Entscheidungsstichwort (Thema)

Tod des Vollmachtgebers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ob der Tod des Vollmachtgebers das Erlöschen einer unter Lebenden erteilten, kausalen Vollmacht zur Folge hat oder ob ein Fortbestehen über den Tod hinaus bestimmt wurde, ist durch Auslegung zu ermitteln. Im Zweifel besteht nach den §§ 168 S. 1, 672 S. 1 BGB die Vollmacht fort.

2. Rechtsfolge der Vollmacht über den Tod hinaus ist es, dass der Bevollmächtigte nach dem Tode des Vollmachtgebers dessen Erben vertritt. Wenn der Beauftragte auf Grund ihm bekannter Umstände davon ausgehen muss, dass das Auftragsverhältnis den Erben unbekannt ist, muss er sie informieren.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ob der Tod des Vollmachtgebers das Erlöschen einer unter Lebenden erteilten, kausalen Vollmacht zur Folge hat oder ob ein Fortbestehen über den Tod hinaus bestimmt wurde, ist durch Auslegung zu ermitteln im Zweifel besteht nach den §§ 168 Satz 1, 672 Satz 1 BGB die Vollmacht fort.

2. Rechtsfolge der Vollmacht über den Tod hinaus ist es, dass der Bevollmächtigte nach dem Tode des Vollmachtgebers dessen Erben vertritt. Wenn der Beauftragte auf Grund ihm bekannter Umstände davon ausgehen muss, dass das Auftragsverhältnis den Erben unbekannt ist, muss er sie informieren.

 

Normenkette

BGB § 168 S. 1, § 672 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 12.11.2002; Aktenzeichen 19 O 444/01)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 12.11.2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 19 des LG Berlin wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird abgesehen, §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO.

II. Die Berufung, die sich gegen die Abweisung der Klage hinsichtlich des Betrages von 12.256,38 Euro (= 23.971,40 DM) richtet, ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 517, 519, 520 ZPO), mithin zulässig. Sie hat in der Sache keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das LG einen Rückzahlungsanspruch der Miterben hinsichtlich des genannten Betrages gem. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB verneint. Nach dieser Vorschrift ist derjenige, der durch Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, diesem zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet. Die Beklagte hat die Gebühr für die Besprechung des Nachlassverzeichnisses nach ... mit Rechtsanwalt W. am 17.6.1997 jedenfalls nicht ohne rechtlichen Grund erlangt. Ihr stand die Besprechungsgebühr nach § 118 Abs. 1 Ziff. 2 BRAGO zu. Die Gebühr kann geltend gemacht werden (u.a.) für Besprechungen über tatsächliche oder rechtliche Fragen, die im Einverständnis mit dem Auftraggeber oder mit einem Dritten geführt werden. Ein Einverständnis setzt eine zum Zeitpunkt des Gespräches wirksame Mandatierung der Beklagten voraus, die hier gegeben ist.

Die Beklagte ist zwar durch die Erbengemeinschaft nach K. nicht mandatiert worden. Allerdings hatte K. der Beklagten am 19.1.1995 eine notarielle Vollmacht erteilt, in der es u.a. hieß:

" (...) für mich - und meine Erben ... beschränkt auf folgenden Wirkungskreis: Ausübung aller Rechte der Erschienenen in ihrer Eigenschaft als Vermächtnisnehmerin am Nachlass nach dem am 26.12.1994 in Berlin verstorbenen ... (...) Diese Vollmacht soll durch meinen Tod nicht erlöschen. (...)"

Die Vollmacht berechtigte die Beklagte zur Abgabe von Willenserklärungen (§ 164 BGB). Anhaltspunkte dafür, dass die Vollmacht nichtig sein könnte, sind seitens des Klägers weder hinreichend dargelegt noch sonst ersichtlich. Bei dieser Vollmacht handelt es sich nach Ansicht des Senats nicht um eine isolierte Vollmacht. Sie beinhaltete vielmehr auch ein Kausalgeschäft. Dies ergibt sich bereits daraus, dass offenkundig keine anderweitige schriftliche Fixierung von durch die Beklagte zu erledigenden Aufgaben erfolgte. Auch die Formulierung "Ausübung aller Rechte" spricht dafür, dass die Beklagte zur umfassenden Interessenwahrnehmung der K. mandatiert worden war. Bei dem Kausalgeschäft handelte es sich um einen Dienstvertrag mit dem Inhalt einer Geschäftsbesorgung, §§ 611, 675 BGB (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 1 Rz. 99). Dieser Vertrag galt über den Tod der Frau K. hinaus fort.

Auf einen Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden gem. § 675 Abs. 1 BGB bestimmte Vorschriften des Auftragsrechts, u.a. die Regelung des § 672 BGB, entsprechende Anwendung. Nach § 672 S. 1. BGB erlischt ein Auftrag im Zweifel nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Auftraggebers. Das durch den Auftrag begründete Rechtsverhältnis besteht nach dem Tod des Auftraggebers unverändert fort. Die Erben müssen, wenn die Amtsführung des Auftrags ihren Interessen nicht entspricht, den Auftrag widerrufen. Ein solches Widerrufsrecht ist unabdingbar (BGH NJW 1975, 382). Dies muss trotz der fehlenden Verweisung in § 675 Abs. 1 BGB auf § 671 Abs. 1 BGB gelten. Eine solche Verweisun...

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