Rz. 70

Die Auskunftspflicht über den Stand des Geschäfts besteht nur auf Verlangen des Vollmachtgebers. Die Auskunft ist definiert als "die Mitteilung von Tatsachen nach vorheriger Aufforderung". Der Vollmachtgeber kann also in diesem Rahmen einen Tätigkeitsbericht verlangen, in dem auch Informationen enthalten sind, die nicht in einem Rechenschaftsbericht, der sich im Wesentlichen auf Ein- und Ausgaben beschränkt, enthalten sind. Beispielsweise kann der Vollmachtgeber Informationen darüber verlangen, welche Anstrengungen der Bevollmächtigte unternommen hat, eine Immobilie zu verkaufen. Die Auskunftspflicht geht insoweit über die Rechenschaftspflicht hinaus.[68]

 

Rz. 71

In formaler Hinsicht war es lange Zeit umstritten, ob der Auskunftspflichtige persönlich das Bestandsverzeichnis unterzeichnen muss. Der BGH hat nun klargestellt, dass auch der anwaltliche Vertreter diese Erklärung abgeben kann, sofern die Auskunft dem Verpflichteten zurechenbar ist.[69] Die Formulierung: "Die Partei erteilt die Auskunft wie folgt", wurde als ausreichend angesehen.

 

Rz. 72

Im Bereich der Vorsorgevollmacht handelt der Bevollmächtigte regelmäßig als Vermögensverwalter des Vollmachtgebers. Das gesamte Vermögen stellt einen "Inbegriff von Gegenständen" gem. § 260 Abs. 1 BGB dar, so dass der Bevollmächtigte über diese Sachen[70] und Rechte ein Bestandsverzeichnis vorlegen muss. Weiterhin muss der Bevollmächtigte verpflichtet sein, die Gegenstände herauszugeben; sei es aufgrund des Auftrages gem. § 675 BGB oder aufgrund einer ungerechtfertigten Bereicherung.

Wie das Bestandsverzeichnis auszusehen hat, kann im Einzelfall höchst streitig sein. Die Rechtsprechung hat folgende Maßstäbe gefunden, die hier nach Interessenlage sortiert werden.

[70] Zur Sachgesamtheit vgl. Grüneberg/Grüneberg, Überbl. vor § 90 Rn 5.

a) Rechtsprechung zugunsten des Vollmachtgebers

 

Rz. 73

Das Bestandsverzeichnis ist grundsätzlich schriftlich zu erteilen, nur bei einfachen Sachverhalten reicht ausnahmsweise die mündliche Erklärung aus.[71]
Das Bestandsverzeichnis muss alle notwendigen Informationen enthalten, um Bestand, Inhalt und Umfang des Hauptanspruchs prüfen zu können.[72]
Es muss eine übersichtliche Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva enthalten.[73]
Die Richtigkeit der Angaben muss überprüfbar sein.[74]
Die Gefahr, eine strafbare Handlung offenbaren zu müssen, entbindet nicht von der Auskunftspflicht.[75]
Die Störung des Erinnerungsvermögens ist unbeachtlich, wenn der Bevollmächtigte dieses durch andere Erkenntnisquellen auffrischen kann.[76]
[71] OLG München FamRZ 1995, 737.
[72] BGHZ 126, 109, 116.
[73] BGH NJW 1962, 245, 246.
[74] OLG Schleswig NJW-RR 2000, 229.
[75] BGHZ 14 318, 321.
[76] BGH NJW 1990, 510, 511, hierzu gehört insbesondere die Beschaffung von Umsatzübersichten bei Banken nach dem Tod des Vollmachtgebers, vgl. OLG München, ZEV 2018, 149.

b) Rechtsprechung zugunsten des Bevollmächtigten

 

Rz. 74

Wenn es der Wahrheit entspricht, kann der Verpflichtete auch angeben, dass er keine Auskunft geben kann ("Ich weiß, dass ich nichts weiß.").[77]
Ein Bestandsverzeichnis kommt im Unterschied zum Rechenschaftsbericht auch ohne Vorlage von Belegen aus.[78]
Dem Bevollmächtigten darf die Auskunftserteilung nicht unzumutbar sein (siehe auch Rdn 183 ff.).[79]
Der Bevollmächtigte darf sich dann auf sein gestörtes Erinnerungsvermögen berufen, wenn er Unterlagen, die ihm auf die Sprünge helfen würden, nicht beschaffen kann.[80]
[77] BGH NJW 1959, 1219; BGH WM 1971, 443. Eine Nichtauskunft ist aber nicht mit dem Bestreiten des Auskunftsanspruchs zu verwechseln.
[78] BGH NJW 1983, 687.
[79] BGHZ 70, 86, 91: ein weites Feld!
[80] BGH NJW 2000, 2276, 2277.

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