheit des sachbearbeitenden Anwalts oder die Überlastung des Schreibtischs."

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