Rz. 63

Die zentrale Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung von Informationsrechten gegenüber dem Bevollmächtigten fasst § 666 BGB in einem Satz zusammen:

Zitat

"Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen."

Den Bevollmächtigten treffen somit genau genommen drei Informationspflichten mit unterschiedlichem Inhalt (siehe Rdn 64 ff., 70 ff., 75 ff.).

1. Benachrichtigungspflicht

 

Rz. 64

Die Benachrichtigungspflicht umfasst einzelne Informationen, die u.U. schon vor Tätigwerden des Bevollmächtigten für den Vollmachtgeber von Bedeutung sein können. Ist der Bevollmächtigte z.B. vorübergehend oder dauerhaft nicht in der Lage, für den Vollmachtgeber tätig zu werden, obwohl dieser sich darauf verlässt, ist dies eine "erforderliche Nachricht", deren unterlassene Mitteilung möglicherweise Schadensersatzansprüche gem. § 280 Abs. 1 BGB auslösen kann.[63] Der Vollmachtgeber muss dann nämlich die Möglichkeit haben, eine anderweitige Vertretung zu organisieren.

 

Rz. 65

 

Hinweis

Bei Untätigkeit des Bevollmächtigten können die Erben Schadensersatzansprüche prüfen, wenn dadurch Kosten entstehen, die sonst nicht entstanden wären. Wird z.B. ein Betreuer bestellt, sind dessen Kosten in Form der Betreuervergütung ein vermeidbarer Schaden für das Vermögen des Betreuten. Auch Ertragsverluste, die durch die Auflösung und Umwandlung von rentablen Kapitalanlagen in Mündelkonten entstehen, könnten als Schadenspositionen geltend gemacht werden.

 

Rz. 66

Ebenso hat der Bevollmächtigte den Vollmachtgeber zu benachrichtigen, wenn er von einer zuvor erteilten Weisung abweichen will. Relevant wird dies z.B. bei Veräußerungsgeschäften, in denen der Bevollmächtigte einen ursprünglich vorgegebenen Preis nicht erzielen kann. Entscheidet sich der Bevollmächtigte dann zum Verkauf unter dem vorgegebenen Wert, macht er sich schadensersatzpflichtig, wenn der erzielte Preis unter dem Verkehrswert liegt.[64]

 

Rz. 67

Schließlich hat der Bevollmächtigte auch eine Hinweispflicht, wenn er sieht bzw. sehen muss, dass die Weisungen des Vollmachtgebers für diesen nachteilig sind. Insoweit gilt auch § 665 Abs. 2 BGB, wonach eine Anzeige- und Wartepflicht des Auftragnehmers besteht, wenn er sieht, dass eine Abweichung von den Weisungen im Sinne des Auftraggebers sein müsste.[65]

 

Rz. 68

Die Benachrichtigungspflicht entsteht mit Abschluss des Auftragsverhältnisses, es bedarf keiner besonderen Aufforderung durch den Vollmachtgeber.

Da die Frage, wann den Bevollmächtigten eine Benachrichtigungspflicht trifft, je nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist, ist auch die Beweislast nicht einfach zu bestimmen. Der BGH differenziert: Der Vollmachtgeber muss beweisen, dass eine Situation vorlag, die dem Bevollmächtigten Anlass zur Benachrichtigung gegeben hätte; der Bevollmächtigte muss sodann beweisen, dass er die geschuldete Mitteilung veranlasst hat.[66]

 

Rz. 69

Das KG Berlin[67] hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem der verstorbene Erblasser einen Rechtsanwalt über den Tod hinaus bevollmächtigt hatte. Dieser klagte erfolgreich Gebühren ein, die durch seine Tätigkeit nach dem Tod entstanden waren, obwohl zwischen Erbfall und gebührenpflichtiger Tätigkeit einige Zeit verstrichen war. Eine Benachrichtigungspflicht der Erben wurde nur insoweit bejaht, dass der Bevollmächtigte den Erben die Tatsache seiner Beauftragung mitteilen muss, wenn er davon ausgehen muss, dass diese den Erben unbekannt ist.

[63] Vgl. NK-BGB/Schwab, § 666 Rn 3; Grüneberg/Grüneberg, § 666 Rn 1.
[64] Vgl. Sarres, Auskunftsansprüche, S. 67, der auch auf die gleichgelagerte Schadensersatzpflicht des Testamentsvollstreckers hinweist.
[65] Vgl. NK-BGB/Schwab, § 666 Rn 3.
[66] BGH NJW 2002, 2703, wobei es ausreichen soll, dass der Auftragnehmer die Absendung der Information beweisen kann, ein Zugangsnachweis ist nicht nötig.

2. Auskunftspflicht in Form eines Bestandsverzeichnisses

 

Rz. 70

Die Auskunftspflicht über den Stand des Geschäfts besteht nur auf Verlangen des Vollmachtgebers. Die Auskunft ist definiert als "die Mitteilung von Tatsachen nach vorheriger Aufforderung". Der Vollmachtgeber kann also in diesem Rahmen einen Tätigkeitsbericht verlangen, in dem auch Informationen enthalten sind, die nicht in einem Rechenschaftsbericht, der sich im Wesentlichen auf Ein- und Ausgaben beschränkt, enthalten sind. Beispielsweise kann der Vollmachtgeber Informationen darüber verlangen, welche Anstrengungen der Bevollmächtigte unternommen hat, eine Immobilie zu verkaufen. Die Auskunftspflicht geht insoweit über die Rechenschaftspflicht hinaus.[68]

 

Rz. 71

In formaler Hinsicht war es lange Zeit umstritten, ob der Auskunftspflichtige persönlich das Bestandsverzeichnis unterzeichnen muss. Der BGH hat nun klargestellt, dass auch der anwaltliche Vertreter diese Erklärung abgeben kann, sofern die Auskunft dem Verpflichteten zurechenbar ist.[69] Die Formulierung: "Die Partei erteilt die Auskunft wie folgt",...

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