Rz. 117

Die Ermittlung des Gegenstandswertes für anwaltliche Tätigkeiten erfolgt nach § 23 RVG, der seinerseits auf die anderen Kostengesetze verweist. Dies wurde bereits oben in Rdn 17 ff., 26, 26 und 26 f. dargestellt. Während § 23 RVG

in Absatz 1 Wertvorschriften für gerichtliche und diesen vorausgehende oder sie vermeidende Anwaltstätigkeiten enthält,
beinhaltet Absatz 3 Wertvorschriften für Angelegenheiten, die nicht die Mitwirkung des RA an einem gerichtlichen Verfahren betreffen bzw. nicht seiner Vorbereitung oder Vermeidung dienen,
wobei Absatz 3 auch auf die Fälle anwendbar ist, in denen für die Gerichtsgebühren keine Wertvorschriften vorgesehen sind, weil z. B. das gerichtliche Verfahren gebührenfrei ist, sofern das RVG nicht an anderer Stelle entsprechende Wertvorschriften normiert, so in den §§ 23a bis 31b RVG.

Es sei in diesem Zusammenhang auf das in Rdn 29 dargestellte Prüfungsschema zur Ermittlung des Gegenstandswertes zu § 23 RVG hingewiesen.

Für die in § 23 Abs. 1 RVG aufgeführten Anwaltstätigkeiten ist typisch, dass sie entweder der Geltendmachung oder der Abwehr von Rechten dienen, auch ohne dass sich unbedingt ein Gericht damit beschäftigen muss. Im Gegensatz dazu befasst sich § 23 Abs. 3 RVG im Wesentlichen mit der Begründung von Rechten, worunter insbesondere die Anfertigung von Vertrags- oder Urkundenentwürfen fällt, aber auch z. B. die Mitwirkung des RA an Verkaufsverhandlungen oder bei der zweckdienlichen Auseinandersetzung von Gemeinschaften und Gesellschaften, wenn dabei kein Rechtsstreit zu erwarten ist.

 

Merke:

Nach § 23 Abs. 1 RVG darf nur bewertet werden, wenn es um irgendein gerichtliches Verfahren geht, oder um diesem üblicherweise vorausgehende oder es vermeidende Anwaltstätigkeiten.

Nach § 23 Abs. 3 RVG darf nur bewertet werden, wenn kein Rechtsstreit zu erwarten ist (oder wenn ausnahmsweise für einen Rechtsstreit Wertvorschriften fehlen).

 

Rz. 118

In § 23 Abs. 3 S. 1 RVG werden bestimmte Wertvorschriften des GNotKG für anwendbar erklärt, was gleichzeitig die nicht genannten Vorschriften des GNotKG ausschließt. Es handelt sich dabei um folgende Bestimmungen:

 
§ 37 GNotKG Maßgebend ist nur der Hauptgegenstand des Geschäfts; keine Berücksichtigung von Zinsen, Kosten, usw. Ausnahmsweise sind Nebengegenstände zu bewerten, wenn es nur um sie geht.
§ 38 GNotKG Schuldenabzugsverbot: Verbindlichkeiten, die auf einem Gegenstand lasten, werden grundsätzlich nicht bei der Bewertung abgezogen.
§ 42 GNotKG Bei Bestellung von Wohnungseigentum oder Teileigentum ist als Geschäftswert der Wert des Grundstücks einschließlich der Bebauung anzunehmen.
§ 43 GNotKG Bei Bestellung von Erbbaurechten beträgt der Wert grundsätzlich 80 % vom Grundstückswert (§ 49 Abs. 2 GNotKG), wobei ein Vergleich mit dem vereinbarten Erbbauzins (§ 52 GNotKG) anzustellen ist, der höhere Wert gilt;
§ 46 GNotKG Die Bewertung von beweglichen Sachen und Grundstücken erfolgt grundsätzlich mit dem gewöhnlichen Verkaufspreis bzw. dem Verkehrswert.
§ 47 GNotKG Beim Kauf von Sachen ist der Kaufpreis zuzüglich zusätzlicher Leistungen des Käufers maßgebend, oder der Verkehrswert der Sache, falls er höher ist;
§ 51 Abs. 1 GNotKG Vorkaufs- und Wiederkaufsrechte werden grundsätzlich mit dem halben Wert der Sache bewertet.
§ 52 GNotKG Bei wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen wird der Wert des einjährigen Bezugs mit unterschiedlichen Vervielfältigungsfaktoren multipliziert, die teilweise vom Lebensalter der Personen abhängen.
§ 52 Abs. 1 GNotKG Zur Bewertung einer Dienstbarkeit (Grunddienstbarkeit) ist das Interesse des Grundstückseigentümers daran festzustellen, d. h., um welchen Betrag sich der Wert des herrschenden Grundstücks durch sie erhöht.
  Bei einer Reallast ist zu bewerten, welchen Wert sie für den Berechtigten hat.
§ 53 Abs. 1 GNotKG Der Wert einer Hypothek oder Grundschuld ist der Nennbetrag der Schuld.
§ 53 Abs. 2 GNotKG Bei vertraglichen Pfandrechten und sonstigen Sicherheiten (z. B. Bürgschaft) ist der Nennbetrag der gesicherten Forderung oder der geringere Wert des Sicherungsgegenstands maßgebend, also der niedrigere Wert von beiden zu nehmen.
§ 99 Abs. 1 GNotKG Bei Miet- und Pachtrechten nimmt man bei bestimmter Vertragsdauer das gesamte Entgelt während der ganzen Vertragsdauer, höchstens jedoch für 20 Jahre und bei unbestimmter Vertragsdauer grundsätzlich für die ersten fünf Jahre.
§ 99 Abs. 2 GNotKG Bei Dienstverträgen geht man höchstens vom fünffachen Jahresbetrag der gesamten Bezüge aus.
§ 100 GNotKG Bei Eheverträgen bestimmt sich der Geschäftswert nach dem zusammengerechneten gegenwärtigen Vermögen beider Ehegatten. Bei Ermittlung des Vermögens werden die Schulden des jeweiligen Ehegatten abgezogen, jedoch nur bis zur Hälfte seines Vermögens!
§ 102 GNotKG Bei Testamenten und Erbverträgen bestimmt sich der Wert nach dem gegenwärtig vorhandenen Vermögen des Testierenden, wenn über den ganzen Nachlass oder einen Bruchteil davon verfügt wird. Verbindlichkeiten des Erblassers werden abgezogen, jedoch nur bis zur Hälft...

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